Köln – Der Prozess um den Reemtsma-Entführer Thomas Drach verläuft nicht immer gesittet, so auch am Donnerstag im Kölner Landgericht. Diesmal hatten sich die Verteidiger auf den Video-Gutachter eingeschossen, der Drach anhand seiner Analyse für den Täter hält. Mitten in der aufgeheizten Stimmung scherzte dann auf einmal der Vorsitzende Richter mit dem bekannten Schwerverbrecher.
Köln: Mit Kopfhörer und verdeckten Augen zum Prozess
Zunächst hatten sich die Verteidiger beschwert, dass Drach bei der Vorführung in Saal 112 einen Kopfhörer und eine blickdichte Augenmaske tragen musste, wie sonst nur beim Transport von der JVA Köln-Ossendorf zum Gerichtsgebäude, vornehmlich per Helikopter. „Das ist ein unerträglicher Zustand“, polterte Anwalt Dirk Kruse. Der Richter versprach, bei der Polizei nachzuhören.
Danach sollte Video-Analyst George Rauscher untermauern, warum er Thomas Drach „sehr wahrscheinlich“ als Täter in zwei Fällen des Raubes auf Geldboten in Köln und Frankfurt ansieht. Dies tat der Gutachter anhand vorhandener Überwachungsvideos, die er mit Aufnahmen von Drach abglich. Dabei sah er erhebliche Übereinstimmungen im Kopfbereich, obwohl der Täter maskiert war.
Rauscher sollte seine Ergebnisse eigentlich in einem Fluss vortragen, doch ständig grätschte ihm jemand dazwischen. Der Gutachter sprach von der gleichen Nase bei Drach und dem Täter auf dem Video. „Der hat doch eine Knollennase!“, entfuhr es da Drach und Verteidiger Wolfgang Heer sagte über die unscharfe Aufnahme des Täters: „Ich sehe da nur einen unscharfen dicken Knubbel.“
Gutachter Rauscher hatte auch den Gesäßmuskel des Ikea-Täters analysiert, obwohl dieser eine lange Jacke über dem Hinterm trug. „So ein Unsinn“, rief Drachs Verteidiger Andreas Kerkhof sichtlich entrüstet. „Das bewerten wir am Ende“, sagte Richter Bern. Dann könne man ja auch einfach behaupten, die braune Wand hinterm Richterpult sei blau, meinte Kerkhof genervt.
Kölner Richter scherzt mit Thomas Drach
Völliges Unverständnis erntete der Gutachter von der Verteidigung, als er von einem „geschätzten Haaransatz“ beim Ikea-Täter sprach, obwohl dieser eine Mütze trug. Da könne man auch ein Foto vom Richter auf der Fotoleinwand einblenden, meinte Drach und suggerierte, da wohl zum gleichen Ergebnis zu kommen. „Mit oder ohne Cappy?“, scherzte der Vorsitzende Jörg Bern daraufhin.
Nicht nur den Kopf von Drach und dem Ikea-Täter hatte der Gutachter analysiert, sondern auch dessen auffälligen „Watschelgang“, bedingt durch die X-Beine. Neben den Videoaufnahmen wird Drach auch durch eine DNA-Mischspur belastet, die an einem Fluchtauto gefunden wurde. Drach soll insgesamt vier Raubüberfälle begangen haben, in zwei Fällen wurden Geldboten angeschossen.