Köln – Ein 50-jähriger Mann, der im Juli 2016 Skizzen aus dem Altpapier des Künstlers Gerhard Richter entwendet hat, muss 1200 Euro Geldstrafe zahlen. Das hat das Kölner Landgericht am Dienstag entschieden. Im April hatte das Amtsgericht den arbeitslosen Münchner, der früher als Lagerarbeiter tätig war, wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe in Höhe von 3150 Euro verurteilt. Dagegen war er in Berufung gegangen.
Anders als im ersten Prozess legte der Mann ein Geständnis ab. Es war allerdings kein Schuldeingeständnis, sondern eine Bestätigung des Tathergangs. Nach seiner Schilderung sah er an einem Tag, als er die Frau des Künstlers sprechen wollte, dass auf dem Grundstück eine Mülltonne umgefallen war. Im verstreut daliegenden Abfall entdeckte er vier Arbeiten – mit Ölfarbe übermalte Fotografien –, die Richter weggeschmissen hatte. Er nahm sie an sich.
Versuch Gerhard Richter-Skizzen zu verkaufen
Einige Zeit behielt er sie, bis ein finanzieller Engpass eintrat. Deshalb versuchte er 2017, die Bilder zu verkaufen. Dafür nahm er Kontakt zu einem Münchner Auktionshaus auf; parallel bemühte er sich darum, über das Gerhard Richter Archiv der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Signaturen für die Skizzen oder ein Echtheitszertifikat zu bekommen. Zwei Arbeiten legte er dort vor.
Der Archivleiter sagte am Montag, es sei ihm von Anfang an „merkwürdig“ vorgekommen, wie der Mann auf die Frage nach der Herkunft der Skizzen reagiert habe: Er habe behauptet, dass er sie von einem mit Richter befreundeten Künstler bekommen habe, dessen Namen er nicht nennen könne. Später erfuhr der Zeuge die Geschichte mit der Mülltonne. Er betonte, Richter habe die Skizzen „als nicht gültige Werke verworfen. Sie sollten vernichtet werden“; „im Sinne des Urheberrechts“ hätten sie nicht verkauft werden dürfen. Schließlich schaltete das Archiv die Polizei ein.
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„Ich möchte klarstellen, dass ich mir keiner Schuld bewusst bin“, sagte der 50-Jährige. Er habe versucht, mit Richter zu einer „Einigung“ zu kommen – vergeblich. „Vielleicht hat er kein Bedürfnis, mit normalsterblichen Menschen in Kontakt zu kommen.“
Der Vorsitzende Richter machte klar, von einer „Einigung“ könne keine Rede sein, denn „Ihnen stehen gar keine Rechte an den Bildern zu“. Diebstahl bedeute, dass „fremder Gewahrsam gebrochen“ werde, und das sei hier der Fall. Auch wenn die Arbeiten, wie vom Angeklagten behauptet, aus der Tonne gefallen seien, hätten sie weiterhin Richter gehört; sie seien „dafür bestimmt gewesen, entsorgt zu werden“. Allerdings handele es sich um einen „niederschwelligen Fall des Diebstahls“. Unter anderem sei dem Angeklagten zugute zu halten, dass er inzwischen weniger Geld habe, geständig sei und nach seinen Angaben vorgehabt habe, einen Teil des Verkaufserlöses einer gemeinnützigen Organisation zu spenden.