Köln – Man kann davon ausgehen, dass das vergangene Corona-Jahr für Juliane Foitzik noch belastender war als für viele andere Menschen. Foitzik leidet unter schwerem Asthma, bekommt in manchen Momenten nur schwer Luft, muss daher Kortison-Präparate nehmen und erhält eine Antikörper-Therapie. Früher, als die 42-Jährige noch nicht so gut mit Medikamenten eingestellt war, hatte sie Asthma-Anfälle und musste mitunter in der Notaufnahme behandelt werden. In den vergangenen Monaten hat sie sich wegen der Pandemie fast völlig isoliert. Denn eine Infektion mit dem Coronavirus, das die Lungen angreift, könnte sich verheerend auf ihren Gesundheitszustand auswirken. „Ich habe nur noch ganz wenige Menschen zu Spaziergängen im Freien getroffen“, sagt sie im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Kein Wunder also, dass sich Foitzik als Risikopatientin auf die Impfung gegen das Virus freut, zumal ihre Hausärztin auch dazu bereit wäre. Doch die Medizinerin darf derzeit nicht impfen, niemand weiß, wann genau die Hausärzte die Erlaubnis dazu erhalten werden. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) peilt an, Ende März Impfstoff an Hausarztpraxen liefern zu lassen, damit dort chronisch Kranke geimpft werden können. Es ist aber fraglich, ob das klappt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht von April, Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält Mitte Mai für wahrscheinlich.
Klar ist nur: Derzeit gibt es die Vakzine im Impfzentrum. Verschiedene Anrufe bei der Hotline, um dort einen Termin zu erhalten, enden aber ohne Ergebnis. „Keiner konnte mir etwas sagen, außer, dass ich nicht dran bin.“ Erst am vergangenen Donnerstag habe sie gegen 10 Uhr morgens Erfolg gehabt, habe sogar einen Termin für den selben Tag um 16.30 Uhr erhalten.
Der Hotline-Mitarbeiter habe sie allerdings gewarnt, dass sie trotz eines Termins abgewiesen werde könne. Derzeit habe man in Köln zwar genug Impfstoff und die Über-80-Jährigen, die sich in der ersten Prioritätsstufe befinden, seien schon geimpft. Die Stadt müsse aber auf andere Kommunen in NRW warten, bis sie die nächste Phase, die Priorität II, freigeben dürfe. Foitzik fährt also zum Impfzentrum, das sie als leer wahrnimmt, und wird enttäuscht. Am Schalter habe man ihr erklärt, dass sie keinen Termin hätte erhalten dürfen und schickt sie wieder nach Hause.
So hätte das nicht laufen dürfen, sagt Jürgen Zastrow, leitender Arzt im Impfzentrum und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. „Selbst wenn es unklar ist, ob die Frau einen Termin hätte bekommen dürfen, kann man so was nicht auf dem Rücken der Patienten austragen.“ Mit anderen Worten: Wer einen Termin bekommt, muss auch geimpft werden. Zastrow will dem Fehler im Impfzentrum nun nachgehen. Es sei allerdings falsch, dass die Stadt über einen Überhang an Impfstoff verfüge, sagt Zastrow. Derzeit fehlten in Köln Vakzine. „Wir hatten einen Überhang, der ist aber längst abgebaut.“ Mittlerweile hielten sich auch die Bedenken gegenüber dem Astrazeneca-Impfstoff in Grenzen. „Und für jeden abgesagten Termin habe ich hundert andere Menschen, die sich impfen lassen wollen“, so Zastrow
In der vergangenen Wochen habe die Stadt etwa 14.000 Impfdosen erhalten, teilt die Stadt mit. Im Impfzentrum seien täglich 2750 Impfungen durchgeführt worden. „Wir haben in Köln in der Tat zu wenig Impfstoff um alle priorisierten Gruppen zu verimpfen und weil zu wenig Impfstoff vorhanden ist, ist das Impfzentrum Köln aktuell nicht ausgelastet”, sagt ein Stadtsprecher. Die zweite Gruppe könne erst geimpft werden, wenn die erste Gruppe immunisiert sei, so sehe es die Corona-Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums vor. Teile der Berufsgruppen aus der zweiten Gruppe wie etwa Lehrer, Polizisten und Erzieherinnen würden aber jedoch vorgezogen. „Voraussichtlich Mitte bis Ende April ist die zweite Gruppe zur Gänze dran – unabhängig davon, wie der Impfstatus in den anderen Kommunen ist”, so der Stadtsprecher.
Antrag an die Ethikkommission
Der leitende Impfarzt Zastrow erläutert, dass Juliane Foitzik als Risikopatientin einen Antrag bei der Ethikkommission hätte stellen müssen. Das habe sie auch gemacht, aber erst vor kurzem, sagt wiederum Foitzik. „Davor wusste ich nichts davon. Niemand von der Hotline hat mich darauf hingewiesen.“ Und die Homepage der Stadt sei eher unübersichtlich. Nun sei der Antrag gestellt, müsse aber noch bearbeitet werden. Zastrow stellt der Patientin nun aber in Aussicht, zeitnah immunisiert zu werden. Schließlich sei der Fehler ja seitens der Hotline geschehen.