Der Kölner Generalvikar Guido Assmann nimmt Stellung zu den Veränderungen in Woelkis wichtigstem Beratungsgremium und beim Multimediasender „domradio“.
Diözesanpastoralrat im Erzbistum KölnWoelki sucht sich Beratung nach dem Losprinzip – Assmann verteidigt Woelki
Herr Generalvikar, der Diözesanpastoralrat (DPR) als wichtigstes Beratungsorgan von Kardinal Rainer Woelki soll einerseits von 70 auf 50 Mitglieder schrumpfen. Unter anderem fallen acht Sitze für den Diözesanrat weg, die gewählte Vertretung der katholischen Laien und der Verbände. Andererseits kommen 18 Mitglieder neu hinzu, die per Los bestimmt werden. Traut der Erzbischof dem Zufallsprinzip mehr als geordneten Wahlverfahren?
Als der Erzbischof 2014 nach Köln kam, war es eine seiner ersten Entscheidungen, den Diözesanpastoralrat so aufzustellen, dass sich in ihm die Breite des Volkes Gottes möglichst gut abbildet. Die Vielfalt der Stimmen war und ist ihm wichtig. Nach neun Jahren mit guten Erfahrungen soll diese Grundidee jetzt noch weiterentwickelt werden.
Indem kritische Stimmen wie eben der Diözesanrat oder die Kreis- und Stadtdechanten nur noch je zwei Mandate haben? Faktisch werden damit doch genau jene Gruppen marginalisiert, die in den vergangenen Jahren in erklärter Opposition zum Agieren des Erzbischofs standen.
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Da widerspreche ich entschieden. Zunächst einmal: Alle bisher vertretenen Gremien behalten Sitz und Stimme. Herausgefallen sind im Wesentlichen die Hauptamtlichen aus dem Generalvikariat. Das trägt dem Bedenken Rechnung, ob es gut sei, dass viele Menschen im DPR sitzen, die durch Arbeitsvertrag oder die Art ihrer Tätigkeit abhängig vom Erzbischof sind. Insgesamt geben wir den ehrenamtlichen Laien im DPR zukünftig ein wesentlich stärkeres Gewicht.
Noch einmal: Der Diözesanrat darf künftig nur noch zwei Personen in den DPR entsenden statt wie bisher zehn. Das ist doch eine deutliche Verengung des Spektrums.
Die Verkleinerung trifft beispielsweise auch die bisher viel größere Zahl von Priestern. Wichtig ist auch: Alle Gremien und Gruppen behalten ihre eigenen Konferenzformate, wo es zu einem Austausch mit dem Erzbischof kommt. Das entscheidend Neue für den DPR ist, dass jetzt auch Menschen dort mitarbeiten und den Erzbischof beraten können, die bisher keine Chance dazu hatten. Ich nenne nur einmal Vertreterinnen und Vertreter aus den Gemeinden nicht-deutscher Muttersprache, die immerhin 20 Prozent der Katholiken im Erzbistum ausmachen. Das erhöht die Vielfalt der Beratung, auf die es dem Erzbischof ankommt.
Aber nach dem Prinzip „Teile und herrsche“, wenn die bisher im DPR versammelten Gruppen künftig wieder dezentral jede für sich wirken?
Wie bisher befassen sich die Gremien mit den Aufgaben und Themen, die ihnen zukommen. Anders ist nur, dass einzelne Vertreter nicht mehr in gleich mehreren Runden sitzen und zu denselben Themen immer wieder das Gleiche sagen. Außerdem vermute ich, dass unter den 18 hinzugelosten Laien auch solche sind, die einem Pfarrgemeinderat oder einem Verband angehören.
Wie funktioniert dieses Losverfahren?
Alle Getauften und Gefirmten ab 16 mit Wohnsitz im Erzbistum Köln können sich bewerben und werden einem von vier Lostöpfen zugeordnet: Unter 30-Jährige, über 70-Jährige, städtische Gemeinden, ländliche Gemeinden. Aus jedem Lostopf werden dann geschlechterparitätisch vier Delegierte gezogen. Bei den jungen Menschen, die für die Zukunft der Kirche besonders wichtig sind, sind es sogar sechs. Außerdem kann der Erzbischof abschließend für eine noch größere Vielfalt und Repräsentanz des kirchlichen Lebens im DPR zusätzlich bis zu sechs weitere Mitglieder persönlich berufen.
Wie stellen Sie sicher, dass – sagen wir – unliebsame Personen nicht aussortiert werden, wenn das Los auf sie fällt?
Das Bewerbungsverfahren ist automatisiert. Die Losziehung erfolgt unter notarieller Aufsicht und wird dokumentiert.
Wie bei der Ziehung der Lottozahlen.
Wenn Sie so wollen. Nur geht es hier nicht um Nummern, sondern um Menschen. Übrigens ist das Losverfahren schon in der Bibel bezeugt.
Ich ahnte schon, dass Sie mit Matthias aus der Apostelgeschichte kommen, der im Kreis der zwölf Apostel die Stelle des Verräters Judas einnimmt.
Ohne das überhöhen zu wollen, sehe ich darin schon den Ausdruck einer Haltung des Vertrauens, dass Gott uns die Menschen schickt, die zu einer guten Zukunft unserer Kirche beitragen können.
Das Erzbistum hat zudem auf die säkularen „Bürgerräte“ hingewiesen. Dieser Vergleich hinkt aber. Für Bürgerräte gilt uneingeschränkt das Zufallsprinzip ohne vorherige Bewerbung. Vor allem aber sind Bürgerräte lediglich eine Ergänzung zu den gewählten Parlamenten mit ihrer gesetzgeberischen Kompetenz. Dazu gibt es in der katholischen Kirche kein Pendant.
Weil Geschichte und Verfassung der Kirche anders sind. Trotzdem leben wir als Kirche in dieser Welt. Wir schauen, wie die Gesellschaft sich organisiert und hören hin, wenn innovative Ideen entstehen. Bürgerräte sind eine Analogie – kein Äquivalent. Vergleichbar ist, dass auch wir nicht wissen, was die ausgelosten 18 Personen dann an Erfahrungen und Perspektiven einbringen. Wir freuen uns jedenfalls darauf!
Ich könnte ja mal die Probe aufs Exempel machen und mich bewerben.
Tun Sie das gern!
Der Verdacht, Kardinal Woelki wolle Kritiker mundtot machen, richtet sich ja nicht nur auf die Neuordnung des DPR, sondern auch auf den geplanten Umbau des „domradio“. Vorige Woche hat Petra Dierkes als Leiterin des Bildungswerks im Erzbistum, das derzeit noch Träger des „domradio“ ist, ihren Rücktritt erklärt. Das kommt bestimmt nicht von ungefähr. Sind womöglich noch weitere Personalveränderungen beim „domradio“ zu erwarten?
Das „domradio“ mit seiner großen Anerkennung in der katholischen Medienlandschaft und darüberhinaus soll weiterhin mindestens ein so gutes Programm machen wie bisher, aber auch die Möglichkeit bekommen, sich als großer Player weiterzuentwickeln. Ziel ist es, dass das „domradio“ als bundesweite katholische Multimediaplattform eigenständig wird. Das wird der Bedeutung des Mediums und der Marke gerecht. Sie behaupten, Kritiker sollten ausgeschaltet werden. Ich habe dafür keinen stichhaltigen Beleg gehört. Und wie ich für den DPR darzulegen versucht habe, stimmt es auch nicht.
Ich gebe nur wieder, was der Diözesanrat sehr klar formuliert hat.
Zeigen Sie mir ein Bistum in Deutschland, in dem auch Menschen etwas zu sagen bekommen, die nicht durch Wahlen oder aufgrund ihres Berufs in einem so wichtigen bischöflichen Beratungsgremium sitzen! Ich bin froh, dass wir in Köln ein starkes Zeichen für Vielfalt setzen und dass der Erzbischof diesen mutigen Schritt macht. Wer weiß, vielleicht bekommen wir demnächst ja einen sehr fordernden Diözesanpastoralrat.
Zur Person
Guido Assmann, geboren 1964, ist seit Juli 2022 Generalvikar des Erzbistums Köln und als Alter Ego des Erzbischofs wichtigster Mitarbeiter von Kardinal Rainer Woelki. In dessen knapp zehnjähriger Amtszeit ist Assmann der vierte Amtsinhaber nach Stefan Heße, Dominik Meiering und Markus Hofmann. Im Zuge einer Verwaltungsreform 2023 gingen Teile von Assmanns Verantwortungsbereich auf die neu geschaffene Stelle eines Amtsleiters über.
Bereits 2020 wurde Assmann vom Kölner Domkapitel zum Dompropst gewählt. Er steht damit an der Spitze des Gremiums, das den Erzbischof wählt. Zuvor war Assmann viele Jahre als Pfarrer und Kreisdechant in Neuss tätig. (jf)