Nach zehn Jahren wieder auf null: Der 1. FC Köln will am Geißbockheim ausbauen — wie schon 2014. So könnte es weitergehen.
Umstrittener Umbau am GeißbockheimZahl der FC-Unterstützer im Kölner Stadtrat nimmt sogar ab
Fußball-Erstligist 1. FC Köln will das Geißbockheim im Äußeren Grüngürtel nicht verlassen und in Marsdorf keinen neuen FC-Campus für mindestens 120 Millionen Euro bauen. Das hat der Klub am Mittwoch mitgeteilt. Er begründete seine Ablehnung damit, dass die Stadt ihm aus seiner Sicht zu wenig Geld zahlt für die Aufbauten und Plätze am Geißbockheim. Die Grundstücke hat er seit Jahrzehnten von der Stadt gepachtet.
Mit dem Geld hätte er einen Teil des Ausbaus in Marsdorf bezahlt und die Stadt hätte im Gegenzug eine Bezirkssportanlage bekommen. Doch die Stadt war nicht bereit, die geforderten 60 Millionen Euro zu zahlen, sie verwies darauf, dass es sich um Steuergelder handele. Der Klub hofft nun auf eine politische Lösung — doch nach seiner Ankündigung ist die Zahl der politischen Unterstützer sogar geschrumpft. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie ist die Ausgangssituation?
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Seit 2014 plant der Verein den Ausbau, will auf dem Areal am Geißbockheim ein zweistöckiges Nachwuchs-Leistungszentrum und auf der benachbarten Gleueler Wiese drei Fußball-Plätze bauen. Die Stadt Köln brachte in die Planungen noch vier angrenzende Kleinspielfelder ein, unter anderem für Basketball. Der FC plante anfangs mit rund 25 Millionen Euro.
Warum ist die Erweiterung nicht längst realisiert?
Es brauchte einen neuen Bebauungsplan inklusive einer Öffentlichkeitsbeteiligung. 2020 stimmte der Rat mit Stimmen von CDU, SPD und FDP für den Bebauungsplan, gegen ihn klagten zwei Bürgerinitiativen. Und im November 2022 erklärte das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) den Plan für unwirksam, weil die Stadt die vier Kleinspielfelder formal falsch benannt hatte. Dieser Fehler ist laut OVG zwar durch ein ergänzendes Bebauungsplanverfahren zu „heilen“, doch das braucht laut Stadt wieder eine Öffentlichkeitsbeteiligung und einen Beschluss durch den Rat. Eine Revision gegen sein Urteil ließ das OVG nicht zu, dagegen wehrte der Verein sich erfolgreich beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das OVG-Urteil ist deshalb noch nicht wirksam. In Leipzig wird der Fall am 23. April verhandelt.
Was kann in Leipzig passieren?
Ob ein Urteil an dem Tag fällt, ist laut eines Sprechers offen. Falls doch, kann es sein, dass der Bebauungsplan sofort wirksam oder nicht wirksam ist. Wenn weitere inhaltliche Fragen offen sind, geht das Verfahren zurück ans OVG.
Gibt es nur juristische Probleme?
Nein. Im Stadtrat gab es nach der Kommunalwahl keine Mehrheit für den nötigen Pachtvertrag für die Gleueler Wiese. Sie gehört der Stadt, für den Ausbau braucht der FC einen Vertrag — über den der Rat entscheidet. Und in diesem sind seit 2020 die Grünen die personelle stärkste Kraft, und da die CDU ihr Bündnis mit den Grünen fortführen wollte, stimmte sie im Kooperationsvertrag mit Grünen und Volt einem Moratorium zur Gleueler Wiese zu.
Was besagt das Moratorium?
Dass auf der Gleueler Wiese erstmal nichts passieren soll. Im Vertrag steht: „Über ein Moratorium zur Bebauung der Gleueler Wiese, das heißt der Aussetzung weiterer Rats- und Ausschussbeschlüsse, insbesondere des Abschlusses von Pacht- und Nutzungsverträgen für die Flächen im Eigentum der Stadt, wird erreicht, dass für alle Beteiligten angesichts wahrscheinlicher Klageverfahren eine rechts- und planungssichere Entscheidungsgrundlage geschaffen wird.“ Das Bündnis strebe eine Lösung in Marsdorf an.
Bis wann gilt das Moratorium?
Darüber herrscht Uneinigkeit im Bündnis. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagt: „Das Moratorium gilt bis zur finalen gerichtlichen Klärung. Wenn das Bundesverwaltungsgericht im April eine letztinstanzliche Entscheidung trifft, ist das Moratorium beendet.“ Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen sieht es wie Petelkau, anders äußert sich Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin. Ihrer Meinung nach gilt es bis zum Ende der Ratsperiode.
Was bedeutet die unterschiedliche Auslegung des Moratoriums?
Auf die Frage, ob nach einem Urteil die Karten neu gemischt werden, sagt Petelkau: „Ja, dann wird die Fragestellung, was auf der Gleueler Wiese möglich ist, wieder aktuell.“ Doch in Teilen der Politik herrscht die Überzeugung, dass der FC sich gedanklich von der Gleueler Wiese verabschiedet hat und andere Fußball-Plätze in der Nähe sucht — offiziell aber in seiner Mitteilung gegenüber den Fans Politik und Verwaltung die Schuld zuschiebt. Faktisch dürfte die unterschiedliche Auslegung des Moratoriums vermutlich nichts ändern.
Warum?
Weil es mittlerweile sogar weniger Unterstützer für den Ausbau gibt als 2020. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagt am Donnerstag: „Solange die Gemengelage sich nicht ändert, werden wir eine Initiative des FC für die Gleueler Wiese nicht unterstützen.“ Und: „Es nützt doch nichts, ein totes Pferd zu reiten.“ Das heißt: Momentan hat der FC 23 von 90 Stimmen im Rat sicher, es sind die von SPD und AfD. Die 20 Stimmen der CDU sind zu wenig für eine Mehrheit. Sowohl ein „geheilter Bebauungsplan“ als auch ein neuer Pachtvertrag für die Gleueler Wiese erscheinen vor diesem Hintergrund unrealistisch. Breite rechnet auch mit weiteren Klagen und Beschwerden der Bürgerinitiativen.
Sind diese wahrscheinlich?
Ja, oder zumindest Widerstand. Das hatte Friedmund Skorzenski von der Bürgerinitiative „Grüngürtel für Alle“ (BI) schon am Mittwoch angekündigt. Die BI war auch einer der zwei Kläger gegen den Bebauungsplan. Skorzenski teilt mit, sich gegen eine kleinere Ausbauvariante zu wehren, also einen möglichen vorgezogenen Bau des Leistungszentrums auf einer schon versiegelten Fläche am Geißbockheim. Das hatte Petelkau ins Spiel gebracht: „Wenn das für die Grünen und die Bürgerinitiativen vorstellbar ist, wäre das ein denkbares Modell.“ Skorzenski sagt: „Ein Landschaftsschutzgebiet schließt eine kommerzielle Nutzung in Form eines Hochbaus aus.“
Was hat der FC jetzt vor?
Offiziell hält er an seinen Plänen fest, „eine Weiterentwicklung am Geißbockheim im angestrebten Umfang“ sei möglich. Er fordert ein Bekenntnis von Stadtspitze und Politik, also jenen Menschen, die er am Mittwoch in seiner Mitteilung als Verhinderer seiner Pläne angriff. Das kam im Rathaus und der Politik nicht gut an. FC-Präsident Werner Wolf sagt: „Dabei wurde vom Gericht deutlich gemacht, dass es dem Rat der Stadt Köln möglich wäre, den Bebauungsplan durch entsprechende Änderungen rechtlich 'heilen' zu können. Dafür werden wir mit vollem Herzblut kämpfen.“ Der Klub muss eine Mehrheit organisieren, die er momentan nicht hat. Die nächste Kommunalwahl ist im Herbst 2025.
Möglicherweise versucht der Klub nun, sein Leistungszentrum zuerst zu bauen, und zwar in angepasster Form, die alten Pläne will er aktualisieren, rund 50 bis 60 Millionen Euro investieren. Und danach sucht er andere Plätze als die Gleueler Wiese — doch die Bürgerinitiative hat ja Widerstand angekündigt.
Was ist für den FC entscheidend?
Wie das Urteil in Leipzig ausfällt und was der Klub tatsächlich auf Basis des Urteils bauen kann, ohne dass der Stadtrat beteiligt ist, weil dort die Mehrheiten fehlen. Hält das Gericht den Bebauungsplan doch für wirksam, soll es dem Vernehmen nach nur eine Baugenehmigung der Stadt brauchen, um das Leistungszentrum zu bauen.