Der Violinist Benjamin Beil trat mit der Deutschen Radio-Philharmonie Saarbrücken-Kaiserlautern in der Kölner Philharmonie auf.
Benjamin Beilman in der Kölner PhilharmonieDie Magie eines leisen Tons

Der Violinist Benjamin Beilman
Copyright: Sophie Zhai
Die heutige Deutsche Radio-Philharmonie Saarbrücken-Kaiserlautern ist ein Produkt jenes sparbedingten Fusionsfurors, der vor etlichen Jahren die Landschaft der deutschen Rundfunkorchester erfasste. Der sorgte seinerzeit in der Szene für Schrecken und Empörung. Aus zwei – in diesem Fall dem Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken und dem SWR Rundfunkorchester Kaiserlautern – mach eins, das muss auch nicht immer gutgehen, es werden da halt jeweils unterschiedliche Kulturen und Traditionen relativ gewaltsam zusammengezwungen.
Auftritt in der Kölner Philharmonie voller Feuer und Charme
Klage über Spiel- und Klangniveau des saarländisch-pfälzischen Hybrids zu führen, der jetzt im Rahmen der Kontrapunkt-Konzerte in der Kölner Philharmonie ein Gastspiel absolvierte, gibt es allerdings keinen Anlass. Unter dem Dänen Michael Schønwandt spielten die Gäste ein romantisches Programm, dessen Umsetzung es an nichts fehlen ließ: weder an Homogenität und Genauigkeit noch an Beweglichkeit und Feuer, Esprit und Charme.
Tschaikowskys vierte Sinfonie am Schluss etwa erfreute, selbstredend auch dank Schønwandts luzider Dramaturgie, durch die genau nachvollzogenen thematischen Gegenbewegungen – immer wieder eine heikle Aufgabe ist es, etwa im ersten Satz ein Gleichgewicht von thementragenden Stimmen und reicher Begleitfiguration herzustellen –, durch die Celli-Wärme in den lyrischen Seitengruppen, über auch in den gut vorbereiteten Ekstasen rund um das zentrale Schicksalsmotiv. Vor allem war es der alle Verläufe prägende Geist der Synkope, der angemessen elektrisierend wirkte.
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Violinist Benjamin Beilman mit souveränen Auftritt in Köln
Wesentlich zum Gelingen trug indes der Auftritt des amerikanischen Geigers Benjamin Beilman mit Saint-Saens‘ drittem Violinkonzert bei. Das ist ein echtes Virtuosenstück, musikalisch freilich für seine Entstehungszeit (1880) arg retrospektiv. Da klingt noch vieles nach Mendelssohn, dessen einschlägiges Konzert indes 35 Jahre früher entstand. Auch die einschmeichelnde Barkarole des zweiten Satzes und der Blechbläserchoral im dritten tönen eigentümlich vertraut. Dramatische Tremoli im Begleitorchester lassen virtuelle Opernszenen erstehen.
Beilman blieb den einschlägigen und von ihm souverän und offensiv angegangenen Anforderungen nichts schuldig: Auf der Basis einer warmen, leidenschaftlichen Klanggebung erblühte die Beredsamkeit der Seitenthemen genauso wie die Magie des ganz Leisen. In jeder Hinsicht richtig am Platz waren hier Vortragsmerkmale, die man in anderen Kompositionen vielleicht nicht so schätzt, die hier aber durch die Werkgestalt nahegelegt werden: (kultivierter) Schmelz und Schmalz.