Momentan gibt es weder eine Mehrheit für noch gegen den U-Bahn-Tunnel in der Innenstadt. Die Fraktionen wollen sich nun eine andere Lösung überlegen.
Planungen „für die Tonne“?Kölner Ratsfraktionen verhandeln über Alternativlösung für die Ost-West-Achse
Nach dem Vorstoß der SPD, den Ausbau der Ost-West-Achse weder auf rein oberirdischem noch unterirdischem Weg zu vollziehen, bringen auch andere Fraktionen Änderungen an der Beschlussvorlage ins Spiel. Es wird immer wahrscheinlicher, dass der Stadtrat sich in diesem Jahr für keine der beiden von der Verwaltung vorgelegten Varianten entscheiden wird – jedenfalls in der Form, in der sie aktuell vorliegen.
„Die Vorlage hat Optimierungsmöglichkeiten“, sagt Teresa De Bellis-Olinger, verkehrspolitische Sprecherin der CDU. „Wir arbeiten an einer Lösung, die breit getragen werden kann und sprechen mit allen demokratischen Fraktionen.“ Man wolle eine Entscheidung in diesem Jahr erwirken, damit die Ost-West-Achse nicht erneut zum Thema im kommenden Kommunalwahlkampf wird.
SPD hatte Tunnel unter dem Rhein vorgeschlagen
Aktuell stehen zwei Varianten zur Auswahl. Entweder ein rein oberirdischer Ausbau der Ost-West-Achse oder ein U-Bahn-Tunnel zwischen dem Heumarkt und dem Aachener Weiher. Die Stadt hofft hierfür auf großzügige Fördergelder von Land und Bund, die bis zu 95 Prozent der Kosten tragen könnten. Der oberirdische Ausbau wird mit 193 Millionen Euro veranschlagt, der Tunnel mit 1,06 Milliarden Euro.
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Die SPD hat nun als Alternative ihren sechs Jahre alten Vorschlag wieder hervorgeholt. Demnach soll der Tunnel länger sein und unter dem Rhein von Deutz bis zur Universitätsstraße führen. Die Linie 7, die dann Zündorf und Sülz miteinander verbinden soll, soll auf der Strecke der bisherigen Linie 9 weiterhin oberirdisch fahren. So soll auch eine tatsächliche Kapazitätserhöhung auf der Strecke möglich werden.
Lino Hammer, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen und Vorsitzender des Verkehrsausschusses, sagt: „Wir Grüne stehen weiterhin zum oberirdischen Ausbau der Ost-West-Achse. Nur so können wir die dringend benötigten Kapazitäten für mehr Fahrgäste auch zügig umsetzen.“
Fraktionen verhandeln intern über neue Variante für die Ost-West-Achse
Nur: Für den rein oberirdischen Ausbau oder die „kurze“ Tunnellösung, wie sie die Beschlussvorlagen vorschlagen, gibt es jeweils keine Mehrheit. Grüne und Linke befürworten den oberirdischen Ausbau, CDU, FDP und Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) den Tunnel. Offiziell verharren die großen Ratsfraktionen aktuell noch bei ihren bisherigen Positionen. „Wenn wir den Tunnel an dieser Stelle jetzt nicht bauen, vergeben wir eine Jahrhundertchance“, sagt Teresa De Bellis-Olinger. Doch im Hintergrund arbeiten die Fraktionen längst daran, wie für alle eine gesichtswahrende Lösung gefunden werden kann.
Von Isabella Venturini (Volt) heißt es dazu nur kryptisch: „Zwei Punkte sind für uns nicht verhandelbar: Eine politische Entscheidung noch in diesem Jahr und eine zeitnahe Verbesserung auf der Ost-West-Achse. Auf dieser Grundlage beteiligen wir uns an der Diskussion über Änderungen an der Verwaltungsvorlage.“ FDP-Fraktionschef Ralph Sterck bleibt bei der Befürwortung einer U-Bahn, sagt aber: „Für eine Abstimmung über diese so wichtige Entscheidung über Kölns verkehrliche und stadtgestalterische Zukunft braucht es eine Mehrheit. Als FDP sind wir hier entscheidungsfähig, es sind aber noch nicht alle Vorschläge ausdiskutiert.“
Die Kölner erwarteten berechtigterweise eine Entscheidung. „Hätte die SPD bereits 2018 mehr Sach- und weniger Machtpolitik betrieben, läge zu ihrem alten Vorschlag der doppelten Ost-West-Achse bereits eine Planung vor“, so Sterck. Angela Bankert (Linke), sagt zum SPD-Vorschlag: „Jetzt behauptet die SPD, ein noch gigantischeres Projekt sei förderfähig. Das ist nicht nachvollziehbar.“
Linke kritisieren „Planungen für die Tonne"
Denkbar wäre als Alternativlösung nun beispielsweise ein in einem ersten Schritt oberirdischer Ausbau, der zeitnah die Situation auf der Ost-West-Achse verbessern soll. Ein Tunnel, der dann auch größer gedacht werden könnte, könnte in Zukunft als zweiter Schritt folgen. Mit einem Baubeginn in den nächsten Jahren wäre dann aber nicht zu rechnen. Fraglich ist zudem, wie viel von den bisher geleisteten Vorplanungen für einen geänderten Beschluss zur Ost-West-Achse verwendbar wären – oder ob die Planung grundsätzlich neu aufgelegt werden muss.
Albert Meinhardt (ebenfalls Linke) kritisiert deshalb, dass nun „im Wochentakt neue Vorschläge kommen“ und andere Fraktionen „die bisherigen Planungen in die Tonne hauen“ wollen. Dann wolle man auch einen eigenen Vorschlag noch einmal diskutiert sehen: Doppelte Bahnsteige am Heu- und Neumarkt, mit denen Taktverdichtungen möglich seien. Der Fokus für die Linke liege weiterhin bei einem oberirdischen Ausbau.