Jakub Józef Orliński gehört sicher zu den umtriebigen Klassikstars. Der Sänger, der am Dienstag in der Kölner Philharmonie auftrat, ist auch Model und Breakdancer.
Jakub Józef Orliński singt in KölnDer neue Superstar der Alten Musik
Die Alte Musik hat einen neuen Superstar. Zwar ist Jakub Józef Orliński schon seit einigen Jahren auf den internationalen Opern- und Konzertpodien aktiv, aber erst jüngst katapultierte ein einstündiges Portrait auf Arte den polnischen Countertenor auch außerhalb der Barockszene ins mediale Rampenlicht. Schwer zu vermarkten ist der 1990 geborene Sänger gewiss nicht: Wer sonst unter den Männern mit den hohen Stimmen könnte Erfolge bei Breakdance-Wettbewerben vorweisen oder gar Verträge als Model für Luxusmode?
Jakub Józef Orliński tritt in der Kölner Philharmonie auf
Orliński weiß die Chancen, die sich aus diesen Alleinstellungsmerkmalen auf dem hart umkämpften Klassik-Markt ergeben, gut zu nutzen. Die aktuelle Europatournee an der Seite des Ensembles Il Pomo d’Oro stellt ihn in den Mittelpunkt einer ausgefeilten Personality-Show, die Selbstdarstellung und Selbstironisierung auf geschickte Weise mischt.
„Beyond“ heißt - ebenso wie die kürzlich erschienene CD - das Programm, mit dem Orlínski nun auch sein Debüt in der Kölner Philharmonie feierte. Dabei konzentrierte er sich auf das Repertoire der frühen Barockoper, die sich mit Komponisten-Namen wie Claudio Monteverdi, Francesco Cavalli oder Giulio Caccini verbindet. Historisch liegt diese Musik noch deutlich vor der Hochblüte des Kastratengesangs; sie ist weit weniger virtuos, weniger theatralisch, weniger elaboriert im Instrumentalen als das später bei Händel oder Vivaldi der Fall ist. Für Orlínskis eher leichtgewichtige, helle und bewegliche Stimme ist dies fraglos das ideale Betätigungsfeld.
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Neben Klassik gibt es auch eine Breakdance-Nummer
Die schlichte Faktur der Stücke öffnet besondere Gestaltungsräume, die der Sänger auch bis zur Neige ausschöpfte: Es ist eine Musik, die nicht nur deutlich hörbar aus dem Tanz kommt, sondern sich ganz unmittelbar aus der Körperbewegung, der Körpergestik heraus entfaltet. Orlínski stellte das äußerst anschaulich dar - stolz und gespreizt wie in der Arie des Feldherren Ottone aus Monteverdis „Krönung der Poppea“, dann wieder mit rückhaltloser Intimität wie in Caccinis berühmtem „Amarilli, mia bella“, das er auf dem Podium liegend in zartesten Farben hauchte.
Selbst da, wo Orlínski das Feld dem atmend und flexibel musizierenden Barockensemble überließ, blieb er im Zentrum der Aufmerksamkeit: Mal fläzte er sich am Bühnenrand dekorativ auf seinem royalen Prunkmantel, dann wieder ließ er sich durch die zugespitzten Rhythmen aus dem Orchester zu einer waghalsig akrobatischen Breakdance-Einlage inspirieren. Dass sich all das in einem merkwürdig schummerigen, nur von einem funzeligen Verfolger-Spot erhellten Bühnenlicht vollzog, schien das Publikum im ausverkauften Saal nicht zu stören: Es bereitete dem Sänger begeisterte Ovationen, die sich nach einer launig präsentierten Zugaben-Serie (inklusive gemeinsamer Kadenz-Übungen) nochmals steigerten.