Was passiert nachts am Flughafen? In Folge 4 begleiten unsere Reporter eine Crew, die ein Passagierflugzeug startklar macht.
Eine Nacht am FlughafenWas passiert in Cockpit und Kabine? Die Stunde vor dem Flug
Ja, der Wecker ging heute Morgen um kurz nach 3, aber Verena Martius-Schmidt ist wohlgemut an diesem Morgen. Für eine Flugbegleiterin gibt es Unangenehmeres als eine Maschine nach Klagenfurt mitten im Winter. „Wir sehen die Berge im Sonnenaufgang. Darauf freue ich mich schon“, sagt sie.
Hauptsächlich Touristen und Wintersportler haben sich auf den Eurowings-Flug EW 284 in die Hauptstadt Kärntens am Ostufer des Wörthersees gebucht. „Die meisten haben schon beim Start gute Laune. Da mache ich mir wenig Sorgen, dass etwas schiefgehen wird“, sagt Martius-Schmidt morgens um 5 Uhr vor ihrem etwa 10.000. Flug. 67 Passagiere sind es heute, darunter ein Kleinkind unter zwei Jahren. Start ist um 6.20 Uhr. Alles dazwischen folgt einem festgelegten Zeitplan.
Gut anderthalb Stunden vor dem Start treffen die Crew-Mitglieder am Flughafen ein. Der Flugkapitän und sein Co-Pilot bereiten den „Security-Check“ vor, vor allem die Wetterprognose wird hier genau analysiert, der Wind, die Bewölkung, mögliche Turbulenzen. „Der Flughafen in Klagenfurt ist sehr hoch gelegen und es ist sehr kalt dort, aktuell minus elf Grad“, sagt Copilot Stefan Lehmann-Farca. „Eine Alpenüberquerung ist immer etwas schönes.“ Aus den Wetterdaten und dem voraussichtlichen Gewicht der Maschine entscheidet der Pilot, wie viel Sprit mitgenommen werden soll.
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„Grundsätzlich kaufen wir uns mit mehr Sprit auch mehr Zeit ein, für den Fall, dass wir nicht direkt landen können“, erklärt Ground Pilot Richard Needham. „Natürlich halten wir uns aus Sicherheitsgründen an die Mindestvorgaben, aber wir versuchen auch, nicht mehr Sprit mitzunehmen als nötig. Denn mehr Gewicht verbraucht wiederum mehr Kerosin. Das ist immer eine Abwägung.“ Der Airbus A-319 soll heute mit neun Tonnen Kerosin betankt werden. Das reicht auch für den Rückweg. Der Sprit ist in Klagenfurt heute nämlich deutlich teurer als in Köln.
Eine gute Stunde vor dem Start bespricht auch die Kabinencrew die wichtigsten Fakten vor dem Start. Die Flugbegleiterinnen – im Airbus A-319 sind es drei, im A-320 vier – werden in den Dienstplänen zufällig zusammengesetzt und kennen sich in diesem Fall nicht persönlich. „Mit der Dienstbesprechung schwören wir uns als Team nochmal ein“, sagt Martius-Schmidt, die heute als ranghöchste Flugbegleiterin den Hut aufhat.
Die komplette Crew hat heute die gleiche Route. Einmal Klagenfurt und zurück mit einer Dreiviertelstunde Puffer am dortigen Flughafen. Enge Taktung, aber wenn alles pünktlich ist, machbar. Landung in Köln um 9.55 Uhr, danach Nachbesprechung und Feierabend gegen halb elf. In der Hochsaison können es aber auch mal vier Flüge am Tag sein.
Gegen 5.20 Uhr, eine Stunde vor Abflug und ein paar Minuten später als geplant, wird der Eurowings-Airbus D-AGWZ an Gate C30 gebracht. Nach seiner Ankunft gestern Abend aus Malaga wurde er zum Routinecheck in den Flugzeughangar gebracht, dessen Ausfahrt heute Morgen aber kurzzeitig von einer Frachtmaschine versperrt wird.
Im Flugzeug sitzen jetzt alle Handgriffe perfekt. Was hektisch und nach viel Stress aussieht, ist für Martius-Schmidt nach mehreren Jahrzehnten in der Kabine längst Routine. Sie prüft die Mikrofone, die Klappsitze für die Kabinen-Crew vorne, den Wasserstand für Toilette und Kaffeemaschine, zählt Schwimmwesten und „Frischware“, wie sie sagt. Sandwiches und eine Portion frische Pommes. Eine künstliche Intelligenz berechnet aus Auslastung, Streckenlänge und Flugplan, wie viel womöglich verkauft wird. Damit nicht allzu viel weggeschmissen werden muss. Nach den Flügen nach und von Klagenfurt geht es für die Maschine noch mit anderer Crew nach Berlin und retour. Auf Platz 2E ist ein freier Sitzplatz gebucht. Ein Passagier möchte keinen Sitznachbarn haben. Die Kopflehne wird als Erkennungszeichen mit einem „headrest cover“ belegt, einem weißen Kopfstützen-Überzug. Dieser Platz bleibt frei.
Bis zu 7000 Passagiere am Tag bei Eurowings in Köln
Eine Eurowings-Maschine nach der anderen startet an diesem Morgen von Köln/Bonn. Klagenfurt, München, Zürich, Wien, Teneriffa. Im derzeitigen Winterflugplan sind es knapp 25 täglich, am Wochenende etwas weniger. „Die erste Welle am Morgen ist die wichtigste und genießt höchste Priorität“, sagt Base-Managerin Simone Simon. Hier muss alles pünktlich sein, weil sich im engen Zeitplan mögliche Verspätungen über den Tag nicht abbauen lassen.
Bis zu 7000 ankommende und abfliegende Fluggäste zählt die Eurowings am Tag in Köln. Zehn Flugzeuge sind in Köln stationiert, kommen also abends immer hierher zurück, ebenso 120 Pilotinnen und Piloten sowie 240 Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter.
Kapitän Jan Will macht unterdessen seine Tour um die Maschine, checkt grob den Reifendruck mit den Füßen und prüft die Außenhaut auf mögliche Schäden. Mit einer Taschenlampe leuchtet er zunächst in das Triebwerk. „Wenn sich hier Frost angesetzt hätte, könnte das zum Problem werden“, sagt Will, „aber das Flugzeug stand ja glücklicherweise heute Nacht im Hangar“. Auch die Rückseite des Triebwerks beleuchtet er – in einen Hohlraum klettern dort zwar selten, aber hin und wieder auch blinde Passagiere. Gleichzeitig wird das Flugzeug über die Tragflächen betankt.
Die anderen beiden Flugbegleiterinnen gehen hinten durch die Sitzreihen, überprüfen, ob vor jedem Sitz das Sicherheitspapier klemmt. Dass die Passagiere oft abwesend sind, oder während der Sicherheitseinweisung nicht zuhören, nervt die Crew häufig. „Vor allem, wenn sie dabei noch laut reden und sich denken ‚wir Vielflieger wissen doch eh Bescheid, wie es läuft‘“, sagt Martius-Schmidt. Dennoch: Flugbegleiterin zu sein, sei für sie ein Traumjob. „Die Gastgeberrolle gefällt mir einfach. Wir versuchen, es den Leuten während des Flugs möglichst schönzumachen.“
Copilot Stefan Lehmann-Farca programmiert jetzt den Flugcomputer mit der Strecke nach Klagenfurt. Im „Overhead Panel“ sind dutzende Knöpfe angebracht, die unter anderem Klimaanlage, Elektronik, Hydrauliksysteme und Kraftstoffversorgung überwachen. Lehmann-Farca prüft alles auf seine Funktionsfähigkeit. Seit neun Jahren fliegt er im Cockpit, Kapitän Jan Will seit 23 Jahren.
Flugbegleiterin Christina Klanke zählt nochmal die Frühstücke durch, die hinten in den Catering-Boxen stehen. „Ich bin sozusagen die Küchenfee“, sagt Klanke. Auch hier sitzt jeder Handgriff. Genug Frühstücke sind eingepackt. Um 5.38 Uhr sagt Martius-Schmidt dem Cockpit durch: „Cabin preflight check is completed“. Die Gangway wird herangefahren, das Boarding kann beginnen.
Gegen 5.50 Uhr kommen die ersten Passagiere in die Maschine und finden zu ihren Plätzen. Heute Morgen ist der Flieger nur halbvoll. Gleichzeitig wird die Klappe zum Gepäckraum geöffnet. Nur 23 Koffer müssen verladen werden, außerdem ein Kindersitz und ein paar Ski als Sondergepäck. Das geht schnell. Um 6.07 Uhr fährt das „Pushback“-Fahrzeug vor, das den Flieger rückwärts in Richtung Landebahn fortbewegen kann.
Alle Reisenden sitzen nun, die Crew beginnt mit der Sicherheitseinweisung, die Bremskeile werden von den Reifen gelöst. Die Gangway wird wieder eingefahren. Die beiden Piloten winken noch ihren Lufthansa-Kollegen am Nachbar-Gate zu, danach geht es auf die Startbahn. Um 6.24 Uhr hebt die Maschine ab in Richtung Wörthersee.
Wie funktioniert der Flughafen Köln-Bonn? Ein Reporterteam des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat eine Nacht in Tower, Terminals und auf dem Rollfeld verbracht. Alle Texte, Bilder und Videos finden Sie in den einzelnen Kapiteln aus der Nacht.
Lesen hier Teil 1 unserer Flughafenreportage zur Gepäckabwicklung. In Teil 2 erzählt unser Reporterteam von spannenden Begegnungen am Terminal. Für Teil 3 begleitete das Team des Zolls am Flughafen und in Teil 4 Piloten und Flugbegleiterinnen von Eurowings vor einem Flug. In Teil 5 berichten unsere Reporter von dem Wettlauf gegen die Zeit im Frachtbereich. In Teil 6 besuchen unsere Reporter den Tower.