- In den Bezirken Porz und Rodenkirchen darf kein Wasser aus Brunnen und Oberflächengewässern benutzt werden. Der Grund: Durch Löschwasser sind PFC-Chemikalien in den Boden gelangt.
- Sie stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Rund 25.000 Haushalte sind betroffen. Lesen Sie hier die Hintergründe.
Rodenkirchen/Porz – Rund 25.000 Haushalte in den Bezirken Porz und Rodenkirchen dürfen ihre Gärten nicht mehr mit Grundwasser aus Brunnen und Oberflächengewässern gießen.
Was das Kölner Umwelt- und Verbraucherschutzamt schon seit Jahren empfiehlt, ist jetzt ein Verbot geworden, das mindestens für die nächsten 15 Jahre gilt. Betroffene in den Stadtteilen Rondorf, Immendorf, Hahnwald sowie Poll, Gremberghoven, Westhoven, Porz, Urbach und Grengel seien schriftlich über die Allgemeinverfügung informiert worden, teilt die Verwaltung mit.
In diesen Bereichen ist das Grundwasser teilweise schon seit Jahren mit PFC (per- und polyfluorierten Chemikalien) belastet. Durch das Bewässern reichern sich die Böden mit den Schadstoffen immer mehr an. Das haben aktuelle städtische Untersuchungen der Kölner Böden ergeben.
PFC sind synthetisch hergestellte und biologisch nicht abbaubare Stoffe, die industriell verwendet werden, zum Beispiel als Wasser abweisende Beschichtungen an Verpackungen und Textilien. Die Auswirkungen auf Boden und Mensch sind bisher nicht abschließend untersucht, sie stehen aber im Verdacht, krebserregend zu sein.
Im Dezember 2018 hat jedenfalls die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit eine Neubewertung der gesundheitlichen Risiken durch PFC in Lebensmitteln vorgenommen – und dabei die tolerierbare Schadstoffaufnahme um das Achtzigfache herabgesetzt.
Die Verunreinigung des Kölner Grundwassers stammt in der Hauptsache aus Löschschäumen, die bis 2008 noch PFC enthalten durften. Sie wurden von Feuerwehren der angrenzenden Großindustrie im Kölner Süden bei Übungen verwendet, wahrscheinlich auch auf dem Köln-Bonner Flughafen.
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Vor rund zehn Jahren wurden die Schadstoffe im Grundwasser im Kölner Süden festgestellt. Daraufhin wurden Weiher in Rondorf für Angeln und Baden gesperrt, der Kiesabbau in Immendorf wurde vorübergehend lahm gelegt, auch ein Matschspielplatz mit Brunnen durfte in der Sandkuhle im Forstbotanischen Garten nicht gebaut werden.
2014 hatte ein Angler, der Fische aus einem Weiher südlich der A4 verzehrt hatte, gegen die Chemiefirma Lyondell Basell geklagt, jedoch ohne strafrechtliches Nachspiel. Man hatte sich gütlich geeinigt. Durch die Fließrichtung des Grundwassers in Richtung Rhein hat sich die Verunreinigung links- und rechtsrheinisch ausgebreitet. Und sie breitet sich immer noch aus – mit einer Geschwindigkeit von etwa einem Meter pro Tag.
Die Bezirksregierung hatte die hydraulische Sanierung der geschädigten Bereiche angeordnet. Durch entsprechende Pump- und Filteranlagen wurde inzwischen zwar eine kleine Verringerung der Konzentrationen im Grundwasser erzielt. Da sich das Grundwasser nur langsam bewegt und kein Abbau von PFC erfolgt, ist mit einer Verringerung der Konzentrationen bis unterhalb der vorgegebenen Schwellenwerte erst nach etwa 15 Jahren zu rechnen.
Brief ans Umweltamt
Der Urbacher Bürgerverein hat sich in einem offenen Brief an das Umweltamt gewendet und fordert zeitnah mehr Informationen für die betroffenen und beunruhigten Haushalte. Geplant ist eine öffentliche Bürgerveranstaltung, sobald es die Corona-Pandemie wieder zulässt. (süs)
Das Kölner Trinkwasser, das die Rhein Energie etwa im Wasserwerk Rondorf/Hochkirchen, Zündorf oder Westhoven fördert, gilt als unbedenklich. Es wird aufbereitet, unter anderem mit Aktivkohle. Die enthaltenen PFC-Mengen würden, sofern überhaupt vorhanden, die allgemeinen Vorsorgewerte deutlich unterschreiten, heißt es in einer Stellungnahme der Verwaltung.
Thomas Ehses von den Grünen Porz/ Poll nennt das Verbot „ein Aufwachen in einer Wirklichkeit, die seit Jahrzehnten existiert“. So bedauerlich für Einzelne der Verzicht auf ihren Brunnen nun sei, hält er die Maßnahme für „längst überfällig, um das Grundwasser wieder nutzbar machen zu können“.Betroffenen Bürgern empfiehlt Ehses, mit ihren Rechtsschutzversicherungen zu klären, inwieweit eine Schadenersatzklage (Investition Brunnen, 15 Jahre nicht nutzbar) gegen die Hauptverursacher der Kontamination aussichtsreich sei.
Der Bezirksvertretung Porz schlägt er vor, sich für eine finanzielle Unterstützung bisheriger Brunnennutzer bei der Installation eines zweiten Wasserzählers einzusetzen. Dieser Zähler könne die Gartenbewässerung allein erfassen, für die dann keine Abwasssergebühren zu entrichten sein sollten.
Thomas Ehses hält eine solche Maßnahme für eine Unterstützung dabei, auf den eigenen Brunnen im betroffenen Gebiet zu verzichten.