Angela Hewitt liefert in der Kölner Philharmonie einen unverschleierten Zugang zu Mozarts C-Dur-Klavierkonzert.
Angela Hewitt in KölnWie man Mozart mit Bach eine besondere Präsenz verleiht
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Die Pianistin Angela Hewitt
Copyright: Ole Christiansen
Die kanadische Pianistin Angela Hewitt gilt zu Recht als herausragende Bach-Interpretin – wobei ihre distinguierte Selbstkontrolle sie freilich als Antipodin ihres „fantastischen“ Landsmannes Glenn Gould erscheinen lässt. Macht diese Bach-Affinität sie auch zu einer guten Mozart-Interpretin? Anlässlich ihrer Aufführung des C-Dur-Klavierkonzerts KV 467 mit Brussel Philharmonic unter Kazushi Ono im Kölner philharmonischen Kontrapunkt-Konzert liegt diese Frage insofern nahe, als sich das Werk selbst – genauer: sein erster Satz – mit der permanenten kontrapunktischen Verarbeitung des Kopfmotivs in die Linie einer produktiven Bach-Rezeption stellt.
Und siehe da: Ja, Hewitt unterschlägt dieses Bach-Erbe keineswegs, sondern aktiviert es gerade anhand besagten Motivs sehr gewinnbringend. In der Durchführung wird daraus ein luzides Pingpong-Spiel mit ihren Begleitern. Spielerische Bühnendramatik nahm dieser Dialog dann in den einschlägigen Stellen des Finales an.
Ein magisches Gegeneinander von Zweiern und Triolen
Keineswegs trimmt Hewitt Mozart auf Bach. Der Klassiker kommt auch nicht verkopft, tüftelig oder motorisch herüber, und in den Moll-Ausweichungen sowie bei unbegleiteten Stellen wird es bei relativ starkem Rubato sehr kantabel und expressiv. Aber Hewitt romantisiert auch nicht, ihr hochkontrollierter Anschlag ist auf eine sehr stilangemessene Weise direkt und genau, der unverschleierte Zugang verleiht der Musik eine bemerkenswerte Präsenz.
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Im langsamen Satz kommt es freilich weniger auf beherzten Zugriff an als auf die Inszenierung einer schwebenden Unendlichkeit. Aber auch diesen Anspruch meisterte Hewitt anstandslos, das magische Gegeneinander von Zweiern und Triolen wurde hier allenfalls durch das Orchester gestört, das besagte Triolen teils arg handfest servierte. Nicht bei Bach, wohl aber im Barock kehrte der Gast dann mit seiner Zugabe ein, Domenico Scarlattis Jagdsonate. Den Rausch des Repetitiven – auch ihn vermag Hewitt durchaus zu entfesseln.
Wucht und Kraftentfaltung im Orchester
Über das Orchester aus der belgischen Hauptstadt unter seinem japanischen Chefdirigenten, das in der zweiten Hälfte Schuberts große CD-Dur-Sinfonie spielte, ist viel Gutes zu sagen. Die Spiel- und Klangkultur mag nicht die allerhöchsten Höhen erklimmen – gelegentlich geht es etwas fett, laut und grob zu –, aber gleich die langsame Einleitung erwies zum Beispiel die vorzügliche Qualität der Bläser (und hier nicht nur der Hörner). Wenn die Gesamtleistung nicht restlos überzeugte, dann dürfte das also vor allem am interpretatorischen Zugriff gelegen haben.
Ono dirigiert teils sehr detailorientiert, verbeißt sich geradezu in einzelne Motive und ihre wirkungsvolle Präsentation (im ersten Satz zum Beispiel das punktierte Dreinoten-Motiv). Zweifellos ist der energetische Input hoch, aber es gibt halt auch eine Wucht und Kraftentfaltung, die gleichsam auf der Stelle tritt und keine großräumigen Entwicklungen in Gang zu setzen vermag. Das war jetzt nicht durchgehend, aber doch wiederholt der Fall. Schuberts himmlische Längen, als welche Schumann sie bezeichnete, werden dann in der Tat vor allem lang.