Die endgültige Entscheidung über den Ausbau der Ost-West-Achse muss der Kölner Stadtrat am Donnerstag fällen.
Bisherige Arbeit obsoletNeue Planungen für Kölner Ost-West-Tunnel sind laut Egerer nötig
Trotz der Warnungen des Verkehrsdezernenten Ascan Egerer hat das Tunnelbündnis aus CDU, SPD und FDP am Dienstag mit der knappen Mehrheit von sieben Stimmen im Verkehrsausschuss des Stadtrats entschieden, den umstrittenen Ausbau der Ost-West-Achse als große Lösung anzugehen, obwohl man damit Gefahr läuft, mit den Planungen ganz von vorne beginnen zu müssen. Die Tunnelgegner hatten noch einmal vergeblich versucht, das Thema zu vertagen.
Die endgültige Entscheidung muss nun der Stadtrat in seiner Sitzung am Donnerstag treffen. Dort haben die Tunnel-Befürworter mit 44 Stimmen keine Mehrheit, die Unterstützer der oberirdischen Ausbauvariante verfügen aber nur über 39 Stimmen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) soll sich nach Angaben der Ratsmitglieder Teresa de Bellis-Olinger (CDU) und Ralph Sterck (FDP) dazu bereiterklärt haben, das Tunnelbündnis mit ihrer Stimme zu unterstützen. Bei der Abstimmung reicht die einfache Mehrheit. Insgesamt hat der Rat einschließlich der OB 91 Mitglieder.
Ost-West-Tunnel: Ascan Egerer lässt Bombe platzen
Es ist 17.32 Uhr, als Ascan Egerer nach einer hitzigen Debatte die Bombe platzen lässt. Bei dem Vorschlag des Tunnelbündnisses handele es sich um eine völlig neue Planung. „Die bisherige Planung ist dann obsolet“, so Egerer. „Da können wir an den meisten Stellen nicht drauf aufsetzen. Wir steigen wieder in der Leistungsphase null ein, derzeit sind wir in der Phase zwei.“
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Das habe weitreichende Folgen: Man könne keinen Förderantrag stellen. Die Ost-West-Achse sei ein Gesamtprojekt, das von Bensberg bis nach Weiden West reiche. Wenn man das nun in ein neues Konzept mit Metrolinien umwandele, sei das mit einem erweiterten Planungsbeschluss nicht zu machen. „Wir können dann also nicht außerhalb der Innenstadt mit der Umsetzung beginnen. Wir brauchen definitiv eine klare Entscheidung für den Bereich Innenstadt.“ Unterirdischer oder oberirdischer Ausbau? „Sonst geht das Projekt an dieser Stelle nicht weiter.“
Diskussion um 90-Meter-Langzüge in Köln
Daran hängt aus Sicht des Verkehrsdezernenten auch die Frage des Ausbaus der Linie 1, um dort künftig mit 90-Meter-Langzügen fahren zu können. „Wir können mit Provisorien arbeiten. Rein faktisch wird es nicht funktionieren, im mittleren Bereich jetzt einen Teilausbau mit der Straßenbahn zu machen. Dieser verkehrliche Nutzen wird bei einer späteren Nutzen-Kosten-Untersuchung eine Rolle spielen. Wir haben viele Beschlüsse zurückgestellt, die dann später auf das Gesamtprojekt nicht mehr anwendbar sind.“
In der hitzigen Debatte, die der Abstimmung vorausging, hatte Ratsmitglied Lars Wahlen (Grüne) das Tunnelbündnis als „Beton-Fraktion“ bezeichnet und von „Verantwortungslosigkeit“ besprochen. Für die Tunnel-Befürworter räumte Ralph Sterck (FDP) ein, dass mit Teilen der Planung neu begonnen werden müsse. „Aber Freunde! Wir schaffen etwas für künftige Generationen.“
Das Tunnelbündnis hatte am vergangenen Freitag einen gemeinsamen Plan vorgestellt, der deutlich über den Bau des umstrittenen 2,7 Kilometer langen Tunnels zwischen dem Heumarkt und dem Aachener Weiher hinausgeht und nach den bisherigen Berechnungen 1,06 Milliarden Euro kosten soll. Die von den Grünen bevorzugte und den kleineren Ratsfraktionen unterstützte oberirdische Variante wäre mit kalkulierten 110 Millionen Euro deutlich billiger.
Kölner Tunnelbündnis legt Verkehrskonzept für die KVB vor
Die U-Bahn-Befürworter legen mit ihrem Änderungsantrag für die Ratssitzung ein gesamtes Verkehrskonzept für die KVB vor, das sich ihrer Auffassung nach bis 2050 durchsetzen ließe. Es unterteilt das Stadtbahnnetz grundsätzlich in drei Kategorien.
Vier sogenannte Metrolinien sollen die Millionenstadt Köln besser mit dem Umland verbinden und den rund 300 000 Einpendlern täglich eine attraktive Alternative zum Auto bieten. Diese Metrolinien fahren grundsätzlich unter der Erde oder oberirdisch möglichst kreuzungsfrei auf eigenen Gleiskörpern.
Der Ausbau der Ost-West-Achse soll zunächst provisorisch zwischen Heumarkt und Aachener Weiher oberirdisch erfolgen, um möglichst schnell mehr Kapazitäten für die bestellten 90-Meter-Langzüge zu schaffen. Die eigentliche Ost-West-U-Bahn wird nach den Vorstellungen des „Tunnelbündnisses“ deutlich über diese Strecke hinausgehen, unter dem Rhein bis zum Deutzer Bahnhof und linksrheinisch unter der Dürener Straße bis zum Militärring verlängert werden.
Kölner Linke wollen keine 90 Meter langen Züge
Für die Linke haben die U-Bahn-Pläne von CDU, SPD und FDP zwei Kernpunkte. Alles andere seien Wunschvorstellungen. Schon am Vormittag hatten die Tunnelgegner bis auf Grüne und Volt zu einer gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen. Erstens der oberirdische Ausbau „in provisorischer Form, was immer das heißen soll“, sagte Angela Bankert, die als sachkundige Einwohnerin für die Linke im Verkehrsausschuss sitzt. Zweitens der Bau eines langen Tunnels, der vom Deutzer Bahnhof unter dem Rheinufer hindurch bis zum Aachener Weiher führt.
„Das ist das fünf Jahre alte SPD-Konzept.“ Alle anderen Erweiterungen des KVB-Netzes einschließlich der Metrolinien seien Visionen, die alle auch „in der Roadmap 2032 der Stadt Köln stehen“. Das gelte auch für den Anschluss der Stadteile Mülheim-Süd, Flittard, Stammheim „bis raus nach Niederaußem und ist überhaupt nichts Neues.“ Bis auf die Tatsache, dass der KVB-Vorstand im Sommer eine Streichliste präsentiert habe, auf der alle diese Projekte verzeichnet seien. „Nur die Fertigstellung der Nord-Süd-Stadtbahn und die Ost-West-Achse sind übriggeblieben“, so Bankert.
Die Linken fordern neben dem oberirdischen Ausbau auch den Verzicht auf den Einsatz von 90 Meter langen Zügen auf der Linie 1 und einen dichteren Fahrplantakt mit versetzten Bahnsteigen am Heumarkt und Neumarkt. Überdies müsse die KVB ihre Streichliste zurücknehmen.
CDU, SPD und FDP „kloppen sechs Jahre Planung in die Tonne“
Aus Sicht des parteilosen Ratsmitglieds Thor Zimmermann werde das Konzept der Tunnel-Befürworter dazu führen, dass die Stadt mit ihrer Planung noch einmal ganz von vorn beginnen muss. „Was CDU, SPD und FDP da vorhaben, ist ein komplett neuer Antrag. Damit kloppen sie sechs Jahre Planung in die Tonne.“ Bei der letzten Ratsentscheidung 2018, parallel die Varianten oberirdisch und unterirdisch zu untersuchen, habe der ehemalige KVB-Vorstandschef Jürgen Fenske davor gewarnt, den damals von SPD und Linken geforderten Rheintunnel aufzunehmen. „Mit den Worten, das sei ein Projekt für künftige Generationen“, so Zimmermann.
Auch das Ratsbündnis aus Klimafreunden und Gut fürchtet, dass das Konzept von CDU, SPD und FDP ein neues Verfahren erforderlich macht. „Wir wissen weder, ob das förderfähig ist, noch halten wir die Metrolinien-Debatte für zeitgemäß. Für die Barrierefreiheit dieser Stadt tun wir damit auch nichts“, so Ratsfrau Karina Syndicus. „Die Aufzüge und Rolltreppen bei der U-Bahn funktionieren doch jetzt schon nicht.“
Die Fraktion lehnt beide Ausbauvarianten mit der Begründung ab, bevor nicht ein gesamtstädtisches Konzept für den öffentlichen Nahverkehr auf dem Tisch liegt. „Die Tunnel-Befürworter beziehen sich auf den Gesamtverkehrsplan von 1956. Das sagt doch alles“, so Ratsherr Michael Hock. „Auch erscheint uns die Kosten-Nutzen-Abwägung nicht plausibel.“