Eltern kritisieren die zweitägigen Schließungen von Kitas und anderen sozialen Einrichtungen. Andere solidarisieren sich mit den Trägern.
„Protest trifft die Falschen“Eltern kritisieren Kita-Schließungen – Träger sehen Stadt Köln in der Pflicht
Die angekündigte zweitägige Schließung von Kitas, Offenen Ganztagsschulen (OGS) und anderen sozialen Einrichtungen sorgt für Unmut bei Eltern: Die Protestaktion setze „als Druckmittel bei der falschen Personengruppe an“, teilt der Jugendamtselternbeirat (JAEB) Köln mit. „Wieder sind Kinder und Eltern die Leidtragenden, die bereits seit Monaten mit massiven Einschränkungen kämpfen müssen.“ Der JAEB ist die gewählte Elternvertretung aller Kölner Kitas.
Die freien Wohlfahrtsverbände wollen mit den Schließungen ein Zeichen setzen: Die Stadt Köln weigere sich bislang, Kostensteigerungen durch Tariferhöhungen und Inflation von rund zehn Prozent zu übernehmen. Betroffen sind Einrichtungen von Caritas, Diakonie, Paritätischem Wohlfahrtsverband, Arbeiterwohlfahrt, Rotem Kreuz und Synagogengemeinde.
„Wir können das Anliegen der Träger nach finanziellem Ausgleich in der aktuellen Lage nachvollziehen“, sagt Melanie Simon vom JAEB-Vorstand. Allerdings bleibe unklar, „warum ein Aussetzen von Bildung und Betreuung zu Lasten von Kindern und Eltern ein geeignetes Mittel sein soll, um ein Zeichen für die Stadt Köln zu setzen“. Die Auswirkungen träfen nicht die Stadt, sondern die Familien. Daher müssten Verantwortlichen konstruktive Lösungen finden, „die nicht auf dem Rücken von Eltern und Kindern ausgetragen werden“.
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Köln: Auch Offene Ganztagsschulen schließen, um ein Zeichen zu setzen
Um die Eltern nicht zu sehr zu strapazieren, wird der Sozialverband In Via, der größte OGS-Träger in Köln, seine Ganztagsschulen nur am Mittwoch schließen. „Denn wir wissen, wie schwer es ist, wenn die eigenen Kinder nicht betreut sind“, sagt Aline Mühlbauer. Gemeinsam mit Kindern, Eltern und Mitarbeitenden werde In Via an der Demonstration am Mittwoch teilnehmen „und richtig laut werden“. Die meisten anderen Einrichtungen hingegen schließen an beiden Tagen. Denn: „Auch uns steht das Wasser bis zum Hals.“
Die Stadt Köln teilt einer Sprecherin zufolge die Einschätzung der freien Träger, „dass im System der Kita-Finanzierung als Folge der Kostensteigerungen vor allem im Personalbereich eine Unterfinanzierung droht“. Doch die Stadt sieht dabei das Land in der Pflicht, mehr Geld bereitzustellen. Sie verweist auf eine Ankündigung des Landes zur Kita-Finanzierung: Demnach soll die Stadt vom Land 6,33 Millionen Euro für die freien Kita-Träger erhalten.
Nach Auffassung der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege ist das aber nicht ausreichend. Daher stellen sie im kommenden Jugendhilfeausschuss die Anfrage, ob die Stadt ein kommunales Programm zur Refinanzierung der freien Träger plant.
Wer mit Kölner Grundschuleltern spricht, stößt einerseits auf Verständnis für die Nöte der Träger, andererseits aber auch auf Ablehnung und Wut. Einige fragen nach der Rechtsgrundlage für die Schließung: „Ich habe einen Vertrag mit dem Träger für die Betreuung meines Kindes. Der wird nicht eingehalten“, sagt eine Mutter.
„Dass die Träger angesichts des Kostendrucks zu Protesten aufrufen, können wir verstehen und nachvollziehen“, sagt Floris Rudolph, sozialpolitischer Sprecher der Kölner Grünen. Allerdings sieht man die Verantwortung für die Finanzierungslücke beim Land: „Bei den Kitas werden wir nur gemeinsam mit dem Land zu einer guten Lösung kommen können“, sagt Ulrike Kessing, jugendpolitische Sprecherin der Grünen.
Martin Erkelenz, sozialpolitischer Sprecher der Kölner CDU-Fraktion, verspricht, die CDU werde sich für eine „auskömmliche Finanzierung stark machen und einsetzen. Unter anderem sollen Umschichtungen im Haushalt geprüft werden, damit die freien Träger noch in diesem Jahr schnelle Hilfe erhalten.
Nach Auffassung der SPD hätte das schon längst passieren können: „Bereits in den Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2023/24 haben wir konkrete Vorschläge zur Umschichtung im städtischen Haushalt zugunsten des Sozialhaushalts ausgearbeitet, die damals keine Mehrheit fanden“, kritisiert Ralf Heinen, familienpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion.
„Wir werden uns im Rahmen unserer Möglichkeiten für eine Refinanzierung einsetzen“, verkündet Volt-Ratsmitglied Manuel Froh. „Aber unsere finanziellen Mittel als Kommune sind begrenzt.“ Heiner Kockerbeck, Sprecher der Kölner Linken-Fraktion, sieht eine Kostenbeteiligung der Stadt dringend geboten: „Kinderbetreuung ist Daseinsfürsorge. Die Stadt muss schnell einen Weg finden, die Kitaversorgung sicherzustellen und ihren Beitrag dazu zu leisten. Dafür muss das Volumen des Haushalts ausgereizt werden.“
Am Dienstag und Mittwoch, 27. und 28 November, bleiben viele soziale Einrichtungen in Köln geschlossen – ausgenommen Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Unter anderem haben auch die Kölner Freiwilligenagentur und die Aidshilfe haben angekündigt, ihre Angebote und Veranstaltungen an diesen Tagen zu streichen. Für Mittwoch planen die Wohlfahrtsverbände eine Kundgebung, die um 11.11 Uhr vom Deutzer Bahnhof startet und in die Altstadt führt.