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Trotz Stellenabbau bei Ford und Co.Beschäftigung in Köln auf Rekordniveau

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Köln – 2019 war ein turbulentes Jahr auf dem Kölner Arbeitsmarkt. Mit Ford und Kaufhof kündigten gleich zwei zentrale Arbeitgeber in der Region einen Stellenabbau im vierstelligen Bereich an. Dennoch zieht die Agentur für Arbeit Köln eine positive Bilanz für das abgelaufene Jahr: „In Köln gibt es so viel sozialversicherungspflichtige Beschäftigte wie noch nie“, sagte der Vorsitzende Johannes Klapper bei der Vorstellung der Zahlen am Mittwoch. Durch enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen hätten die Folgen abgefedert werden können. Der Kölner Arbeitsmarkt sei „weiterhin sehr aufnahmefähig“. „Deshalb haben sich die Stellenkürzungen in der Gesamtschau auf den Arbeitsmarkt nicht so stark ausgewirkt.“

Einen Rekordwert erreichte Köln im Juni 2019 mit insgesamt 582 613 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Im Jahresschnitt waren aber 430 Kölner mehr arbeitslos als noch im Jahr 2018 ( Plus 0,9 Prozent). Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag bei 7,8 Prozent.

Arbeitnehmer müssen vorbereitet sein

In Zeiten von Strukturwandel und Digitalisierung kommt es laut Johannes Klapper nun vor allem darauf an, dass die Arbeitnehmer auf die neuen Anforderungen vorbereitet sind. Dazu hat die Arbeitsagentur seit vergangenem Jahr auch neue Instrumente an der Hand: Das Qualifizierungschancengesetz ermöglicht es ihr, mit Unternehmen und dort speziell mit Mitarbeitern zu arbeiten, deren Jobs bedroht sein könnten.

Die Agentur für Arbeit fördert dabei eine Weiterbildung in Vollzeit. Bei Ford nehmen aktuell zum Beispiel 160 Mitarbeiter an dem Programm teil, weitere 160 sollen folgen. Zwei Beispiele aus der Praxis: Atilla Ber, der gelernter Metallbauer und seit acht Jahren bei Ford, wird in zweieinhalb Jahren zum Elektroniker für Automatisierungstechnik ausgebildet. Haydarpasa Eden, der vor 27 Jahren ungelernt über ein Programm bei Ford anfing, zum Industriemechaniker. Klapper betont, Qualifizierung sei das beste Instrument gegen Arbeitslosigkeit. In Köln sind zwei Drittel der Arbeitslosen ungelernt.

Jobs bei KVB und Street Scooter

Ford will im Zuge einer Restrukturierung insgesamt 5400 Stellen abbauen. Im vergangenen Jahr seien dabei bereits für 4000 Mitarbeiter Vereinbarungen getroffen worden, sagte Rainer Ludwig, Geschäftsführer für Personal und Sozialwesen am Mittwoch in Niehl. Die meisten von ihnen haben Abfindungs- oder Altersteilzeitangebote angenommen. In der Arbeitslosenstatistik spielen die ehemaligen Fordler kaum eine Rolle: 238 von ihnen haben sich in der Folge des Stellenabbaus arbeitslos gemeldet, wie die Arbeitsagentur bestätigt. Neben vielen Vorruheständlern haben die Mitarbeiter zum Beispiel Beschäftigungen bei den Kölner Verkehrs-Betrieben oder der Firma Street Scooter in Aachen gefunden.

2020 sollen nun noch insgesamt 1400 Stellen abgebaut werden, vor allem in Köln. Auch das soll über Vorruhestandsprogramme, Mitarbeiterqualifizierungen, Jobbörsen und Perspektivberatungen geschehen, die das Unternehmen bereits in der Vergangenheit angeboten hat.

Die aktuellen Zahlen stimmten ihn „recht positiv“, sagte auch Ford-Betriebsratschef Martin Hennig. Es seien nur wenig Mitarbeiter arbeitslos geworden. „Für das kommende Jahr ist jetzt wichtig, dass wir eine Perspektive dafür bekommen, wo Ford hinsteuert.“

Rechtzeitig Arbeitsagentur informieren

Johannes Klapper betonte, es sei für die Agentur wichtig, größere Personalveränderungen früh zu begleiten. Durch rechtzeitige Beratungen könnten nahtlose Übergänge in neue Beschäftigungsverhältnisse ermöglicht und Arbeitslosigkeit verhindert werden.

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Das Budget, das der Agentur für Arbeit für Arbeitsmarktmaßnahmen in Köln zur Verfügung steht, liegt bei rund 130 Millionen im Jahr 2020 und damit etwas höher als im Vorjahr. Neben dem Qualifizierungsgesetz trat 2019 auch das Teilhabechancengesetz in Kraft, mit dem Langzeitarbeitslose gefördert werden. Insgesamt sicherten beide Instrumente rund 1000 Kölnerinnen und Kölnern einen Arbeitsplatz.

Für 2020 rechnet die Agentur für Arbeit mit einem weiteren Beschäftigungszuwachs von 1,2 Prozent – und einem leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit von 0,4 Prozent. Der scheinbare Widerspruch lässt sich dadurch erklären, dass der Beschäftigungszuwachs vor allem von Menschen getragen wird, die neu nach Köln ziehen. Schwieriger sei es laut Klapper, die „eigenen“ Arbeitslosen zu vermitteln – auch wegen ihrer geringen Qualifizierung. Im Langzeitvergleich zeigt sich aber eine positive Entwicklung: 2009 waren in Köln mit im Schnitt rund 54 000 noch 14,1 Prozent mehr Menschen arbeitslos als 2019.