Bei der unendlichen Geschichte um den Riphahn-Bau am Offenbachplatz spricht der Chef des Steuerzahlerbunds von „einem neuen Akt in dieser Tragödie“. Auch die Kostenexplosion beim Jüdischen Museum ist ein Thema im neuen Schwarzbuch.
Was in der Region bemängelt wirdKölner Oper zählt zu den Stammkunden im Schwarzbuch
Köln zählt im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler, das einmal im Jahr 100 Fälle von öffentlicher Verschwendung in Deutschland anprangert, zu den Stammkunden. In der 52. Ausgabe, die am Mittwoch in Düsseldorf vorgestellt wurde, ist die Rheinmetropole gleich zweimal vertreten – natürlich mit der Oper und dem Jüdischen Museum.
Insgesamt haben es 16 Fälle aus NRW mit finanziellen Dimensionen, die zwischen 8000 und 1,5 Milliarden Euro liegen, in die neueste Ausgabe des Klassikers geschafft. „Sie zeigen beispielhaft, wie mangelhafte Planung, hohes Anspruchsdenken oder auch Bürokratie dazu führen, dass mehr Geld ausgegeben wird als notwendig“, sagte Rik Steinheuer, Vorsitzender des Steuerzahlerbunds NRW. Und das sind die Beispiele aus dem Rheinland.
„Köln sollte sich nicht auf unkalkulierbare Risiken einlassen“
Köln: Angeprangert werden die Kosten für das Jüdische Museum und den unterirdischen Rundgang nach derzeitigem Stand von ursprünglich 48 auf 190 Millionen Euro steigen werden. „Besonders ärgerlich ist aus Sicht der Stadt Köln, dass die Fördersumme des Landes bei 33,7 Millionen gedeckelt ist“, sagte Steinheuer. Deshalb steige der städtische Anteil von 28,8 auf 146 Millionen Euro. „Eine finanziell angeschlagene Stadt wie Köln, die schon negative Erfahrungen mit Großprojekten hat, sollte sich auf ein solches Projekt mit unkalkulierbaren Risiken nicht einlassen.“
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Die Oper liefere „einen neuen Akt in dieser Tragödie“. Die Baukosten liegen jetzt bei 798 Millionen Euro, die Gesamtkosten, einschließlich Ausweichspielstätten und Finanzierung bei 1,5 Milliarden. „Wir haben die Dimension der Elbphilharmonie längst gesprengt.“
Leverkusen: Was sind schon 8000 Euro für eine kleine Brücke im Vergleich zur Kölner Oper? Peanuts? Nein. Dem Bund der Steuerzahler geht auch mit Blick auf den Wiembach ums Prinzip. „Das Geld wurde vor allem in Zäune investiert, damit Fußgänger und Radfahrer die Brücke bloß nicht verfehlen“, sagt Steinheuer. „Deshalb hat man an einem kleinen Bach den Weg über die Brücke auf beiden Seiten mit einer massiven Zaunanlage versehen. Das sieht aus wie in Fort Knox.“ Es habe an dieser Stelle nie Unfälle gegeben. „Da hätten es auch Büsche und Sträucher getan.“
Was für Köln die Oper ist, ist für Düsseldorf das Polizeipräsidium
Aachen: Die Stadt Aachen wurde 2022 vom städtischen Rechnungsprüfungsamt gerügt, weil sie seit 2004 mit alten Verträgen telefoniert. Trotz dieser Rüge schaffte es die Stadt bis Oktober 2023 nicht, die Telefonie komplett neu auszuschreiben. Als Grund dafür gab sie auf Nachfrage des Steuerzahlerbunds Personalmangel und die Komplexität der Telefondienstleistung an.
Düsseldorf: Was in Köln die Oper ist, ist in Düsseldorf das Polizeipräsidium. Die Sanierung wird teurer und dauert länger – wieder einmal. Ursprünglich kalkulierte der zuständige Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen Kosten in Höhe von knapp 94 Millionen. Bauzeitverzögerungen, ein schlechter Baugrund, eine Erweiterung, eine neue Risikoeinschätzung und höhere Baunebenkosten ließen das Projekt auf rund 157 Millionen Euro steigen. Damit war aber das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: Ende 2022 beliefen sich die Kosten auf 207 Millionen Euro.
Monheim: Lange Zeit wegen der umstrittenen Dumping-Preispolitik bei den Gewerbesteuer-Hebesätzen eine der reichsten Gemeinden in NRW, leistet sich die Stadt Dinge, von denen andere nur träumen können. „Sie hat einen Event-Bus angeschafft, den sie an Vereine für Vereinsfahrten vermieten möchte“, so Steinheuer. „Wir kritisieren, dass man damit privaten Reisebusunternehmen Konkurrenz macht. Das ist keine öffentliche Aufgabe.“ Es sei ärgerlich, dass die Kommunalaufsicht in diesem Fall nicht eingeschritten sei.
Nörvenich: Die Gemeinde Nörvenich im Kreis Düren muss Lärmschutz für Äcker und Getreidefelder planen. Das bindet personelle Ressourcen und kostet Steuergeld. Obwohl im Umfeld der ländlichen Flächen keine Menschen von Lärm betroffen sind, sehen neue Vorschriften der EU keine Ausnahme vor.
Wachtberg: Die Gemeinde Wachtberg baute einen provisorischen Fußweg aus Schotter für 300 Euro, um die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer an einer Landesstraße zu erhöhen. Doch der Landesbetrieb Straßenbau NRW sperrte den Weg, weil die Gemeinde geltende Vorschriften missachtet hätte. Kleinvieh macht aus Mist.
Bei all diesen Negativ-Beispielen kann der Bund der Steuerzahler manchmal auch etwas bewegen: Im Schwarzbuch 2022 berichtete er kritisch über die Stadt Burscheid, die mit einer 100 Quadratmeter großen Aussichtsplattform und einer neuen Rampe Radfahrer von der Balkantrasse in die Innenstadt locken wollte. Ein überzeugendes Nutzungskonzept für diese Aussichtsplattform gab es nicht. Jetzt steht fest: Die Plattform wird nicht gebaut - 153.000 Euro wurden so gespart.