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KonjunkturberichtNRW-Unternehmen sollen wieder wettbewerbsfähiger werden - nur wie?

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Ralf Stoffels, Präsident der IHK Nordrhein-Westfalen, und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sprechen auf einer Pressekonferenz zur Konjunktur. (Archivbild)

Ralf Stoffels, Präsident der IHK Nordrhein-Westfalen, und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur sprechen auf einer Pressekonferenz zur Konjunktur. (Archivbild)

Die NRW-Wirtschaft soll in diesem Jahr Prognosen zufolge um 0,3 Prozent wachsen. Während die Industrie nach Optimismus sucht und ihn nicht findet, hat Wirtschaftsministerin Neubaur vermeintliche Erfolge im Gepäck.

Unternehmer Ralf Stoffels hat an diesem Morgen auf dem Weg zur Konjunktur-Pressekonferenz im Landeswirtschaftsministerium lange überlegt, wie er etwas Optimismus verbreiten könnte. „Da ist mit nicht so richtig eingefallen, wie ich das machen kann“, sagt der Präsident der Industrie- und Handelskammer Nordrhein-Westfalen. Er hält das Titelblatt der aktuellen Konjunkturumfrage hoch: „Leider sagt das schon alles.“ Die Grafik, die Wirtschaftslage und Geschäftserwartung im Zeitverlauf darstellt, zeigt steil nach unten.

Zwischen Ende Dezember und Ende Januar hat die IHK NRW ihre Mitglieder nach deren wirtschaftlicher Lage befragt, 5000 Firmen haben geantwortet. „Die Menge der Antworten zeigt uns: Die Unternehmer wollen sagen, wo der Schuh drückt“, so Stoffels. Der Konjunkturbericht fällt schlecht aus: Der Indikator zur Geschäftslage liegt bei minus fünf Punkten, und damit noch einmal etwas schlechter als im Herbst. „Was mir viel mehr Sorgen bereitet, sind die Geschäftserwartungen“, sagt Stoffels. „Unternehmer sagen sich: Die Vergangenheit kann ich nicht mehr retten, die Gegenwart kann ich auch nicht wirklich beeinflussen. Die Zukunft ist für uns entscheidend. Aber wenn da die Geschäftserwartung im negativen Bereich ist, fehlt uns das Aufbruchssignal, das Optimismus erzeugt.“

Neubaur verweist auf Investitionsprojekte und europäische Stärke

Den Optimismus hat seine Sitznachbarin im Gepäck, Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). Auch sie hat etwas zum Hochhalten mitgebracht: eine Karte von NRW, auf der Investitionsprojekte vermerkt sind. Microsoft baut im Rheinischen Revier Rechenzentren, Deichmann ein Logistikzentrum in Bedburg und Thalia errichtet ein Verteilzentrum in Marl. Auch für das Problem Trump hat sie eine Lösung im Gepäck: „Europa ist der größte Binnenmarkt der Welt. In Verhandlungen mit den USA müssen wir uns daher nicht ohne Not kleinmachen.“

Selbst beim leidigen Thema Bürokratie hat Neubaur gute Nachrichten - eine „Entlastungs-Allianz“ für Nordrhein-Westfalen. „Wir leben in NRW die Entbürokratisierung. Ende 2024 haben wir ein Entlastungspaket erarbeitet, jetzt geht es mit Vertretern der Kammern und Gewerkschaften in Workshops darum, wo wir konkret besser werden können“, sagte die Ministerin. Ihr Sitznachbar Stoffels, der in Ennepetal Isolierstoffe herstellt, wird danach von seiner Realität berichten: Wie sein Sohn ihn fragt, ob sie nicht lieber ihre Mitarbeiterzahl unter 500 Köpfe reduzieren sollten, um von den umfassenden Berichtspflichten zumindest etwas weniger betroffen zu sein.

„Erfolg muss wieder möglich sein“

Stoffels berichtet auch von den Energiekosten: 2024 musste er eigenen Angaben zufolge 2,1 Millionen Euro mehr zahlen als im Jahr zuvor. „Das sind 80 Prozent meines Unternehmensergebnisses. Wenn ich dann noch die Entgeltkostensteigerung dazu rechne, bleibt nichts mehr übrig. Da frage ich mich, wie eine Transformation in Klimaneutralität finanzieren soll und wie ich Prozesse produktiver mache.“ Wirtschaftsministerin Neubaur sagt zwar, die Industrie benötige dringend wettbewerbsfähige Energiepreise, verweist aber nach Berlin: „Hier muss der Bund liefern, Netzentgelte und Stromsteuer müssen runter.“

Als dritter in der Runde sitzt Torsten Schmidt, Konjunkturexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI, mit am Tisch. Das RWI in Essen veröffentlicht im Auftrag des Wirtschaftsministeriums jährlich drei Konjunkturberichte. Und immerhin: Laut den Berechnungen des Instituts dürfte die Wirtschaftsleistung Nordrhein-Westfalens bis Jahresende um 0,3 Prozent steigen. Zum Wachstum soll vor allem der Dienstleistungssektor beitragen, der sich in Nordrhein-Westfalen besonders stark entwickelt.

Als Industrieunternehmer stimmt der Ausblick Stoffels indes nicht besonders positiv. Er hat seine Firma gerade an seinen Sohn übergeben und Argumente gesucht, ihm den Beruf des Unternehmers schmackhaft zu machen: „Wir müssen den nächsten Generationen auch sagen, warum es Spaß macht, unternehmerisch aktiv zu sein. Dazu gehört auch Erfolg: Erfolg motiviert.“ Der müsse wieder möglich sein - doch bis dahin sind wohl noch gute Nerven gefragt.