Köln – Nicht nur, wer regelmäßig für falsches Parken zur Kasse gebeten wird, wird sich womöglich über diese Information wundern: Die Stadt darf Knöllchen ausländischer Autofahrerinnen und Autofahrer nicht eintreiben, weswegen ihr wohl jedes Jahr ein sechsstelliger Betrag entgeht. Ein Runderlass des NRW-Innenministeriums regelt, dass für Ordnungswidrigkeiten wie einfaches Falschparken keine Halter ausländischer Fahrzeuge ermittelt werden können. Der Aufwand wäre wohl zu groß für verhältnismäßig geringe Bußgelder, die zu erwarten wären.
Abkommen für Informationsaustausch nur mit Niederlande
Für 20 oder 25 Euro pro Fall ist kein Informationsaustausch mit ausländischen Behörden gewollt. Nur mit den Niederlanden gibt es ein bilaterales Abkommen, das eine Halterabfrage möglich macht. Fahrerinnen und Fahrer aus allen anderen Ländern haben keine Strafe zu befürchten und kommen – wenn sie wollen – ohne Bußgeld davon. Kölnerinnen und Kölnern und deutschen Gästen, die teils sehr hohe Parkgebühren bezahlen müssen, könnte das als in Gesetz gegossene Ungleichbehandlung bitter aufstoßen.
Gut 5500 Autos mit ausländischen Kennzeichen – und damit knapp 300 mehr als im Jahr zuvor - haben 2021 städtischen Angaben zufolge vom Ordnungsamt wegen Falschparkens einen sogenannten Zahlschein an die Windschutzscheibe bekommen. Ein Fünftel der Autos stammte aus den Niederlanden. Polen, die Schweiz und Belgien folgten auf den Plätzen zwei bis vier.
Diese Zahlscheine beinhalten – anders als die typischen Knöllchen für deutsche Autos – eine Zahlungsaufforderung an ein städtisches Konto, auf das das Bußgeld zu überweisen ist. Wer der Aufforderung aber nicht nachkommt, hat – eben mit Ausnahme der Niederländerinnen und Niederländer – keinerlei Konsequenzen zu befürchten, weil die Bußgelder im Ausland nicht eingetrieben werden können.
Mehr als 100.000 Euro pro Jahr
Diese seit November 2010 gelebte Praxis ist mutmaßlich vielen Kölnerinnen und Kölnern nicht bekannt, kostet die Stadtkasse aber jährlich eine beachtliche Summe. Selbst wenn man nur 20 Euro pro Parkverstoß zugrunde legte, entgingen der Stadt also mehr als 100.000 Euro pro Jahr.
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Auch wenn diese Summe gegenüber den 13,5 Millionen Euro, die die Stadt im vergangenen Jahr mit Parkknöllchen eingenommen hat, recht niedrig scheint, ist sie jetzt Anstoß für eine Debatte in den Fraktionen des Stadtrats. So fordern zumindest die Grünen und die SPD eine Änderung der Regel. „Vor dem Knöllchen sind alle gleich, und die Parkregeln in Köln gelten selbstverständlich auch für Gäste. Die Stadtverwaltung sollte, zum Beispiel über den Städtetag, prüfen, wie die Bußgelder auch aus dem Ausland konsequenter eingetrieben werden können“, sagt Manfred Richter, ordnungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion.
„Egal, welche Farbe das Kennzeichen hat“
Sein SPD-Pendant Gerrit Krupp sagt: "Köln ist seit jeher ein attraktives Reise- und Ausflugsziel für Touristen, und wir freuen uns über jeden Besucher in unserer schönen Stadt. Selbstverständlich gilt aber auch für Gäste: Wer falsch parkt oder zu schnell fährt, muss ein entsprechendes Bußgeld zahlen, egal welche Farbe sein Kennzeichen hat“. Daher solle die Stadtspitze „über den Städtetag dringend darauf hinwirken, dass dieses Schlupfloch endlich geschlossen wird.“ Stadtdirektorin Blome – auch zuständig für Ordnungsangelegenheiten – wollte sich auf Anfrage zunächst nicht dazu äußern.
Während das einfache Falschparken für ausländische Halterinnen und Halter ungeahndet bleiben kann, werden größere Verstöße sehr wohl verfolgt. Das EU-Parlament hat im Oktober 2011 festgelegt, dass Bußgelder etwa für Tempoverstöße, Alkohol- oder Drogeneinfluss beim Autofahren, Handy am Steuer und einen fehlenden Helm auch im Ausland eingetrieben werden. Auch wer abgeschleppt wird, kommt nicht straffrei davon. Darauf weist CDU-Chef Bernd Petelkau hin und sagt: „Schwere Verkehrsverstöße werden grundsätzlich konsequent europaweit verfolgt.“ Die Anzahl der einfachen Parkvergehen von ausländischen Haltern sei abgesehen von den Niederländern „bisher so gering, dass auf ein Auslandsinkasso verzichtet wurde“. Sollte sich das ändern, „könnten wir uns auch eine Ausweitung des Auslandsinkasso vorstellen“, sagt Petelkau.