Künstliche Intelligenz beschäftigt auch die Kölner Hochschulen. Ist die schriftliche Hausarbeit bald Geschichte?
„Betrug gab es schon immer“So reagieren die Kölner Hochschulen auf KI in Studium und Lehre
Ein generelles Verbot ist nicht zielführend. Darüber herrscht in der akademischen Welt weitestgehend Konsens. Seit der Veröffentlichung des Programms ChatGPT, eines KI-basierten Schreibwerkzeugs, im November 2022 müssen sich Hochschulen den rasanten Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz stellen und die Folgen für Studium und Lehre gestalten.
Im Ausland ist man schon einen Schritt weiter gegangen: Die Wirtschaftsuniversität Prag hat im Studiengang BWL die Bachelorarbeit abgeschafft, mit dem Argument, dass schriftliche Arbeiten in wenigen Jahren gänzlich von einem KI-Tool erledigt werden können.
Universität Köln: Einsatz von KI nur als Hilfsmittel erlaubt
Auch in Köln hält die Debatte um KI-Tools die Hochschulen auf Trab. Nach dem anfänglichen Hype habe sich der Diskurs jedoch ein wenig beruhigt, bestätigt Beatrix Busse, Prorektorin für Studium und Lehre der Universität zu Köln. Zusammen mit dem Experten für digitale Bildung Ingo Kleiber treibt sie die Aufklärung über Chancen und Nutzen von sogenannter generativer KI innerhalb der Universität an.
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Dabei sollen nicht nur Studierende lernen, gewissenhaft und kritisch mit den Hilfsmitteln umzugehen – auch Forscherinnen und Forscher müssen sich damit auseinandersetzen. „Das gilt nicht nur für die Naturwissenschaften, sondern auch für die Archäologie genauso wie für die Theologie“, sagt Busse.
Erlaubt die Uni Köln den Einsatz von ChatGPT nun für schriftliche Leistungen oder nicht? „Solange Studierende solche Werkzeuge in einer Art und Weise verwenden, dass der Kern der Arbeit immer noch zweifelsfrei von ihnen stammt, ist das in Ordnung. Wenn am Ende keine eigenen Gedanken mehr enthalten sind, dann ist es selbstverständlich nicht erlaubt“, sagt Kleiber.
Busse und Kleiber möchten den Fokus jedoch weg von Täuschungsversuchen und Missbrauch auf andere Themen setzen. „Es kommt auf jeden Fall vor, dass damit betrogen wird. Aber Betrug gab es auch schon vorher. Ghostwriting ist wirklich nichts Neues“, so Kleiber.
KI: Aktuelle Herausforderungen für Unis
Dass es künftig rechtlich sichere Tools gibt, dass die Daten einwandfrei sind und Menschen nicht diskriminieren, darin sieht Prorektorin Busse die weitaus größeren Herausforderungen. Und natürlich herrsche bei den Lehrenden eine gewisse Angst vor, dass Prüfungsformate obsolet werden.
Die Hausarbeit zum Beispiel, ein gängiges Format vor allem in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern. Ist sie bald Geschichte? „KI-Werkzeuge sind herausragende Hilfsmittel, aber ich finde, dass es wichtig ist, also zumindest in unseren Fächern, dass man auch einen längeren Text durchdenken und konzipieren kann. Ob die klassische Hausarbeit jetzt ausgedient hat, darüber denken wir nach. Ich würde jetzt noch kein finales Urteil treffen“, so Busse, die Professorin für Englische Sprachwissenschaft ist.
Sicher sei aber: Alle Prüfungsformate müssen hinterfragt, Prüfungsordnungen möglicherweise angepasst werden. Es könnte etwa wichtiger werden, dass Studierende die Entstehung ihrer Arbeit erklären können. Gewisse Aufgaben verlören hingegen ihren Wert. „Die klassische, stumpfe Hausaufgabe: Fasst den Text hier zusammen, die ist tot“, sagt Kleiber.
Studierende mit entsprechenden Kursen an der Uni in ihren Kompetenzen zu stärken, sieht Busse als Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Dass laut einer Umfrage der Uni Frankfurt, etwas mehr als die Hälfte der Studierenden KI-Tools verwendet, kommentiert Kleiber so: „Das wäre zunächst einmal ein Problem, denn es hieße, dass die andere Hälfte es nicht schafft, die Werkzeuge zu nutzen, die ihnen zur Verfügung stehen.“
KI: Umgang an anderen Kölner Hochschulen
An der Kunsthochschule für Medien wirkt der Umgang mit dem Thema souverän, hier wird KI „natürlich etwa in den künstlerischen Schwerpunkten Animation, VR oder experimentelle Informatik eingesetzt“, aber auch spielerisch im Schwerpunkt Literarisches Schreiben, so eine KHM-Sprecherin. Die Studierenden hätten für ihre Prüfungen wie Animationsfilme oder fotografische Serien „die künstlerische Freiheit, auch KI zu nutzen“.
An der Katho Köln sieht man Chancen und Gefahren gleichermaßen. „Weitere Probleme ergeben sich beim Datenschutz. Lehr- und Forschungstätigkeiten innerhalb des Gesundheits- und Sozialwesens beinhalten häufig besondere Kategorien personenbezogener Daten“, so Barbara Ortland, Prorektorin für Studium und Lehre.
Und an der Rheinischen Fachhochschule Köln ist KI wahrlich kein neues Thema: In Hürth betreibt die Hochschule den Campus „AI Village“. Dennoch „müssen wir in der Lehre bzw. in unseren Prüfungen sicherstellen, dass wir die Kompetenzen der Studierenden und nicht die einer KI prüfen“, teilt die Sprecherin mit. Durch „den engen Draht zu den Studierenden“ aufgrund kleiner Seminargrößen sieht sich die RFH hier jedoch gut gewappnet.
An der Technischen Hochschule sei KI seit längerem in ganz unterschiedlichen Disziplinen Teil von Forschungsprojekten, von Informatik, den Ingenieurwissenschaften bis hin zu Sozialer Arbeit. Der Fokus liegt überwiegend auf der Mensch-Maschine-Interaktion, sagt eine Sprecherin der TH. Ein internes Cluster, bestehend aus 18 Professorinnen und Professoren, versteht sich zudem als Ansprechpartner rundum das Thema KI. „Für KI in Lehr-/Lernkontexten bereitet die TH Köln gerade die hochschulweite Einführung von ChatGPT in einem sicheren Rahmen vor.“
Auf einem Portal informiert die Uni Köln umfassend über das Thema KI in Studium und Lehre.