Die Bezirkspolitik möchte Kinder und Jugendliche in den demokratischen Prozess einbinden. Bisher mangele es an einer zielgruppengerechten Ansprache.
Demokratie für KidsGrüne wollen Jugendliche in Kalker Politik einbinden
Heinz Peter Fischer nahm die Tagesordnung der laufenden Sitzung in die Hand und las genüsslich vor: „Punkt 8.2.3.: 290. Satzung über die Festlegungen gemäß § 8 der Satzung der Stadt Köln vom 28. Februar 2005 über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 Absatz 1 Satz 2 KAG NRW für straßenbauliche Maßnahmen.“ Für jüngere Zeitgenossen sei das unverdaulich, so der Fraktionsvorsitzende der Linken: „Jugendlichen muss man die Themen verständlich machen, sonst zeigen die höchstens den Finger.“
Die Grünen-Fraktion zog denn auch „wegen Beratungsbedarfs“ einen Antrag zurück, in dem sie forderte, ab Anfang 2024 jeweils zwei Mitglieder der Bezirksschülervertretung zu den Sitzungen der Kalker Bezirksvertretung einzuladen. Das Thema der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen Entscheidungsprozessen aber blieb auf der Tagesordnung. Denn der Stadtrat hat die Erstellung eines entsprechenden Konzepts in Auftrag gegeben.
Beteiligungsformate wurden bei einem Fachtag im Kalk-Karree diskutiert
Deshalb hatte im Frühjahr im Atrium des Kalk Karrees am Ottmar-Pohl-Platz unter der Überschrift „Misch mit!“ ein Fachtag stattgefunden. Unter Federführung des Amts für Kinder, Jugend und Familie diskutierten Vertreter von 17 städtischen Dienststellen sowie Trägern der Kinder- und Jugendarbeit mit rund 300 Schülern aus Klasse 7 und älter über mögliche Beteiligungsformate.
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In einem Workshop war dabei ein Rap entstanden, den Jessica Mörtl vom Jugendamt den Bezirksvertretern vorspielte: „Keine Arbeit, kein Bock mehr auf heißes Klima, die Jugend will mitmischen, mit am Tisch sitzen. Was wir brauchen, sind Vertrauenspersonen.“ Der Bedarf sei da, resümierte Mörtls Kollegin Anica Latzer-Schulte, die Ergebnisse des Fachtages: „Aber häufig wissen die Jugendlichen nicht Bescheid über die schon bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten, das ist ähnlich wie bei den Erwachsenen.“
Jugend-BV tagt in Porz, in Mülheim gibt es „Veedels-Checks“
Denn solche Möglichkeiten gebe es schon, auch über die üblichen Befragungen zur Ausstattung von Spielplätzen hinaus. Etwa ein kooperatives Kinder- und Jugendbüro am Alter Markt, das Jugendliche bei der Umsetzung ihrer Projekte unterstützt und ihnen Räume zur Verfügung stellt. In Porz tagt eine Jugend-BV, in Mülheim können junge Leute im Verlauf von Spaziergängen, den „Veedels-Checks“, Verbesserungsvorschläge machen.
Auch in Kalk besteht Mitsprache-Bedarf, das zeigen die Proteste von Grundschülern – mit Unterstützung von Eltern und Lehrern – gegen die Gefährdung durch Elterntaxis. Oder die Beschwerden von Jugendlichen, die kaum geeignete und kostenlose Aufenthalts- und Freizeitangebote im öffentlichen Raum vorfinden. Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven- Thürmer erinnerte daran, dass die BV noch vor wenigen Jahren über eine geeignete Form der Beteiligung jüngerer Bürger debattiert hatte. „Wegen Corona wurde das nicht weiterverfolgt.“
Jugendliche setzten sich für Skaterpark in Köln-Höhenberg ein
Christian Robyns, Fraktionsvorsitzender der SPD, erinnerte in diesem Zusammenhang an die letztlich erfolgreiche Unterschriftenaktion von Jugendlichen für einen Skaterpark in Höhenberg. „Wir müssen sie bei solchen Aktionen unterstützen“, so Robyns. Auch wenn die richtige Ansprache häufig schwierig sei. Deshalb riet Jessica Mörtl dazu, das Beteiligungs-Thema über Lehrer oder Mitarbeiter von Jugendeinrichtungen an die Kinder und Jugendlichen heranzutragen
„Und auf keinen Fall kann man die unterschiedlichen Altersgruppen über ein- und dasselbe Format erreichen, es gibt nicht den einen Weg.“ Wenn man Kinder oder Jugendliche zu BV-Sitzungen einlädt, dann sollten die sie betreffenden Tagesordnungspunkte in verständlicher Sprache formuliert sein und möglichst vorgezogen werden, damit die jungen Besucher nicht allzu lange warten müssten.
In der BV muss man jetzt noch mal neu nachdenken. Auch die Stadtverwaltung wird aktiv und unter wissenschaftlicher Begleitung durch die Katholische Hochschule an der „Entwicklung einer langfristigen, gesamtstädtischen Partizipationsstrategie“ arbeiten. Bis Ende 2024 soll das fertige Konzept vorliegen. Es müssen „dicke Bretter gebohrt werden“, da ist sich Heinz Peter Fischer ganz sicher.