Köln – Während die erste Prognose für die Landtagswahl um 18 Uhr dafür sorgte, dass die Teilnehmer der Wahlpartys von CDU und Grünen in Jubel ausbrachen, stand den Mitgliedern von SPD und FDP die Enttäuschung in die Gesichter geschrieben. Unklar war zu diesem frühen Zeitpunkt allerdings, wie das Ergebnis in Köln aussehen würde.
Die Wahlsiegerin feierte im Consilium. Als die erste NRW-Prognose die Party der Kölner CDU erreichte, brach sich Begeisterung Bahn. Die 35 Prozent der Stimmen in NRW quittierten die Kölner Christdemokraten mit Hochrufen und rhythmischem Klatschen. „Wir haben gemeinsam gekämpft, das hat sich ausgezahlt“, sagte Parteichef Bernd Petelkau.
Er und seine Parteikollegen identifizierten noch einen zweiten Grund zur Freude als das eigene Ergebnis: „Es reicht offensichtlich nicht für Rot-Grün“, rief Petelkau unter Applaus ins Mikrofon. Ministerpräsident Hendrik Wüst habe „ganz klar den Auftrag, die nächste Landesregierung zu bilden.“
CDU feiert Ministerpräsident Wüst – Heinen-Esser nicht vor Ort
Kölner Ergebnisse standen zu dem Zeitpunkt noch nicht fest. In den Wahlkreisen droht manchem CDU-Kandidaten durchaus Ungemach, Parteichef Petelkau inklusive, der sich im Kölner Westen gegen erstarkte Grüne zur Wehr setzen muss. Ex-NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser, die formal noch in der Innenstadt als Direktkandidatin zur Wahl stand, jedoch nach der Mallorca-Affäre vom Ministeramt zurücktrat und nicht mehr um einen Sitz im Landesparlament kämpfte, war nicht im Consilium zugegen. „Die ganze Sache ging ihr zu nah, ich bitte um Verständnis“, erklärte Petelkau.
Die SPD rechnete sich für Köln ein deutlich besseres Abschneiden im Vergleich zum gesamten Bundesland aus. „Historisch betrachtet haben wir in Köln immer mehr Stimmen bekommen als im Land“, sagte Fraktionschef Christian Joisten, der als Direktkandidat in Porz antrat.
Er vermute, dass viele Wählerinnen und Wähler ihre Erst- und Zweitstimmen zwischen zwei Parteien aufgeteilt hätten. „Wir haben auf Landesebene enttäuscht, aber die Landesregierung ist mit der Klatsche für die FDP abgewählt“, sagte Parteichefin Christiane Jäger.
Hoffen bei der SPD auf Kölner Zahlen
Die Sozialdemokraten hofften zu diesem Zeitpunkt noch darauf, dass es für eine rot-grüne Koalition reichen könnte, falls die FDP den Einzug in den Landtag verpassen sollte. „Aus Berlin wird es für diese Konstellation Rückenwind geben, falls es am Ende reichen sollte“, sagte Christian Joisten. Die Schnittmengen zwischen SPD und Grünen seien gerade in Nordrhein-Westfalen größer als die zwischen CDU und Grünen.
Bei den Grünen war die Euphorie um kurz nach 18 Uhr unterdessen groß. „Das ist unser historisch bestes Ergebnis“, sagte der Kölner Parteichef Frank Jablonksi, der sich im Süden der Stadt für ein Direktmandat beworben hatte. Ob es dafür reicht, ist aktuell noch nicht klar. Doch zufrieden war er schon kurz nach der ersten Prognose. „Wir sind mit unseren, grünen Themen ein großer Gewinner dieser Wahl geworden.“ Auch Co-Parteichefin Katja Trompeter sagte: „Die Menschen wollen die Grünen in der Landesregierung, das ist ganz klar.“
Grünen feiern bei NRW-Landtagswahl historisches Ergebnis
Mit diesen eigenen Themen werde man nun auch in die Koalitionsverhandlungen gehen, „mit wem auch immer“. Die Kölner Parteispitze ist bemüht, klarzustellen, dass es keinen Wahlkampf der politischen Lager gegeben habe. Das grüne Ergebnis soll für sich stehen.
Kaum jemand konnte wenige Minuten zuvor seinen Schreck verbergen, als der Balken der CDU überraschend auf 35 Prozent anwächst. Dass Rot-Grün bei der Mehrheit der Partei als Wunschkonstellation gilt, ist kein Geheimnis.
Und ein bisschen ließ man das auch durchblicken: „Die amtierende Landesregierung ist abgewählt“, sagte Trompeter. Berivan Aymaz, die seit fünf Jahren im Landtag sitzt, betont, dass es „viel zu früh“ sei, um über mögliche Koalitionen zu spekulieren. Mit dem klaren christdemokratischen Wahlsieg hat auch sie nicht gerechnet, eine „interessante Differenz“ liege zwischen Prognose und Umfragen. Aber: „Ich blicke auf den grünen Balken, der am stärksten gewachsen ist. Das ist eine klare Ansage.“
Es komme vieles zusammen, die gute Arbeit der Landtagsfraktion in der Opposition, die Arbeit der Bundesregierung und eine „großartige Parteibasis“ auf den Straßen. Nun gelte erstmal: „Wir müssen dieses starke Ergebnis gut analysieren und gut feiern.“
Zitterpartie wegen starker Verluste bei der FDP
Für die FDP zeichnete sich am frühen Abend wegen starker Verluste eine lange Zitterpartie um den Verbleib im Landtag ab. „Wir sind natürlich überhaupt nicht zufrieden und finden es sehr schade, so viel verloren zu haben. Wir werden das Ergebnis nun im Hintergrund in Ruhe analysieren“, so Sprecher Joachim Krämer.
„Wenn wir jetzt schon wüssten, woran es gelegen hat, hätten wir im Wahlkampf ja schon etwas daran getan.“ NRW-Bildungsministerin und Kölns Spitzenkandidatin Yvonne Gebauer, die im Wahlkreis IV angetreten ist, musste am frühen Abend noch um ihr Mandat bangen.
Linke beklagt „bitteres Ergebnis“ – AfD muss Verluste Hinnehmen
Die Linke um Kölns Spitzenkandidatin Carolin Butterwegge verpasst abermals den Wiedereinzug in den Landtag, diesmal sehr klar. Sprecher Sergen Canoglu spricht von einem „bitteren Ergebnis“, das die Partei „negativ überrascht“ habe. „Angesichts des Krieges in der Ukraine haben wir mit unseren linken Themen nicht durchstechen können.“
Die AfD, die derzeit mit den beiden Kölner Abgeordneten Iris Dworeck-Danielowski und Sven Trischtler im Landtag vertreten ist, musste leichte Verluste hinnehmen.