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Tarifstreit bei Ford in Köln„Wir haben acht Prozent mehr Lohn verdient“

Lesezeit 3 Minuten
Ford-Warnstreik

Erste Kundgebung bei Ford in der Nacht zu Donnerstag.

Köln – Die Stimmung war aufgeheizt, als die mehreren hundert Ford-Beschäftigte zur zentralen Kundgebung auf dem Werksgelände in Köln-Niehl zusammenkamen. Um 10 Uhr hatte die Frühschicht des Kölner Autobauers die Arbeit niedergelegt und war in den Warnstreik getreten.

Denn die Verhandlungen im Tarifstreit der Metall- und Elektroindustrie sind festgefahren. Am vergangenen Freitag endete die Friedenspflicht. Nun will die IG Metall mit einer Ausweitung der Warnstreiks den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Insgesamt mehr als 130 Betriebe in ganz NRW beteiligten sich am Donnerstag an den Arbeitsniederlegungen. Die größte Aktion des Tages fand bei Ford in Köln statt, wo es schon in der Nacht zu Donnerstag die erste Kundgebung gegeben hatte.

Lohnerhöhung sei notwendig

Lautstark machten die Fordler ihrem Unmut dann auch am Vormittag vor den Werkshallen Luft. „Alles ist soviel teurer geworden, vor allem die Einkäufe im Supermarkt. Meine Familie und ich spüren das extrem. Deshalb brauchen wir diese Lohnerhöhung dringend“, sagt ein langjähriger Fordler aus der Produktion.

Auch Betriebsratschef Benjamin Gruschka verweist in seiner kämpferischen Rede auf die enorme Teuerung. „Um die Familie satt zu bekommen, das Auto getankt und die Wohnung warm, braucht eine vierköpfige Familie 3000 Euro mehr“, so der Arbeitnehmervertreter auf der Kundgebung. „Die acht Prozent, die wir fordern, sind nicht nur dringend notwendig, wir haben sie auch verdient“, so Gruschka unter lautem Beifall der Belegschaft. In der Corona-Krise 2021 hätte sich die Arbeitnehmerseite verantwortungsvoll verhalten. Nun zeige sich aber, dass die deutsche Wirtschaft insgesamt gut durch die Krise komme. „Es kann nicht sein, dass die Unternehmen 70 Milliarden Euro Dividenden ausschütten, die Arbeitnehmer aber abgespeist werden“, sagte Gruschka.

Auch Kerstin Klein, erste Frau als 1. Bevollmächtigte an der Spitze der IG Metall Köln, unterstrich in ihrer Rede die Forderung nach einer dauerhaften Lohnerhöhung von acht Prozent und verwies ebenfalls auf die enorm gestiegenen Lebenshaltungskosten. "Die Arbeitgeber jammern in den Verhandlungen, dass sie das Geld für Investitionen brauchen. Aber wir hatten zehn Jahre vor Corona einen Boom in Deutschland. Da wurde so gut wie nichts investiert, aber ausgerechnet jetzt, wo wir es fordern, wollen sie investieren?", sagte Klein auf derBühne.

Ende der Friedenspflicht

Bereits am vergangenen Samstag hatten die Warnstreiks begonnen. Unmittelbar nach Ablauf der Friedenspflicht um Mitternacht hatten mehrere tausend Beschäftigte in ausgewählten Industriebetrieben die Arbeit für einige Stunden niedergelegt. Streikaktionen gab es seither in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Baden-Württemberg und Bayern. Auch am Freitag sind weitere Warnstreiks in NRW geplant, unter anderem in Düsseldorf bei Mercedes Benz.

Die Arbeitgeber hatten in den Verhandlungen jeweils Einmalzahlungen von 3000 Euro und zudem bei einer Laufzeit von 30 Monaten eine nicht bezifferte Erhöhung der Lohntabellen angeboten. Die Gewerkschaft verlangt hingegen für einen Zeitraum von zwölf Monaten dauerhaft acht Prozent mehr Geld für die bundesweit rund 3,9 Millionen Beschäftigten. In NRW arbeiten in der Branche rund 700.000 Menschen.

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Die Forderung der IG Metall ist die höchste in der Branche seit dem Jahr 2008. Die Inflationsrate in Deutschland lag im Oktober bei 10,4 Prozent. Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sagte: „Während die Unternehmen höhere Kosten oft in den Preisen weitergeben, sind die Beschäftigten der Hammerinflation ausgeliefert.“ Er forderte einen „Entgelt-Turbo, sonst drohen Wohlstandsverluste“.

Die vierte Verhandlungsrunde in NRW ist für den 10. November geplant. In Bayern und Baden-Württemberg wird bereits am 8. November zum vierten Mal verhandelt.