Ein ehemaliger Polizei-Einsatzleiter kann sich vorstellen, dass dem 1. FC Köln der kreative Fanprotest nicht ungelegen kommt.
Fan-Protest gegen die DFLWie gelangten in Köln Tennisbälle und Spielzeugautos ins Stadion?
Deftige Spruchbänder in den Kurven, Tennisbälle und Schokotaler auf dem Rasen, ferngesteuerte Spielzeugflugzeuge, die durch das Stadion kreisen – der bundesweite Fanprotest gegen die Deutsche Fußballliga (DFL) und den geplanten Investoreneinstieg beherrscht seit Wochen die Bundesliga. Mit teils skurrilen Aktionen provozieren die Anhänger immer wieder Spielunterbrechungen und rekordverdächtige Nachspielzeiten.
In Köln sorgten am Freitag beim Heimspiel gegen Werder Bremen drei ferngesteuerte Spielzeugautos für Aufsehen. In der 54. Spielminute warfen Fans die Fahrzeuge auf das Spielfeld und steuerten sie von ihren Plätzen aus. Dazu zeigten sie ein Spruchband mit dem Slogan: „Wir lassen uns nicht fernsteuern!“ Der Schiedsrichter unterbrach die Partie für drei Minuten. Und viele Zuschauer fragen sich: Wie schaffen die Fans eigentlich Woche für Woche kiloweise Tennisbälle, Süßigkeiten oder eben Modellflugzeuge und -autos unbemerkt in die Stadien? Oder etwa doch nicht unbemerkt?
Der langjährige Polizei-Einsatzleiter im Rhein-Energie-Stadion, Volker Lange, wittert in Köln sogar gemeinsame Sache zwischen Verein und Fans. „Die Einlasskontrollen sind unwirksam“, sagt der ehemalige Polizeidirektor, der inzwischen im Ruhestand ist, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
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„Tennisbälle oder ferngesteuerte Autos kriegst du ja nicht in der Hosentasche ins Stadion“, sagt Lange. „Das kann nach meiner Überzeugung nur mit dem Wissen anderer gelingen.“ Vielleicht, so Lange, sei der kreative Protest der Ultras sogar „temporär gewollt, weil der Verein und die Ultras beim Thema Investoreneinstieg am selben Strang ziehen?"
1. FC Köln ist gegen einen Investoren-Einstieg bei der DFL
Der 1. FC Köln ist – wie seine aktive Fanszene – gegen einen Investoren-Einstieg und hatte die DFL zuletzt zu einer neuen Abstimmung aufgefordert. Der Bundesligist möchte die Aussage von Lange nicht so stehen lassen. „Wir können ausschließen, dass die betreffenden Gegenstände auf legalem Weg oder in irgendeiner Form der Kooperation ins Stadion gelangen. Die Kontrollen sind ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Sicherheit des Stadionerlebnisses hat für uns höchste Priorität“, sagt Klubsprecher Michael Rudolph dieser Zeitung.
Ein Insider aus dem engen Umfeld des Clubs glaubt dagegen nicht, dass Vorstand und Ultras gemeinsame Sache machen. Vielmehr seien hunderte Meter Zaun um das Stadion eben nicht lückenlos zu überwachen. Der Zaun sei die Hauptschwachstelle, dort hindurch könnten Gegenstände am ehesten unbemerkt ins Stadion gereicht, da deponiert oder weiter in Umlauf gebracht werden – zum Beispiel im allgemeinen Trubel in der Stunde vor dem Anpfiff, wenn Zehntausende gleichzeitig ins Stadion strömen.
Dass mitunter Order bestochen würden, die Personen mit verbotenen Gegenständen durchwinkten, ist ein naheliegender und oft geäußerter Verdacht, auch wenn es etwa um die Frage geht, wie Pyrotechnik ins Stadion gelangt – aber eben ein Verdacht, nicht bewiesen.
Wer es bewusst darauf anlegt, könnte Gegenstände allerdings auch unter der Woche ungesehen ins Rhein-Energie-Stadion schmuggeln. Die Zäune sind von außen jederzeit frei zugänglich. Regelmäßig finden Führungen und andere Veranstaltungen im Rhein-Energie-Stadion statt, die Beschäftigten von Caterern und anderen Fremdfirmen gehen ein und aus. „Ultras sind Vollprofis“, weiß Ex-Einsatzleiter Volker Lange aus Erfahrung. „In zehn Jahren sind die locker bei 400 Spielen dabei, die kennen in vielen Stadien jede Schwachstelle.“