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„Sämtliche Beweggründe waren niedrig“Oberstaatsanwalt fordert im Fall Dara K. lebenslange Haft für mutmaßlichen Kopf der Bande

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Ein Blumenmeer am Tatort im Mülheimer Hafen, wo in der Nacht zum Sonntag (10.03.2024) ein 15-Jähiger mit Messerstichen umgebracht wurde

Ein Blumenmeer am Tatort im Mülheimer Hafen, wo in der Nacht zum 3. März 2024 ein 15-Jähriger mit Messerstichen umgebracht wurde.

In seinem Plädoyer hat Oberstaatsanwalt Bastian Blaut von einer „kaltblütigen“ Tat gesprochen und zum Teil hohe Haftstrafen gefordert.

Von einer „kaltblütigen, planvollen“ Tat sprach Oberstaatsanwalt Bastian Blaut, als er am Mittwoch im Kölner Landgericht sein Plädoyer im Prozess um den Tod des 15-jährigen Dara K. in der Nacht zum 10. März dieses Jahres im Mülheimer Hafen hielt. Der Leichnam des Jugendlichen, der im Mülheimer Stadtgarten als sogenannter Läufer einer Drogenbande kleine Mengen Cannabis verkauft hatte, wurde tags darauf von einem Spaziergänger gefunden.

Oberstaatsanwalt fordert lebenslange Haft für mutmaßlichen Kopf der Bande

Für Ahmet Y. (27), den mutmaßlichen Kopf der Bande, der im Park für „Schutz und Sicherheit“ seiner Leute gesorgt habe, forderte Blaut lebenslange Haft für gemeinschaftlichen Mord aus niederen Beweggründen und Freiheitsberaubung mit Todesfolge. Die gleichen Verbrechen habe der mitangeklagte Joshua M. begangen. Doch weil der 19-Jährige als Heranwachsender gilt, beantragte der Oberstaatsanwalt für ihn nach Jugendstrafrecht nur neun Jahre Haft. Auch die zwei Mitbeschuldigten, die vor und nach der Tat mit dem mutmaßlichen Täterduo zusammen waren, fallen wegen ihres Alters (19 und 20) unter dieses Recht.

Einer von ihnen soll nach dem Willen des Anklägers wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung für drei Jahre ins Gefängnis. Dem vierten Angeklagten, der monatelang in Untersuchungshaft saß, wirft Blaut nur noch versuchte Strafvereitelung vor: Er habe sich an der Beseitigung der Spuren beteiligt.

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Doch auch für ihn fand der Ankläger deutliche Worte. Er solle sich schämen, sofern er mit seinem Schweigen in Untersuchungshaft versucht habe, „Mörder vor der gerechten Strafe zu bewahren“. Blaut beantragte vier Wochen Dauerarrest, die durch die U-Haft abgegolten sind. Zu den geforderten Auflagen gehört, dass der 19-Jährige eine Drogentherapie macht.

Oberstaatsanwalt: „Sämtliche Beweggründe waren niedrig“

Nach der Beweisaufnahme geht die Staatsanwaltschaft von folgendem Geschehen aus: Dara K.fiel im Januar dieses Jahres in Ungnade, weil er zu einer rivalisierenden Drogenbande übergewechselt war. Zudem schuldete er einem Kumpel, der zur Gruppe um Ahmet Y. gehörte, rund 700 Euro. Überdies hatte er in einer Beschuldigten-Vernehmung und in einem Prozess am Kölner Amtsgericht einen früheren Bandenkumpel belastet, um für sich einen Strafrabatt herauszuschlagen. Alles braute sich zu einer toxischen Mischung zusammen. Aus Wut und Rache wollte man an Dara ein Exempel statuieren.

„Sämtliche Beweggründe waren niedrig“, sagte Blaut. Am 10. März machten sich drei Angeklagte auf den Weg zu einer Eckkneipe in Mülheim, die als Treffpunkt vereinbart war. Einer der drei schied vor der Ankunft aus. Ihm war klar, dass das Treffen nicht bloß einer Aussprache diente, sondern, wie Blaut sagte, einer „Abreibung“. Aus Angst holte sich Dara Verstärkung. Doch es half nichts.

Mit Schusswaffen zwangen ihn die Täter mitzukommen, gingen mit ihm über die Katzenbuckelbrücke zum Mülheimer Hafen und suchten sich dort einen entlegenen Winkel. Insgesamt achtmal stach der jüngere Angeklagte auf das Opfer ein; dabei war Ahmet Y. die treibende Kraft. Zur Verwischung der Spuren entkleideten die Männer den Toten. „Sie haben den Leichnam quasi am Wegesrand weggeworfen“, sagte der Oberstaatsanwalt. Alle vier Angeklagten waren daran beteiligt, die Kleidung zu verbrennen, wohl wissend, warum sie es taten.

Soweit der Tathergang, wie er sich dem Oberstaatsanwalt darstellt. Die beantragte Strafe für den Mann, der die Messerstiche ausgeführt hat, hält Nebenklage-Anwalt Jan-Victor Khatib für zu gering. Der Angeklagte habe im Prozess weder Einsicht noch Reue oder Verantwortung gezeigt. Zehn Jahre Haft seien angemessen.

Die Schlussvorträge der Verteidigung werden am Montag fortgesetzt.