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KorruptionsverdachtKölner CDU selbst hat laut Bauinvestor um Spende gebeten

Lesezeit 4 Minuten
Der Entwurf für das neue Laurenz-Carré mit Senats-Hotel an der Straße Unter Goldschmied.

Der Entwurf für das neue Laurenz-Carré mit Senats-Hotel an der Straße Unter Goldschmied.

Hat die CDU im Rat im Sinne der Gerchgroup gestimmt, die am Dom baut? Die Bundes-CDU hat eine Selbstanzeige gestellt, um das zu klären.

Laut des Vorstandsvorsitzenden der Gerchgroup, Mathias Düsterdick, hat der Düsseldorfer Projektentwickler im Jahr 2017 der CDU 50.000 Euro gespendet – aber nachdem die Kölner CDU das Unternehmen zuvor darum gebeten hatte. Und nicht etwa, weil das Unternehmen von selbst auf diese Idee gekommen wäre. Düsterdick sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Donnerstag: „Wir sind vom CDU-Kreisverband angefragt worden, für den Bundestagswahlkampf zu spenden.“ Die Bundestagswahl fand am 24. September 2017 statt.

Düsterdicks Aussage rückt die Spende und die Frage, ob sie gegen das Parteiengesetz verstößt, in ein neues Licht. Es geht um die Frage, ob die Ratsfraktion der CDU wegen der Spende im Stadtrat im Sinne der Gerchgroup entschieden hat und sich für weniger öffentlich geförderten Wohnungsbau im „Laurenz-Carré“ am Dom ausgesprochen hat. Er gilt wegen der relativ geringen Mieten als wenig lukrativ.

Hat CDU gegen Parteigesetz verstoßen?

Düsterdick bezeichnet diesen Verdacht als „Schwachsinn“, trotzdem hat die Bundes-CDU sich am 28. September vorsorglich bei der Bundestagsverwaltung selbst angezeigt. Sie prüft nun, ob mit der Spende eine Erwartungshaltung verbunden war. Laut Parteiengesetz sind Spenden verboten, „die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden“.

Laut Düsterdick hatte die Kölner CDU die Spende konkret für den Bundestagswahlkampf angefragt und nicht wegen des „Laurenz-Carré“. Das hatten zuvor auch der damalige Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau und der damalige Schatzmeister Ralph Elster mitgeteilt. Petelkau sagte am Donnerstag zur Frage, ob die Kölner CDU selbst die Gerchgroup um die Spende gebeten habe: „Dazu kann ich momentan nichts sagen.“

Das prominenenteste Gebäude am Laurenz-Carré in einer Visualisierung dargestellt.

Das prominenenteste Gebäude am Laurenz-Carré in einer Visualisierung dargestellt.

Rund 200 Meter südlich des Doms lässt die Gerchgroup ein neues Quartier mit 64 Wohnungen, einem Hotel und Gewerbe bauen, es heißt Laurenz-Carré. Sie investiert an der Stelle mehrere hundert Millionen Euro, hat aber im August Insolvenz angemeldet, davon sind die untergeordneten Projektgesellschaften für das Laurenz-Carré aber nicht betroffen. Aktuell herrscht dort ein Baustopp.

Die Gerchgroup war von Anfang an nicht angetan davon, in dieser Premium-Lage öffentlich geförderte Wohnungen mit relativ niedrigen Mieten zu bauen. Im Juli 2017 teilte das Unternehmen mit, die Grundstücke gekauft zu haben, im August folgte laut „Zeit“ und „Kontraste“ die Spende und im September stimmte die Ratsfraktion im Stadtentwicklungsausschuss gegen eine 30-Prozent-Quote für öffentlich geförderte Wohnungen im „Laurenz-Carré“. Wegen der Spende?

Linken-Fraktionsgeschäftsführer Michael Weisenstein sagte: „Es ist nicht auszuschließen, dass ein Zusammenhang zwischen den Interessen der Gerchgroup und dem Stimmverhalten der CDU besteht.“ Düsterdick wies das zurück, laut seiner Aussage wechselten die Grundstücke tatsächlich erst zum 1. Januar 2018 den Besitzer.

Die Baustelle des Laurenz-Carré im August.

Die Baustelle des Laurenz-Carré im August.

Anders als 2017 stimmte die CDU-Fraktion in den Jahren 2020 und 2023 aber für den Wohnungsbau an der Stelle und gegen die Interessen der Gerchgroup. Dieses Abstimmungsverhalten führte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz als Verteidigung gegen den Korruptionsverdacht an. Laut Düsterdick können an der Stelle die Bedingungen für öffentlich geförderten Wohnungsbau ohnehin nicht erfüllt werden.

„Zeit“ und „Kontraste“ berichteten am Dienstagabend unter dem Titel „Korruptionsverdacht bei Kölner CDU“ zuerst über das Thema. Im schlimmsten Fall droht der CDU eine Strafe von 150.000 Euro. Zuvor hatte die Landes-CDU nach Gesprächen mit der Kölner CDU das Thema nach Berlin weitergeleitet. Laut Düsterdick hatte die Gerchgroup 2017 direkt an die Bundes-CDU gespendet. Ein Sprecher der Bundes-CDU sagte auf Nachfrage dazu am Mittwochnachmittag: „Die Spende ist definitiv an die Kölner CDU gegangen.“

Hexenjagd auf Petelkau?

Seit der Neuwahl des Parteivorstandes um den neuen Chef Karl Mandl ploppen immer wieder neue Details zu den Finanzproblemen auf, unter anderem drücken die Partei rund 250.000 Euro Schulden, sie musste sich deshalb Geld beim Kreisverband Borken leihen. Zudem trieb sie über Jahre keine ausstehenden Mitgliedsbeiträge ein. Im März bildete sich nach der Wahl ein neues Vorstandsteam aus den zuvor gegeneinander kämpfenden Lagern: auf der eine Seite die Unterstützer des langjährigen Parteichefs Petelkau. unter anderem Bundestagsmitglied Serap Güler und der Landtagsabgeordnete Florian Braun. Auf der anderen Seite die Vertreter der innerparteilichen Opposition „Zukunft jetzt“ um Mandl, dazu zählen Janina Jänsch und Thomas Schneider. Die Hoffnung war mehr Einigkeit in der Partei.

Der Vorstand hat nun eine Analyse der Parteifinanzen angekündigt. Wie viele Jahre diese zurückreicht, ließ Mandl unbeantwortet. Manche in der Partei sprechen von einer „Hexenjagd“, vermuten den Versuch, Petelkau derart zu beschädigen, dass der frühere Parteichef nicht auf den Gedanken kommt, 2025 nochmal für das Amt zu kandidieren. Mandl sagt dazu, dies sei „Blödsinn“.