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Baustellen-Stopp am Kölner Dom„Wer sollte sich das antun?“ – So geht es mit Laurenz-Carré weiter

Lesezeit 4 Minuten
Die Baustelle des Laurenz-Carré von oben fotografiert.

Die Baustelle des Laurenz-Carré von oben fotografiert. Im Vordergrund der Roncalliplatz.

Wie lange bleibt die still stehende Baustelle des Laurenz-Carrés am Kölner Dom noch? Jetzt kommt Bewegung in die Angelegenheit.

Seit Monaten wird rund 200 Meter südlich vom Dom entfernt nicht mehr gebaut, auf den zwei Baufeldern des sogenannten Laurenz-Carrés tut sich nichts. Das Bauprojekt mit neuen Büros, Wohnungen, Handel und Hotel steht still, seit die Gerchgroup Insolvenz angemeldet hat. Die wichtigsten Fragen und Antworten, wie es weitergeht.

Wofür steht der Begriff Laurenz-Carré?

Für zwei Baufelder am südlichen Ende des Roncalliplatzes. Früher stand dort unter anderem ein ziemlich in die Jahre gekommenes Parkhaus, auch das denkmalgeschützte Senatshotel gegenüber des Saals des Stadtrates gehört dazu. Auf dem nördlichen Baufeld soll unter anderem ein Bürohaus mit Dachterrasse und Domblick entstehen, die Beratungsfirma Boston Consulting soll dort einziehen, ein abgeschlossener Mietvertrag liegt vor.

Laurenz-Carré

Die Übersicht über das Laurenz-Carré.

Auf dem südlichen Baufeld wird unter anderem das teils denkmalgeschützte Senatshotel saniert und zu einen Radisson Red umgebaut. Das Hotel soll in zwei Gebäuden untergebracht sein: Im Senatshotel und in einem Haus auf der anderen Straßenseite im nördlichen Baufeld. In der Vergangenheit hatte die Gerchgroup von 400 Millionen Euro Investitionen gesprochen.

Visualisierung vom Dom aus gesehen auf das neue Bürohaus samt Dachterrasse.

Visualisierung vom Dom aus gesehen auf das neue Bürohaus samt Dachterrasse.

Warum herrscht dort seit Sommer Baustopp?

Weil die Gerchgroup im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden musste. Zunächst galt das im August für die übergeordneten Gesellschaften, im November folgten die Gesellschaften des Laurenz-Carrés. Unter anderem lag die Insolvenz an den gestiegenen Zinsen und der Inflation, die den Immobilienmarkt einbrechen ließ. Zudem platzte eine Zahlung der Immobilien-Investmentfirma Corestate an die Gerchgroup. Das Unternehmen hatte das Laurenz-Carré im Dezember 2021 von der Gerchgroup gekauft. Doch laut Gerchgroup-Chef Mathias Düsterdick zahlte Corestate eine erste Rechnung von 120 Millionen Euro nicht. Er selbst sieht keine Verantwortung bei sich, der „Rheinischen Post“ sagte Düsterdick in einem Interview: „Aber habe ich einen Fehler gemacht, sodass es zur Insolvenz kam? Nein. Ganz eindeutig Nein.“ Und: „Hätte ich absehen können, dass der Käufer des Laurenz-Carrés nicht zahlen wird? Blödsinn!“

Blick in eine mögliche Zukunft: Links das sanierte Sentashotel, im Hintergrund der Dom.

Blick in eine mögliche Zukunft: Links das sanierte Sentashotel, im Hintergrund der Dom.

Wann könnte dort weitergebaut werden?

Insolvenzverwalter Jens Schmidt hofft auf das zweite Quartal, also April bis Juni. Doch das gilt nur für das nördliche Baufeld mit Domblick, es gilt als attraktiver, weil das Bürohaus schon vermietet ist, und im Gegensatz zum südlichen Bereich kein weniger renditeträchtiges Wohnhaus vorgesehen ist. Bis Ende März soll klar sein, wer in der ausgehobenen Baugrube weiterbaut. Schmidt sagte: „Ich sehe nicht, dass dort eine jahrelange Einöde entsteht.“

Anders sieht es laut Schmidt auf dem südlichen Areal aus, das nun ein Makler aktiv auf dem Immobilienmarkt anbietet. Schmidt sagte: „Dort brauchen wir eine breite Marktansprache.“ Stand jetzt könnte es dort noch dauern, bis weitergebaut wird. Das verdeutlicht unter anderem die Tatsache, dass der Baukran im Januar zurückgebaut wird, um Kosten zu sparen.

Und wer könnte dort weiterbauen?

Das hängt auch den sogenannten Grundpfandrechtsgläubigern. Sie hatten der Gerchgroup Geld für das Bauprojekt geliehen und stehen als Sicherheit im Grundbuch. Schmidt spricht von einem halben Dutzend dieser Firmen.

Auf dem Nordfeld handelt es sich um die Hanse-Merkur Grundvermögen AG, das geht aus einer Pressemitteilung von 2022 hervor. Das Unternehmen bündelt nach eigener Aussage alle Immobilienaktivitäten der Hanse-Merkur-Versicherungsgruppe. Auf Anfrage, ob es dort selbst weiterbauen lasse, teilte ein Sprecher mit, dass das Unternehmen sich dazu nicht äußere. Schmidt sagte: „Die Grundpfandrechtsgläubiger arbeiten alle konstruktiv an einer Lösung mit.“ Im November hatte er von vielen Interessenten für das Laurenz-Carré gesprochen.

Wie geht es mit der Gerchgroup weiter?

Düsterdick sagte der „Rheinischen Post“ Mitte November auf die Frage, ob es mit einer Art Mini-Gerchgruppe 2024 weitergeht: „Möglicherweise ja. Da ist aber noch nichts entschieden.“ Doch laut Handelsregister hat er am 26. Oktober bei einem Notar eine neue Gesellschaft gegründet: die GDI Gerch Development Investors GmbH. Ihre Aufgabe: die Entwicklung und Projektierung von Immobilien, An- und Verkauf von Immobilien. Pikant: Zwei Wochen nach der Gründung meldeten die Gesellschaften des Laurenz-Carrés Insolvenz an.

Und was ist mit dem Wohnungsbau?

Der Stadtrat bestand darauf, im Laurenz-Carré das Kooperative Baulandmodell anzuwenden. Demnach müssen auf einem Areal im südlichen Baufeld 30 Prozent der dort geplanten Wohnfläche für 64 Wohnungen mit vergleichsweise günstiger Miete reserviert werden. So sollen auch Menschen mit vergleichsweise geringeren Einkommen eine bezahlbare Wohnung finden. Das Land NRW fördert den Bau, im Gegenzug sind die Wohnungen für viele Jahre an eine bestimmte Miete gebunden. Momentan sind das in Köln zwischen 7,10 und 8 Euro je Quadratmeter.

Hört man sich im Immobilienmarkt um, gilt das Wohn-Baufeld demnach als unattraktiv und kaum verkäuflich, unter anderem weil die Politik heftig die Frage diskutierte, ob es am Dom öffentlich geförderte Wohnungen braucht. „Wer sollte sich das antun?“, ist zu hören. Möglicherweise werden die einzelnen Bausteine im südlichen Bereich getrennt verkauft.