Das Alinde Quartett eröffnete eine fünfteilige Portraitreihe in der Kölner Philharmonie mit einem historisch weit ausgreifenden Programm.
Kölner PhilharmonieQuartettkunst höchster Klasse
Die Kölner Philharmonie widmet dem Alinde Quartett in dieser Spielzeit eine fünfteilige Portraitreihe, die das Ensemble mit einem historisch weit ausgreifenden Programm eröffnete: Vom franko-flämischen Renaissance-Meister Josquin Desprez über Beethoven und Schubert spannte sich der Bogen bis zu dem 1993 geborenen Katalanen Marc Migó, der sein zweites Streichquartett 2023 für das Alinde Quartett schrieb.
Josquins Chanson „Mille regretz“, in sanft abgetönter Gamben-Farbe angestimmt, machte den Anfang. Ob der nahtlose Übergang zu Schuberts „Rosamunde“-Quartett D 804 so sinnstiftend war, dass er für den Eingriff in die Bannmeile beider Werke entschädigte, mag man bezweifeln. Immerhin war damit aber ein Motto ausgesprochen, das für die Arbeit des Ensembles wohl insgesamt von hoher Bedeutung ist: Die besondere Rolle der Vokalität, die sich bereits im Namen des Quartetts widerspiegelt, einem Liedtitel Franz Schuberts.
Meilensteine des Kammermusik-Repertoires
Derzeit arbeiten Eugenia Ottaviano, Guglielmo Dandolo Marchesi (Violine), Gregor Hrabar (Viola) und Bartolomeo Dandolo Marchesi (Cello) an einer Gesamteinspielung der Schubert-Quartette, die zum Schubertjahr 2028 abgeschlossen sein soll. Dabei stellen sie den Werken des Romantikers Auftragskompositionen zur Seite, die von seiner Musik inspiriert sind. So kam es auch zur Zusammenarbeit mit Marc Migó, der in seinem zweiten Streichquartett neben Schubert auch Bach und Beethoven ausgiebig zitiert und mit katalanischer Tanzfolklore verschmilzt. Das Publikum bereitete dem vielleicht nicht sehr gehaltvollen, aber durchaus unterhaltsamen Stück (und seinem anwesenden Urheber) einen ausgesprochen freundlichen Empfang.
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Neben Schuberts „Rosamunde“-Quartett enthielt das Programm mit Beethovens e-Moll-Quartett op. 59/2 einen weiteren Meilenstein des Kammermusik-Repertoires. Die lyrische Grundstimmung beider Werke kam der besonderen Klangästhetik des Alinde Quartetts sehr entgegen: Es pflegt ein eher singendes als sprechendes Spiel, meidet harsche Akzente, ist stets um Balance und geschmeidige Kommunikation bemüht. Da ist, bei aller Aufgeschlossenheit im Stilistischen, noch viel alte Quartettschule im Spiel, was man durchaus nicht ungern wahrnahm. Eher im Widerspruch zur Konvention stand indes das auffällig zurückgenommene Spiel der Primaria - besonders im Kopfsatz des Schubert-Quartetts, bei dem sich die bohrende Pendelfigur der zweiten Geige immer wieder mit fatalistischer Intensität vor die melancholische Liedmelodie drängte.
Die ausgesprochen subtilen Gestaltungsmittel der vier Streicher machten den langsamen Satz des Beethoven-Quartetts zum Höhepunkt des Abends. Die feinen Abstufungen im Leisen und Leisesten, die makellose Reinheit in Klang und Intonation bis in extremste Lagen hinein, die hohe integrative Kraft, mit der diese Musik der permanenten Verwandlung zwingend zusammengehalten wurde - all das war Quartettkunst höchster Klasse, was im Saal auch entsprechend gewürdigt wurde. Zum Dank für den reichen Beifall erklang, gleichfalls hinreißend nachvollzogen, das von allen Furien gehetzte Finale aus Schuberts d-Moll-Quartett D 810 („Der Tod und das Mädchen“).