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Deutsche Kammerphilharmonie mit Fabian MüllerDieser Pianist hätte sich mit Beethoven verstanden

Lesezeit 3 Minuten
Fabian Müller hat glatte, braune Haare. Er trägt einen dunkelblauen Kragenpullover. Der Hintergrund ist blau.

Der Pianist Fabian Müller

Der Pianist Fabian Müller spielte mit der Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter dem Dirigenten Paavo Järvi in Köln. Es war ein beeindruckender Auftritt.

Corona machte es möglich: Veranlasst durch den Zwang, angesichts der Pandemie auf kleinere Orchesterbesetzungen auszuweichen, wandte sich der estnische Stardirigent Paavo Järvi Haydns späten Londoner Sinfonien zu, die er derzeit mit der Deutscher Kammerphilharmonie Bremen in Konzerten wie in CD-Aufnahmen erarbeitet.

Eine Kostprobe davon – mit den Sinfonien Nr. 97 und 102 – konnte man soeben in der Kölner Philharmonie erleben, und es kann schon jetzt kein Zweifel daran bestehen, dass es sich – nach den Befassungen mit Beethoven, Schumann und Brahms – um ein neuerliches Erfolgsprojekt des vielfach akklamierten Gespanns Järvi/Bremen handelt.

Kölner Philharmonie mit Dirigenten Paavo Järvi

Die experimentelle Signatur des späten Haydn wird hier eindrucksvoll kenntlich, scharfe Kontrastbildungen sorgen für eine starke interne Dramatisierung, vor allem aber hat Järvi ein waches Ohr für den Haydnschen Humor, für falsche Fährten und Reprisen, unerwartete Ausweichungen, die köstlich-skurrilen Instrumentaleffekte. Energie und Vitalität kommen übrigens nicht durch ein übertrieben angezogenes Tempo zustande, auch die Menuette mutieren nicht zu Schnellwalzern. Lediglich in den Finalsätzen langt Järvi diesbezüglich zu.

Da müssen die Bremer quasi auf der Stuhlkante sitzend musizieren, ist höchste Konzentration gefordert. Die bringen sie allerdings auch problemlos auf, so dass gerade besagte Finali zu Feuerwerken einer zupackenden Virtuosität werden. Die wie mit der Feder gezogenen Linien der Streicher (die ihre Potenz dann noch einmal in Sibelius` als Zugabe serviertem Andante festivo zeigen konnten), die knackigen Bläserinterventionen, das von beiden bestrittene Pingpong-Spiel der Motive – das alles kann man kaum besser machen. Zumal in den langsamen Sätzen mochte man ein paar dunklere, wärmere Töne vermissen, aber solche Einwände wiegen wenig angesichts der immer wieder atemberaubenden Klangbrillanz dieses Ensembles.

Pianist Fabian Müller mit einem sehr natürlichen Beethoven-Stil

Sinn für Humor hat auch der Bonn/Kölner Pianist Fabian Müller, der, Meisterschüler von Pierre-Laurent Aimard, bei Beethovens erstem Klavierkonzert in der Kammerphilharmonie einen denkbar geeigneten Partner fand (was sich immer wieder auch im erfüllten Dialog zwischen Flügel und Orchesterinstrumenten zeigte). Müller spielte im ersten Satz die monströse dritte Kadenz aus Beethovens Feder, die am Schluss aber nicht in den üblichen Triller mündet, sondern in einem lapidaren piano-Akkord sozusagen implodiert – dies ein Effekt, dessen Demonstration sich der Solist nicht entgehen ließ.

Müller pflegt, auf der Basis einer souveränen Technik, einen sehr natürlich wirkenden, in seiner grundständigen Musikalität positiv unauffälligen Beethoven-Stil, der nicht romantisiert und sentimentalisiert, der die Phrasen in einem stets stilvollen Rubato atmen lässt, die Verzierungen mit Substanz füllt und über die vielen Sforzati einen fesselnden rhythmischen Drive herstellt. Als romantischen Virtuosen konnte er sich dann in einer Rachmaninow-Etüde präsentieren.