Köln – Der Plan der Stadtverwaltung, gleich neben der Stadtbibliothek einen provisorischen Drogenkonsumraum aufzubauen, stößt im Stadtrat auf Widerspruch. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete, will die Sozialverwaltung beim Aufbau neuer Drogenhilfeangebote anders vorgehen, als es der Rat beschlossen hat. Der Stadtrat wollte ein mobiles Angebot, bis eine Dauerlösung in Neumarktnähe eingerichtet wird.
Die Verwaltung schlägt nun einen zweiten Zwischenschritt vor. 2020 könnte ein größeres Gebäude in Leichtbauweise hinter der Stadtbibliothek errichtet werden, das dann für rund zwei Jahre ein mobiles Angebot in der Jabachstraße ablösen soll.
Dieses stationäre Angebot biete mehr Plätze, bessere sanitäre Einrichtungen und bessere Bedingungen für Aufenthalt und Beratung der Drogenabhängigen. Die Idee ist mit der Kulturverwaltung und der Oberbürgermeisterin abgestimmt. Sie verspreche sich eine Verbesserung der Situation am Neumarkt und eine Entlastung für die Anlieger, so Henriette Reker. Alle Beteiligten müssten Verantwortung übernehmen.
Ortswahl sei „unverständlich“
Der Förderverein der Stadtbibliothek sieht das anders: In einem Brief an die OB nennt er die Ortswahl für das Übergangsgebäude „unverständlich“. Man sei „besorgt und erschrocken“, so die Vorsitzenden Anton Bausinger und Hans-Joachim Mohr. Keine andere Großstadt platziere einen Drogenkonsumraum neben einer Schule, einem Kindergarten oder einer Bibliothek. Die Stadtbücherei habe eine Fürsorgepflicht gegenüber ihrer jungen Klientel. Diese würde „erheblich verletzt“.
Es ist nicht nur die Standortfrage, die für Debatten sorgt. Die Politiker im Stadtrat ärgern sich über die Kommunikation der Verwaltung. Wenn ein Ratsbeschluss geändert werden soll, könne man erwarten, dass die Politiker in den Entscheidungsprozess einbezogen werden, so der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Ralf Unna von den Grünen. So fehlten immer noch Informationen über die zusätzlichen Kosten durch das doppelte Interim.
Kulturräume würden profitieren
Inhaltlich könnten die Grünen aber die Überlegungen der Stadtverwaltung nachvollziehen. Ähnlich hatte sich bereits die Linke geäußert. Das stationäre Angebot komme allen zugute, sagt die grüne Fraktionschefin Brigitta von Bülow. Auch die Kulturräume würden profitieren, weil der Drogenkonsum in ihrem Umfeld zurückgehen werde und ein direkten Ansprechpartner vor Ort sei, wenn es Ärger gebe.
Der Partner im schwarz-grünen Ratsbündnis sieht die Sache anders. „Wir haben im Rat beschlossen, ein mobiles Drogenhilfeangebot in Fahrzeugen zu schaffen“, so der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jürgen Strahl. Wenn die Verwaltung bereits jetzt feststelle, dass das mobile Angebot nicht ausreiche, „macht sie den zweiten vor dem ersten Schritt. Wir wollen, dass das mobile Angebot erst einmal etabliert und dann evaluiert wird, bevor weitere Maßnahmen in Betracht gezogen werden.“
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Auch SPD und FDP sind gegen „die extrem freie Interpretation des Ratsbeschlusses“, wie Bettina Houben von der FDP die Verwaltungsvorlage beschreibt. Der Vorschlag für den stationären Konsumraum in Leichtbauweise sei „nicht vernünftig und nicht zu realisieren“. Die SPD hält die Proteste gegen den Standortvorschlag für die „Containerlösung“ für berechtigt. Die Verwaltung solle auf die mobilen Lösungen setzen, „die für viel Geld angeschafft wurden“, so ihr gesundheitspolitische Sprecher Michael Paetzold. Anstatt eine zweite Übergangslösung aufzubauen, müsse schnellstmöglich eine dauerhafte Lösung realisiert werden.
Diese kündigt die Verwaltung für das Jahr 2022 an. Dann sollen Räume des Gesundheitsamtes in der Lungengasse für einen Drogenkonsumraum nutzbar sein.