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Nach 45 JahrenWarum der Kölner Design-Laden „Magazin“ schließt

Lesezeit 4 Minuten
Klaus Wolter in seinem „Magazin“ an der Aachener Straße

Klaus Wolter in seinem „Magazin“ an der Aachener Straße

Vor 45 Jahren gründete Klaus Wolter das Design-Geschäft „Magazin“. Doch nun verabschiedet sich der 72-Jährige von seinem Lebenswerk.

„Herr Wolter, ich kann das gar nicht glauben. Da geht ja eine Ära zu Ende.“ Die Kundin im „Magazin“ an der Aachener Straße ist sichtlich berührt. Klaus Wolter (72), Gründer und Chef des Design-Ladens, konnte sich schon länger an den Gedanken gewöhnen, dass nach 45 Jahren nun Schluss ist. Obwohl es auch ihm sichtlich schwerfällt: „Ich habe mein Leben im ‚Magazin‘ verbracht.“ Jetzt sei es aber Zeit, sich zu verabschieden. Ende des Jahres schließt er.

1979 hatte der Kölner nach seinem Grafikdesign-Studium das Geschäft gegründet, zunächst in der Lütticher Straße und mit dem Schwerpunkt auf Accessoires. „Zeitgeistig“ war das Motto und das bedeutete damals „High Tech“-Look ohne Schnickschnack. „Das Wort ‚Magazin‘ bedeutet ja auch ‚Lager‘ – und so wurde die Ware auch präsentiert.“ Auf langen Metallregalen standen Gläser und Deko.

Der erste Verkaufsschlager im „Magazin“ war Lackfolie

Der Verkaufsschlager war Lackfolie, die damals als Tischdecke der letzte Schrei war. „Davon haben wir Kilometer verkauft. Die Leute haben uns die Bude eingerannt.“ Die Folie hatte die Artikelnummer 420.001, das weiß er noch heute. Außerdem sehr beliebt war eine Lampe, die wie eine Gans aussah – heute noch in Kölner Haushalten zu finden. Polster und Stoffe gab es nicht. Vor 45 Jahren war ein solches Sortiment durchaus eine kleine Revolution. Da stand oft noch die Schrankwand rustikal im Wohnzimmer, der erste deutsche Ikea war erst 1974 eröffnet worden.

Alles zum Thema Aachener Straße (Köln)

Der Laden lief und Wolter erweiterte das Angebot mit italienischen Design-Möbeln und -Leuchten. Er zog in größere Räume an die Luxemburger Straße in Uni-Nähe und breitete sich bald auf mehrere Häuser aus. Der Firmenname in der markanten Schablonenschrift hat sich so im Gedächtnis vieler Kölner festgesetzt. Zwischenzeitlich verließ Klaus Wolter kurz das Glück, er ging insolvent, aber berappelte sich wieder.

Aachener Straße war damals noch keine Gastro-Meile

2001 wechselte er in das Haus Aachener Straße 40 im Belgischen Viertel, eine ehemalige kleine Fabrik mit 730 Quadratmetern und wertvollen elf Parkplätzen im Hof. Damals sah die Nachbarschaft noch ganz anderes aus. Das „Balthasar“ war eine ganz normale Kneipe und hatte noch keine Ableger. „Und die Metzgerei Schmitz war wirklich eine Metzgerei. Da habe ich noch Fleisch gekauft.“ Es gab noch einen Altreucher und einen Laden mit dem schönen Schild „Obst Gemüse Lebensmittel“, erzählt er. „Da stand im Herbst immer eine riesige Kiste Kürbisse davor.“

Wolter erlebte live mit, wie sich der Abschnitt der Aachener Straße zur Gastro-Meile mit mehreren Schmitz-Lokalen und weiteren Restaurants mit viel Außengastronomie entwickelt. „Das bringt natürlich eine tolle Frequenz, möglicherweise auch ein paar Kunden.“ Doch das Publikum auf der Aachener Straße sei in der Regel jünger als die „Magazin“-Kundschaft. „Die ist mit mir älter geworden.“ Manchmal komme auch schon die zweite Generation. „Die sagen dann: Wir haben die Möbel von unseren Eltern geerbt und wollen die Einrichtung jetzt vervollständigen.“

Klaus Wolter konzentrierte sich auf Möbel und Leuchten, durchaus hochpreisig, aber „niederschwelliger“ präsentiert als in den Läden der Kölner „Möbelmeile“ wie etwa Pesch. Accessoires verkauft er schon seit langem nicht mehr. „Das habe ich dem Internet überlassen.“ Gerade bei Deko fragten die Kunden schnell: „Was, warum ist das denn so teuer?“ Stattdessen berät er bei der Einrichtung von Wohnungen, Büros und Praxen. Das Geschäft mit der Beleuchtung sei sehr stabil, für Möbel sei die Zeit allgemein nicht so gut. „Die Leute geben im Moment mehr Geld für Reisen aus.“ Und jünger Leute stünden auch eher auf skandinavisches Design.

Wirtschaftlich sei es aber gut um den Laden bestellt. Doch irgendwann sei es auch genug, ständig ans Geschäft zu denken. „Ich bin immer Magazin“, beschreibt Wolter den Druck. Er suchte einen Nachfolger, fand aber niemanden. „Es war eine tolle Zeit, aber jetzt ist Schluss.“ An diesem Samstag beginnt der Ausverkauf. Zwei treue Begleiter, die fast von Anfang an im Sortiment waren, sind auch zu haben: ein Stuhl mit einem Traktorsitz und die große Scheinwerfer-Lampe, die aussieht wie aus einem Hollywoodstudio der 1920er Jahre. Zeitlose Klassiker. Klaus Wolter ist gespannt auf ein neues Kapitel in seinem Leben. Auf dem Parkplatz im Hinterhof steht sein Wohnmobil.