Der Polizist, der 2022 Anzeige erstattet hatte, sagte im Zeugenstand, durch Internetrecherche habe er den Angeklagten ermittelt.
64-Jähriger soll Nazi-Karikatur hochgeladen habenAngeklagter schweigt in Prozess um Volksverhetzung
Es ist ein Fall von mutmaßlicher Volksverhetzung, der vom Strafrahmen her eigentlich vor das Amtsgericht gehört. Doch weil die Staatsanwaltschaft ihm exemplarische Bedeutung für die Klärung der Frage zumisst, welche Proteste gegen die Corona-Maßnahmen die Grenze des rechtlich Zulässigen überschritten haben, musste Michael T. (Name geändert) am Dienstag vor dem Kölner Landgericht erscheinen.
Die Anklage: Am Morgen des 30. April 2020 soll der heute 64-jährige Mann auf einem öffentlich zugänglichen Facebook-Account eine karikaturartige Zeichnung veröffentlicht haben, die den Eingang eines Lagers zeigt, über dem „in offensichtlicher Anlehnung an die Eingangstore nationalsozialistischer Konzentrationslager und die dort verwandten Worte „Arbeit macht frei“ in geschwungener Schrift die Worte stehen: „Impfen macht frei“.
In der weiteren Beschreibung heißt es, der Eingang sei von zwei „soldatisch anmutenden“ Wächtern flankiert, die statt Schusswaffen „mit grüner Flüssigkeit gefüllte Spritzen präsentieren“. Im Hintergrund sei „das blumengeschmückte Bildnis eines karikaturhaft überzeichnete Chinesen“ und ein weiteres des „bekannten Gesundheitsmäzens“ Bill Gates zu erkennen. Untertitelt ist das den Akten als Screenshot beiliegende Bild mit den Worten: „Die Pointe des Coronawitzes“.
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Angeklagter schweigt zu den Vorwürfen
Die Staatsanwaltschaft wirft Michael T. vor, durch den Vergleich der damaligen Empfehlung staatlicher Stellen, sich freiwillig impfen zu lassen, mit der Verfolgung und industriellen Vernichtung der Nazi-Opfer habe er „Art, Ausmaß, Folgen und Wertwidrigkeit der in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern begangenen Gräueltaten bagatellisiert“ und die entsprechende Wirkung auf den „durchschnittlichen Betrachter“ billigend in Kauf genommen.
Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn sagte, die Anklage habe zum Ziel, Klarheit in die Rechtsprechung bei Fällen solcher Art zu bringen. In den vergangenen zwei Jahren hätten verschiedene Kammern des Kölner Landgerichts unterschiedlich geurteilt; er sprach von „gegenläufigen Meinungen“.
Auch Oberlandesgerichte hätten gleichartig gelagerte Fälle voneinander abweichend beurteilt. Die entscheidende Frage sei, ob derartige Handlungen geeignet seien, den öffentlichen Frieden zu stören. Der vorliegende Fall könne als beispielhaft gelten. Er stamme aus einer Phase der Pandemie, als die Öffentlichkeit „hoch erregbar“ gewesen sei, sagte Willuhn. Am 27. Januar 2020 hatte das Corona-Virus Deutschland offiziell erreicht.
Der erste Lockdown begann am 22. März und dauerte bis in den Mai hinein; am 29. April wurde in NRW die Maskenpflicht eingeführt. Michael T. schwieg zum Vorwurf. Sein Verteidiger Ingo Lindemann kritisierte: „Ich trage ungern Grundsatzfragen auf dem Rücken meines Mandanten aus.“
Eine Organisation gegen „Hass und Hetze“ hatte die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) des Bundeskriminalamts auf das umstrittene Bild aufmerksam gemacht. Der Polizist, der 2022 Anzeige erstattet hatte, sagte im Zeugenstand, durch Internetrecherche habe er den Angeklagten ermittelt.
Das fragliche Facebook-Profil sei tatsächlich öffentlich gewesen, allerdings habe er das Bild zum Zeitpunkt der Ermittlungen dort nicht mehr gefunden. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt; als weiteren Verhandlungstag hat die 13. Große Strafkammer den 20. Juni bestimmt.