Kein Wirtschaftsplan, keine Jahresabschlüsse und eine 1,5-Milliarden-Euro-Sanierung: Die Bühnen kämpfen in der Politik um ihre Glaubwürdigkeit.
Kölner BühnenFDP fordert Aus für Geschäftsführer – Politiker gesteht Blauäugigkeit ein
Den Verantwortlichen der Kölner Bühnen stehen angesichts eines fehlenden Wirtschaftsplans und fehlender Jahresabschlüsse sowie des Debakels bei der Sanierung am Offenbachplatz unruhige Wochen bevor. Das machte die Diskussion des Finanzausschusses des Stadtrates am Montag deutlich, unter anderem forderte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite „personelle Konsequenzen“.
Auf Nachfrage erklärte Breite, dass er damit den geschäftsführenden Direktor der Bühnen, Patrick Wasserbauer, meinte. Breite sagte: „Wenn wir hier das Signal senden, es gibt keine personellen Konsequenzen, dann weiß ich nicht, wie wir der Öffentlichkeit sagen sollen, dass wir vertrauensvoll mit städtischem Geld umgehen.“
Wasserbauer sollte eigentlich am Montag im Ausschuss sprechen und persönlich erklären, warum immer noch nicht die Jahresabschlüsse der Bühnen aus den Jahren 2021/2022 und 2022/2023 vorliegen (wir berichteten), er fehlte aber erkrankt. Der Stadtrat hatte Ende 2019 Wasserbauers Vertrag bis 2026 verlängert. Er arbeitet seit 2009 für die Bühnen.
Alles zum Thema Bernd Petelkau
- Ratsmehrheit könnte sie verhindern Stadt Köln ist für Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete
- Sparpläne der Stadt Köln Bürgermeister sollen Dienstautos verlieren und Bus und Bahn nehmen
- Förderung, Unterstützung, Rahmenbedingungen Wie der Stadtrat über die Krise bei Ford diskutiert
- Skandal um Stadthaus Kölner Stadtrat will 95-Millionen-Fonds auflösen
- CDU Wie Mandl zum Favoriten auf die OB-Kandidatur in Köln wurde
- Festkomitee erhöht Preise Für wen der Kölner Karneval jetzt teurer wird
- Budget um 90 Millionen erhöht Kölner Stadtrat gibt erneut Aufklärung des Bühnen-Desasters in Auftrag
Breite sagte: „Die Jahresabschlüsse sind die Grundlage für alles: Wenn die schon nicht stimmen, dann wird auch alles andere nicht stimmen.“ In den Abschlüssen notieren die Bühnen als städtischer Eigenbetrieb ihre Finanzlage. Bei den Bühnen arbeiten 850 Beschäftigten, sie entwickeln Opern-, Kinderoper-, Schauspiel- und Tanzproduktionen.
Kölner Bühnen: Politiker nannte Anlagepolitik „desaströs“
Wasserbauer war schon 2021 in der Kritik, weil er 15 Millionen Euro bei der Greensill-Bank angelegt hatte, um Negativzinsen zu vermeiden. Doch die Bank ging insolvent, der Totalverlust des Geldes droht. Die Stadt versucht, das Geld per Klage zurückzuerhalten. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau hatte die Anlagepolitik der Bühnen damals „desaströs“ genannt.
Klaus Kröhne als stellvertretender Geschäftsführer vertrat Wasserbauer im Ausschuss, er bestätigte, dass die Arbeit an den Abschlüssen „etwas zu viel Zeit in Anspruch genommen“ hat. Der Bericht für 2021/2022 war seiner Aussage nach schon mal fertig, doch dann gab es doch noch offene Fragen, die geklärt werden mussten. Nun soll er laut Kröhne im November vorliegen.
In einer schriftlichen Begründung der Bühnen für die Politik war unter anderem auch die Rede von personellen Engpässen. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Sandra Schneeloch, nannte das keine „validen Entschuldigungen“. Und: „Wenn Sie nicht beweisen können, dass sie die Zahlen für das Gesamtwerk Bühnen im Griff haben, wie sollen wir dann nach vorne schauen? Das ist für mich absolut unbegreiflich.“
Die jüngsten Sitzungen der politischen Ausschüsse zeigen, dass die Bühnen-Verantwortlichen bei einem großen Teil des Rates das Vertrauen verloren haben – und das in einer Situation, in der sie das Gremium wohl noch dieses Jahr erneut um weitere rund 90 Millionen Euro bitten müssen.
Einerseits fehlt den Politikerinnen und Politikern laut ihren Aussagen wegen der fehlenden Jahresabschlüsse das Vertrauen. Und andererseits verlieren sie das Vertrauen in Geschäftsführung und Verwaltung wegen der erneuten Kostenexplosion und Verzögerung am Offenbachplatz. Das führte sogar dazu, dass sich Ausschussmitglied Ralf Klemm (Grüne) in der Sitzung entschuldigte, er sagte: „Ich möchte mich bei den Bürgerinnen und Bürgern entschuldigen, dass ich gutgläubig war.“
Ende August hatte die Verwaltung nach einer – erneuten – Fehleranalyse eine Kostenexplosion um rund 90 Millionen Euro auf bis zu 798 Millionen Euro mitgeteilt. Inklusive der Interims- und Finanzierungskosten belaufen sich die Kosten auf rund 1,5 Milliarden Euro.
Bauende nun für 2025 anvisiert
Das Tempo auf der Baustelle ist zu langsam, der neue Projektmanager Jürgen Marc Volm hat im Sommer mit Baudezernent Markus Greitemann übernommen. Laut Verwaltung werden Oper, Schauspiel, Kinderoper und Kleines Haus nach dreizehneinhalb Jahre Sanierung frühestens Ende 2025 fertig sein und mutmaßlich erst 2026/2027 komplett eröffnen.
Laut Vize-Fraktionschef Christian Achtelik gibt es bei Volt sogar Stimmen, die „drastische Maßnahmen“ fordern. Ob es sich wie von der SPD gefordert um einen Baustopp handelt, bestätigte Achtelik auf Nachfrage nicht, demnach diskutiert die Fraktion alle möglichen Optionen.
Am Mittwoch will die Verwaltung ausgewählten Politikerinnen und Politikern auf der Baustelle die Gründe für die erneuten Probleme erklären. Greitemann sagte auch kaum verhohlen, dass die Verwaltung personelle Konsequenzen gezogen hat: „Wir haben komplett analysiert und Managemententscheidungen getroffen bezüglich der Personen, die auf der Baustelle agieren. Sowohl was die Projektsteuerer als auch die Objektüberwacher und auch die Bauschaffenden betrifft.“
Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) der Stadt Köln soll die erneute Verzögerung und Kostenexplosion untersuchen. Das sieht ein Antrag des Mehrheitsbündnisses von Grünen, CDU und Volt für die Sitzung des Stadtrates am 1. Oktober vor. Greitemann kündigte an, die Informationen zur Verfügung zu stellen, die er bei der Neuaufstellung gewonnen hat.