Köln – Das Bundesgesundheitsministerium hat die Vorgaben für Corona-Tests geändert. Seit Freitag müssen die meisten Personen zahlen, um sich zertifiziert auf das Virus testen zu lassen – die Kosten liegen bei drei Euro oder mehr. In der Ärzteschaft, bei den Testzentren und bei Städten und Kommunen herrscht Unmut: Die Kassenärztlichen Vereinigungen kündigten an, sie könnten nicht überprüfen, ob Anspruch auf einen kostenlosen Test besteht – deshalb könnten sie diese nicht abrechnen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie teuer ist ein zertifizierter Antigen-Schnelltest?
An den Testzentren gibt es für Antigen-Schnelltests derzeit drei Preisstufen. Eine eng gefasste Gruppe hat weiterhin Anspruch auf kostenlose Tests – zum Beispiel Kinder unter fünf Jahren, Schwangere im ersten Drittel ihrer Schwangerschaft, pflegende Angehörige, Infizierte, die sich freitesten möchten und Personen, die mit einer infizierten Person im selben Haushalt leben.
Eine zweite Gruppe bekommt eine Test-Subvention und muss nun drei Euro zahlen: Etwa Personen, die am selben Tag eine Veranstaltung in einem Innenraum besuchen werden oder Kontakt zu potenziellen Risikogruppen haben. Liegt kein besonderer Anlass für den Test vor, muss der reguläre Preis gezahlt werden. Dieser weicht von Testzentrum zu Testzentrum ab, liegt in Köln teilweise bei deutlich unter zehn Euro. Wie sich der Preis in den kommenden Wochen jeweils verändern wird, ist unklar.
Wie funktioniert die Finanzierung der Schnelltests?
Das ist bislang nicht ganz klar. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) wurde vom Bundesgesundheitsministerium beauftragt, die geänderte Testverordnung umzusetzen. „Uns wurde die Aufgabe gestellt, zu definieren, wer die Tests kostenlos bekommt und wer nicht“, sagt der Kölner KV-Chef Jürgen Zastrow. „Das ist natürlich nicht machbar: Wie sollen wir ernsthaft kontrollieren, ob Personen wirklich Termine haben, wegen derer sie kostenlose Tests anfordern?“, fragt er.
Sein Bundesverband wandte sich in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und wies darauf hin, dass die Anfälligkeit für Falschabrechnungen durch die neuen Vorgaben gestiegen sei. „Aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit können wir nicht darauf vertrauen, dass alle Teststellen die Leistungen korrekt erbringen werden“, heißt es in dem Schreiben. Die Vorstände der KV Nordrhein, unter die auch Köln fällt, empfehlen den Praxen sogar, vorerst keine Tests nach der neuen Verordnung durchzuführen. Problemlos abgerechnet werden können demnach nur Tests bei Personen mit entsprechenden Symptomen.
Wie bereiten sich Arztpraxen auf die neue Konstellation vor?
Der Wegfall der kostenlosen Tests ärgert viele Patientinnen und Patienten, heißt es vom Hausärzteverband Nordrhein. „In den Hausarztpraxen befürchten wir in den kommenden Wochen Diskussionen, die wir vermeiden wollen“, sagt der Vorsitzende Oliver Funken. „Schnelltests müssen aus den Praxen raus bleiben. Sie binden Arbeitszeit an der falschen Stelle und das Honorar ist nicht wirtschaftlich“, sagt er.
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Im Verdachtsfall bestehe in den Praxen weiterhin das Angebot, einen PCR-Test durchführen zu lassen. Aus Kölner Praxen ist zu hören, dass Personen ohne klare Symptomatik am Freitag PCR-Tests durchführen lassen wollten, um die Kosten für einen Schnelltest zu umgehen.
Könnte die Stadt Köln die Kosten für die Bürgertests übernehmen?
Rechtlich wäre das mit einem Ratsbeschluss möglich. „Aktuell ist allerdings nicht geplant, dass die Stadt Köln die bisher vom Bund getragenen Kosten übernimmt“, sagte Gesundheitsdezernent Harald Rau auf Anfrage. Er ist mit der neuen Regelung unzufrieden. „Die kostenlosen Bürgertests waren ein wichtiges Instrument, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und Sicherheit zu vermitteln“, sagte Rau.
„Ich bedauere, dass es das Angebot der kostenlosen Tests für alle künftig nicht mehr geben wird.“ Gleichzeitig sei er froh, dass es für vulnerable Personen und ihr Umfeld weiterhin die Möglichkeit geben werde, sich kostenlos testen zu lassen. „Klar ist aber, dass ein regelmäßiger Besuch im Testzentrum für viele Menschen angesichts der damit verbundenen Kosten nicht zu finanzieren sein wird. Damit kann ich nicht zufrieden sein.“
Wie gehen die Betreiber von Teststellen mit den Unklarheiten um?
Viele Stellen bieten auch in Köln weiterhin Tests an. Für kostenlose Tests braucht es einen Beleg, so müssen etwa der Nachweis eines positiven Tests eines Mitbewohners sowie die Anschrift vorgelegt werden, um als Kontaktperson zu gelten. Um den vergünstigten Test von drei Euro in Anspruch nehmen zu können, reicht eine Selbstauskunft über ein bevorstehendes Treffen aus.
Pascal Ervens, Betreiber der „Rheingesund“-Teststellen, kann die Kassenärztliche Vereinigung „absolut verstehen.“ „Gerade jetzt, wo der Ruf der Teststellen nicht Beste ist, wird es einem noch leichter gemacht, Tests abzurechnen, die nicht durchgeführt wurden“, gibt Ervens zu bedenken. „Die KV hat keine Möglichkeit, das nachzuprüfen.“ Die neuen Vorlagen des Bundes hält er für einen Schnellschuss. Außerdem: Wer sich die Corona-Warn-App herunterläd und sich eine Viertelstunde vor ein Testzentrum stellt, habe am nächsten Tag auch eine rote App. „Theoretisch könnte sich weiterhin jeder kostenlos bei uns testen.“ Seine Mitarbeiter führen auch an diesem Freitag Schnelltests durch, trotz der Warnung der KV, sie könne die Tests nicht abrechnen. „Wir haben bisher keine Mitteilung bekommen, dass nichts gezahlt wird“, sagt Ervens. Ein gewisses Risiko gehe er damit trotzdem ein.
Eine Arztpraxis in der Region, die bisher auch Bürgertests anbot, hat ihre Tests vorerst eingestellt. „Wir testen im Moment einfach gar nicht, fertig “, sagt die Ärztin, die nicht namentlich genannt werden möchte. Sie sehe derzeit keine sichere Rechtslage, keine Garantie, dass sie ihre Kosten für die Tests erstattet bekommt. „Da blickt doch kein Mensch mehr durch, ehrlich. Gerade hängt alles in der Luft.“
Wie reagiert die Landesregierung auf die Verwirrungen bei Teststellenbetreibern und Bürgern angesichts der Ankündigung der KV?
Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann spricht von einem Streit zwischen Bund und KV, der auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger ausgetragen werde. „Ich erwarte, dass sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und das Bundesgesundheitsministerium schnell auf ein Vorgehen bei den Abrechnungen einigen“, so Laumann. Die Bürgerinnen und Bürger müssten wieder zuverlässig getestet werden. „Im Übrigens sind die kassenärztlichen Vereinigungen Körperschaften des Öffentlichen Rechts und ich gehe davon aus, dass diese natürlich weiterhin ihre Pflicht zur Abrechnung aus der Bundesverordnung erfüllen.“