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Kommentar

Meine Geschichte 2024
Djavid zeigt dem Kölner Karneval, wie aus Tragik Komik entstehen kann

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Lesezeit 2 Minuten
Djavid redet vor Karnevalisten im Gürzenich.

Er belebt die Redner-Szene im Kölner Karneval: Djavid

Ein neuer Redner sorgt im Kölner Karneval für Aufsehen. Unser Autor war dabei, als Djavid beim Vorstellabend der Kajua gefeiert wurde.

Es liegt in der Natur des Menschen, dass sich die Konfrontation mit schlimmen Schicksalen, Ereignissen, Trauer und Tod im Gehirn festsetzt. Dabei sehnen wir uns nach den guten, schönen Seiten des Lebens. Der Karneval ist da zwischen all den Krisen und Kriegen in der Welt eine Art Ventil. Und in Köln neben dem Brauchtum auch ein Riesengeschäft. Welche Band landet den Hit der Session? Welcher Redner reißt die Sitzungsbesucher von ihren Plätzen?

Kölner Karneval: Djavid beim Vorstellabend der Kajuja

Da ist es im Vorfeld der Sessionseröffnung geradezu Pflicht für Journalisten, die sogenannten Vorstellabende zu besuchen. Hier präsentieren sich vor allem Nachwuchskünstler der Öffentlichkeit. Aber zur Wahrheit gehört auch: Oftmals sitzt man leicht ermüdet bis gelangweilt abseits der Bühne und hört das, was man seit Jahren kennt: Redner mit bemühten Pointen, die weder sitzen noch zünden, abgestandene Witze und Sänger, die unsere Hände sehen wollen oder immer danach fragen.

Im September ist beim Vorstellabend der Kajuja plötzlich alles anders. Ein Mann betritt die Bühne und packt mich sofort. Wie er redet, was er sich traut, wie er sich über sich selbst lustig macht, ebenso über Deutsche, denn er selbst stammt aus Afghanistan. Djavid kam als Geflüchteter nach Köln. „Mit zehn oder zwölf …“ Kurze Pause. „Geschwistern.“

Wenige Sätze später wird es so still im Saal, wie ich es bei einem Karnevalsredner noch nie gehört habe. Djavid erzählt von der Bombe, die neben dem Haus seiner Familie einschlug, und warum ihr nur die Flucht blieb. Einen Moment später tobt der Saal, als sich Djavid zum „superintegrierten Ausländer“ macht – zum „Horst“. Oder als er sich outet, dass er so gerne Mett ist und deshalb „Beef mit dem Islam hat“.

All das ist so erfrischend anders als das Gewohnte, das Publikum steht, auch Kasalla-Musiker Ena Schwiers schüttelt ungläubig den Kopf. Haben wir hier eben die Geburt eines neuen Karnevals-Stars erlebt? Inzwischen ist der Comedian für zahlreiche Auftritte in der Session gebucht worden. Djavid ist keine Kunstfigur wie Generationen vor ihm in der Bütt. Djavid ist Djavid. Er hat Schreckliches erlebt, sich ein neues Leben in Köln aufgebaut – und bringt uns zum Lachen wie lange nicht mehr. So profitiert auch der Kölner Karneval von der Zuwanderung. Alaaf!