Zum Abschluss der Reihe „Stadt mit Bestand“ gab es eine Podiumsdiskussion, die das Spannungsfeld zwischen Neubau und Erhalt verdeutlichte.
Zwischen Wohnungsnot und UmweltschutzExperten diskutieren über Kölner Stadtentwicklung
Am Ende des Abends zeigte sich, in welchem Spannungsfeld sich der Städtebau aktuell bewegt. Wie angesichts der Wohnungsnot und des Klimawandels umgehen mit den bestehenden Gebäuden? Darum ging es bei der vierteiligen Veranstaltungsreihe „Kölner Perspektiven“.
„Stadt mit Bestand“ lautete der Titel der von der Stadt Köln und Partnern wie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ veranstalteten Reihe, die jetzt mit einem gut besuchten „Kölner Diskurs“ im Stiftersaal des Wallraf-Richartz-Museums zu Ende ging.
In Köln gibt es wenig Möglichkeiten, noch dichter zu bauen
Die Experten waren sich einig, dass die Bauindustrie den Klimawandel vorantreibt. Rund 45 Prozent des deutschen CO2-Fußabdrucks hingen mit dem Bauen zusammen, sagte Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, in seinem Eingangsvortrag. Der Ausweg liege in der Aufstockung bestehender Gebäude und der Nachverdichtung von Wohngebieten.
Alles zum Thema Ina Scharrenbach
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In Köln gebe es in dieser Hinsicht jedoch wenig Potenzial, räumte Nagel ein: „Köln ist schon urban und dicht.“ In seiner gesamten Geschichte sei es weiterentwickelt worden: „Der Dom ist ein wunderbares Beispiel für das Weiterbauen im Bestand.“
Gesetzliche Vorgaben machen es Bauherren nicht leicht
Es sei jedoch oft einfacher und günstiger, ein Haus abzubrechen und neu zu errichten, sagte der Architekt und Stadtplaner in der Diskussionsrunde. Klimafreundlicher sei das jedoch nicht. Es gelte deshalb, umzudenken und „unsere Komfortzone zu verlassen“.
Doch gesetzliche Vorgaben machen es Bauherren nicht leicht. Düsseldorfs Planungsdezernentin Cornelia Zuschke stellte in Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, dass bei einem Dachausbau zusätzliche Stellplätze nachzuweisen sind. Der Brandschutz sei für sie zwar „nicht verhandelbar“, doch zuweilen ebenfalls sehr streng.
Es handele sich eben um gesellschaftlich ausgehandelte Standards, die sich herausgebildet hätten, entgegnete NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach. Diese Standards etwa auf das Niveau der 1970er Jahre herunterzuschrauben, sei sicher nicht gewollt. Barrierefreiheit zum Beispiel habe damals noch keine Rolle gespielt.
Ohnehin werde der Um- und Ausbau vorhandener Architektur allein nicht die Probleme der Gegenwart lösen. Angesichts des großen Drucks auf dem Wohnungsmarkt werde es ohne Neubauten und weitere Flächenverbräuche nicht gehen: „Wenn Sie keine neuen Wohnungen bauen wollen, werden Sie für einige Menschen automatisch das Wohnen verteuern“, wandte sich Scharrenbach an die Verantwortlichen in den Städten.
Neubauten werfen Fragen nach Umweltschutz auf
Gleichzeitig rufen Neubauprojekte mit ihrem immensen Flächenbedarf den Umweltschutz auf den Plan. Den neuen Kölner Stadtteil Kreuzfeld, der Wohnraum für rund 8000 Menschen bieten soll, nannte Helmut Röscheisen vom BUND Köln aus dem Publikum heraus „unverantwortlich“. Außerdem appellierte er an das Land, das Justizzentrum an der Luxemburger Straße nicht wie vorgesehen abzureißen und neu zu bauen, sondern im Bestand zu sanieren.
Andree Haack, Kölner Beigeordneter für Stadtentwicklung, sprach dann auch von mühsamen und langsamen Prozessen, die es beim Umbau der Stadt zu bewältigen gelte. Es gebe lange Vorlaufzeiten, hohe Anforderungen und juristische Unwägbarkeiten. Einen Tipp hatte Cornelia Zuschke parat: „Beschleunigung heißt, sich im Vorfeld zu einigen und nicht die Brechstange herauszuholen.“ Eine neue Umbaukultur brauche eine „ganz frühe Zusammenarbeit der Menschen“.