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Bürgerbeteiligung gefordertKalkberg in Köln – Bürger lehnen neue Straße auf Grünfläche ab

Lesezeit 4 Minuten
Eine KVB-Bahn unterquert eine Eisenbahnbrücke.

Eng wird es schon jetzt unter der Bahnüberführung auf der Karlsruher Straße.

Bürgerinitiativen in Köln fordern den Verzicht auf eine umstrittene Straße zugunsten eines Landschaftsparks auf den Kalkbergen.

Die Bürgerinitiativen Kalkberg, Mehr Grün in Kalk und Buchforst Mobil eint ein Ziel: Sie wollen eine neue Umgehungsstraße am Rand des von ihnen geforderten „Landschaftspark Kalkberge“ verhindern. Gemeint sind der große und der kleine Kalkberg, die entstanden sind aus Abfällen der einstigen Chemischen Fabrik. Marek Fritsche von Buchforst Mobil und Boris Sieverts von der BI Kalkberg hatten jüngst Gelegenheit, ihre Ideen, die von denen der Stadtverwaltung deutlich abweichen, im Haus der Architektur im Josef-Haubrich-Hof der Öffentlichkeit vorzustellen. Worum geht es? Die Stadt möchte in Zukunft ehemalige Industrieareale am Mülheimer Hafen und in Mülheim-Süd wie etwa das Otto-Langen-Quartier und das Lindgens-Gelände zu Wohngebieten entwickeln. Mehr Menschen bedeuten mehr Verkehr.

Um den abzuwickeln plant die Verwaltung neue Straßen. Fritzsche und Sieverts lehnen insbesondere das sogenannte Netzelement 4 ab. Mit dieser neuen Straße soll der motorisierte Individualverkehr auf der östlichen Zubringerstraße über den Deutzer Ring, die Straße des 17. Juni und neu weiter zwischen Bahndamm und Kalkberg bis zur Karlsruher Straße optimiert werden. Von der Karlsruher Straße soll der Autoverkehr auf den Pfälzischen Ring abbiegen und in Richtung Mülheimer Süden fließen. „Bei einem Verzicht auf das letzte Stück des Netzelements 4 wird der Verkehr von der Östlichen Zubringerstraße direkt zur Stadtautobahn gelenkt, wo er hingehört. Dafür ist die Stadtautobahn durch Wohngebiete und Grünflächen gebaut worden“, erklärt Fritsche.

Daher sei der Anschluss an die Karlsruher Straße überflüssig. Im Übrigen sei die Bahnbrücke, die man nach dem Abbiegen vom Netzelement 4 unterqueren müsse, viel zu niedrig. „Da produzieren wir die nächste Idiotenbrücke.“ Wenn man sieht, wie haarscharf die KVB-Bahnen unter die Brücke passen, ist Fritsches Prognose wohl zutreffend.

Blick auf die Stadtautobahn mit der Stadtsilhouette im Hintergrund und einer Grünfläche im Vordergrund

Auf der Grünfläche am unteren Bildrand soll die neue Straße verlaufen.

Er stellt auch ganz praktische Erwägungen zur Diskussion: „Kein Mensch wird vom Pfälzischen Ring links abbiegen, rechts auf das Netzelement 4 abbiegen, wenn man stattdessen ohne Ampel direkt über den Ring auf die Stadtautobahn kommt.“ Lkw sollten wegen der geringen Brückenhöhe über der Karlsruher Straße schon aus Selbstschutz weiter über den Messekreisel fahren. Die veranschlagten Kosten in Höhe von 23 Millionen Euro stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen. Stattdessen schlagen die Initiativen vor, die geplante Kreuzung unter der Stadtautobahn auszubauen, eine Rampe zwischen den Gleisen und dem Pfälzer Ring und eine Rampe im Bereich vom Messeparkplatz P 22. Ein weiterer Aspekt: „Im Masterplan Grün der Stadt ist die Fläche des Netzelementes 4 als Immergrün ausgewiesen.“

Versiegelung von Grünfläche ausgeschlossen

Damit sei eine Versiegelung ausgeschlossen. Sieverts und Fritsche wünschen sich einen Landschaftspark Kalkberge. Zur Zeit werde in Politik und Verwaltung die Nachnutzung insbesondere des Großen Kalkbergs diskutiert, nachdem der Hubschrauberstandort dort aufgegeben wurde. Am Donnerstag hat der Rat beschlossen, die fehlenden Tore in den Hangar einbauen zu lassen. Darüber hinaus ist der Berg aus dem Eigentum der Feuerwehr in das des Liegenschaftsamtes überführt worden. Die Feuerwehr hat in den vergangenen Jahren den Bürgern den Zutritt zum Kalkberg mit der Begründung verwehrt, es handele sich um eine Baustelle und man müsse der Verkehrssicherungspflicht nachkommen.

Blick in eine Halle mit Stahlträgern.

Eine tolle Raumwirkung hat der Hangar auf dem Kalkberg.

Sieverts hat für den Hangar schon eine Idee. „Der hat eine tolle Raumwirkung. Und sehr schicke Büroräume. Eigentlich ist das Besucherzentrum für den Landschaftspark Kalkberge damit schon fertig. Auch die sanitären Einrichtungen sind top.“ Die wären ideal für den Betrieb einer kleinen Restauration. Auf der planierten Fläche wäre Raum für sportliche Aktivitäten. Sieverts hält auch kulturelle Veranstaltungen für denkbar. Kühn erscheint die Idee, die beiden Kalkberger mit einer Brücke zu verbinden. Der Rat hat in seiner jüngsten Sitzung die Finanzierung der Planung für die Nachnutzung vertagt.

Jetzt sind aber erstmal die Bürger gefragt. Die Politik hat die von der Stadt beauftragten Planer aufgefordert, die von den Bürgerinitiativen vorgelegten Alternativen zur Netzelement 4 zu prüfen und gegebenenfalls die Pläne zu ändern. Die Dinge seien sehr komplex. Deshalb soll die Expertise der Menschen vor Ort bei einer Bürgerbeteiligung eingeholt werden. Sieverts, der bei der Kölner Freiwilligenagentur den Bereich Öffentlichkeitsbeteiligung betreut, freut sich auf das Verfahren: „Hier geht es dann doch mal um was Größeres als die Frage, ob ein Kinderspielplatz eine Rutsche oder eine Schaukel bekommt.“