Bei der Europa-Versammlung von Volt in Erfurt hat eine Kölner Politikerin zu einem Vergleich gegriffen, von dem sich auch Volt Köln distanziert.
Elisabeth LeifgenKölner Volt-Politikerin tritt nach Holocaust-Vergleich zurück und entschuldigt sich
Bei der Abschluss-Versammlung der Partei Volt zur Wahl der Kandidaten für die Europawahl in Erfurt ist es am Wochenende zu einem Eklat gekommen. Eine Rednerin auf der Bühne zog einen kruden Vergleich mit der NS-Zeit. Die Frau, bei der es sich um die Kölner Volt-Politikerin Elisabeth (Lis) Leifgen handelt, bezog sich in ihrem Beitrag am Samstagabend auf das Thema Gleichstellung, Pragmatismus und einen möglichen Verrat an den eigenen Parteiwerten.
Leifgen sagt in dem Ausschnitt zum Thema, der am Sonntag beim Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, die Runde macht: „Wenn ihr alle Juden umbringen wollt, ist ein KZ zu bauen echt eine gute Idee.“ Eigentlich wollte Leifgen über Frauenrechte sprechen, zog aber diesen Vergleich offenbar als Beispiel für falschen Pragmatismus heran. Im Publikum war Unruhe zu bemerken, und sie entschuldigte sich auch kurz darauf für den Vergleich. Es gab einen Ordnungsruf. Leifgen musste ihren Beitrag dann ohnehin stoppen, da ihre Redezeit vorbei war.
Kölner Volt-Politikerin Leifgen mit Selbstanzeige nach Holocaust-Vergleich
Offenbar gab es bei der Volt-Versammlung direkt keine Konsequenzen für Leifgen. Erst im Nachhinein erfolgte am Sonntag eine Reaktion. Die Anwesenden seien erschüttert gewesen, heißt es in einer Antwort des X-Accounts von Volt Deutschland auf den Rede-Ausschnitt. Leifgen – es ist nur die Rede von der „Person“ – habe Selbstanzeige erstattet. Man verurteile den Vorfall, distanziere sich und prüfe weitere Schritte.
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In einem Statement der Partei heißt es überdies, man stufe die Entgleisung als „Shoa-Relativierung“ ein. „Bei Volt ist kein Platz für diese Form abscheulicher Vergleiche und wir verurteilen diesen Vorfall scharf“, steht dort weiter.
Leifgen selber entschuldigte sich am Sonntag in einem langen Statement bei X für ihre Äußerungen.
Elisabeth Leifgen tritt als Vize-Parteivorsitzende bei Volt in Köln zurück
Volt bezeichnet sich selber als „Europa-Partei“. Sie ist auf kommunaler Ebene insbesondere in Großstädten vertreten. Neben Köln ist die Partei an den Stadtregierungen in München, Bonn, Frankfurt am Main, Darmstadt und Wiesbaden beteiligt.
In Köln ist Volt der kleinste Partner im Bündnis mit Grünen und CDU. Vier Sitze entfallen hier auf Volt. Fraktionsvorsitzende ist Jennifer Glashagen. Die 33-jährige Elisabeth Leifgen war bis zum Wochenende stellvertretende Parteivorsitzende (bei Volt „City Lead“ genannt) in Köln. Zudem ist sie als Referentin bei der Volt-Fraktion im Rat der Stadt Köln angestellt. Von ihrem Amt im Parteivorstand trat sie am Sonntagmorgen nach den Ereignissen von Erfurt zurück, wie die Partei auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Sonntagnachmittag mitteilte.
Auch im NRW-Landesvorstand von Volt war Leifgen offenbar bis 2022 vertreten.
Kölner Volt-Fraktion meldet Vorfall beim Bundesverband RIAS e.V.
Andrea Browers, Parteivorstand von Volt Köln, teilte am Sonntag mit: „Ich bin von der Aussage entsetzt. Sie ist nicht mit den Werten von Volt vereinbar.“ Man begrüße den Rücktritt Leifgens.
Seit Sonntagabend ist auf der Website von Volt Köln darüber hinaus ein Statement zu lesen. Von der Aussage Leifgens distanziere sich Volt Köln in aller Deutlichkeit: „Wir verurteilen die Relativierung der Shoa auf das Schärfste“, heißt es. Dies sei mit den eigenen Werten „in keinster Weise“ vereinbar und „untolerierbar“. „Die Fraktion hat den Vorfall darüber hinaus beim Bundesverband RIAS e.V. gemeldet“, steht dort weiter. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) ist eine Monitoringeinrichtung für antisemitische Handlungen.
Die Fraktion beriet am Montag in einer Sonderfraktionssitzung über den Vorfall. Elisabeth Leifgen ist seit Dezember 2020 Referentin bei der Volt Fraktion im Kölner Rat. Man habe nun „erforderliche Schritte“ für arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet, hieß es. Auch Fraktionschefin Glashagen verurteilte Leifgens Aussagen: „Volt wurde gegründet, um gegen jede Form von Nationalismus und Rechtsextremismus einzustehen“. Die Partei setze sich für den Schutz der jüdischen Gemeinde und Menschen in Köln ein.
Kölner Volt-Politikerin Elisabeth Leifgen entschuldigt sich
Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit entschuldigte sich Leifgen am Sonntag in einem beim Kurznachrichtendienst X veröffentlichten Beitrag für ihre Äußerungen. In einem langen Statement wendet sie sich an die jüdische Gemeinde „und all jene, die ich verletzt habe“. Sie schäme sich zutiefst für den Vergleich, den sie angestellt habe.
„Sobald die Worte meinen Mund verlassen hatten, habe ich bereut, was ich von mir gegeben hatte“, schreibt sie. Sie werde sich bei der jüdischen Gemeinde melden und das persönliche Gespräch suchen.
Leifgen legte den Account bei X offenbar am Sonntag allein aus dem Grund an, um sich zu entschuldigen. Sie hat (Stand 17.30 Uhr am Montagabend) erst vier Follower. So ist zu erklären, dass ihre Erklärung bislang unbeachtet blieb.
Fraktion LINKE/Volt im Regionalrat sagt nach Vorfall mit Elisabeth Leifgen Klausurtagung ab
Die Vorgänge rund um die Äußerungen von Elisabeth Leifgen haben eine weitere Konsequenz: Die Fraktion Linke/Volt sagt eine geplante öffentliche Klausurtagung im Bildungszentrum der Burg Vogelsang für Samstag (23. September) ab. Vogelsang ist eine ehemalige Ordensburg der Nationalsozialisten. „Wir empfinden es unangebracht, uns an diesem Ort eine Woche nach solchen Aussagen zu versammeln“ so der Fraktionsvorsitzende Friedrich Jeschke. Er bittet die jüdischen Freundinnen und Freunde um Entschuldigung.
Regionalräte sind in Nordrhein-Westfalen bei den Bezirksregierungen angesiedelte, kommunal besetzte Gremien, die über Aufgaben in der Regionalentwicklung entscheiden. Die Zusammensetzung seiner stimmberechtigten Mitglieder richtet sich nach den Ergebnissen der Kommunalwahlen. Im Regionalrat Köln bilden die Mitglieder von Linke und Volt eine Fraktion.