AboAbonnieren

Marek Janowski dirigiert Bruckners FünfteHarter Arbeiter an Klang und Struktur

Lesezeit 3 Minuten
Der Dirigent Marek Janowski steht in der Kölner Philharmonie.

Marek Janowski bei einem früheren Konzert in der Kölner Philharmonie mit dem WDR-Sinfonieorchester.

In der Kölner Philharmonie dirigierte Marek Janowski, Generalmusikdirektor in den ersten Jahren der neuerrichteten Philharmonie, das WDF-Sinfonieorchester.

Für die Betroffenen ist es schon eine Kränkung in Permanenz: Marek Janowski, Kölner GMD in den ersten Jahren der neuerrichteten Philharmonie, kommt immer wieder an den alten Wirkungsort – aber nicht etwa, um dort „sein“ Gürzenich-Orchester zu dirigieren, sondern, wie im jüngsten Abokonzert des WDR-Sinfonieorchesters, den lokalen Konkurrenten.

Dabei läuft der stadtkölnische Klangkörper unter seinem derzeitigen Kapellmeister François-Xavier Roth gerade in dem Repertoire zu großer Form auf, das auch Janowski – wie jetzt auch bei seinem Gastauftritt – beharrlich und intensiv beackert: der Sinfonik Anton Bruckners. Ob mal jemand Janowski Roths Bruckner-CDs schickt?

Wer Bruckner generell nicht goutiert, mag gerade in der Fünften Gründe für seine Abneigung finden

Für den jüngsten Auftritt hatte man sich Bruckners Fünfte ausgesucht, nicht gerade einen Renner des Konzertsaals – jedenfalls keinen, dessen Beliebtheit es mit der Vierten oder der Siebenten aufnehmen könnte. Das kommt nicht von ungefähr: Bruckner kehrt hier den hartgesottenen Kontrapunktiker heraus – auf Kosten der herzlichen, der weiträumig-gelassenen Melodik der Schwesterwerke.

Die Durchdringung des Ganzen mit einheitlicher Motivik, die Doppelfuge in der Durchführung des letzten Satzes, der Turmbau der kombinierten Themen ganz am Schluss – es wirkt alles ein bisschen forciert und gewaltsam, Vorbilder wie die Jupiter-Sinfonie oder das „Meistersinger“-Vorspiel kommen da gewandter, natürlicher, leichtfüßiger herüber.

Kurzum: Wer Bruckner generell nicht so richtig goutiert, mag gerade in der Fünften Gründe für seine Abneigung finden. Janowski tat jetzt übrigens wenig, um mögliche Vorbehalte zu neutralisieren. Das spricht beileibe nicht gegen seine Interpretation, der mit der Musik bis ins kleinste Detail Vertraute steckt vielmehr zu sehr in einer ehrlichen Kapellmeisterhaut, als dass er ihr jenen äußeren Glanz verpassen könnte oder wollte, den sie von Haus aus nicht hat.

Die Gesamtwirkung war etwas spröde

Da wird kein katholisches Weihrauchfass geschwenkt, da geht es auch nicht sehr „romantisch“ und in den Ländlerstellen nicht besonders volkstümlich zu. Janowski ist vielmehr ein harter Arbeiter an Klang und Struktur – und, ja, das auch, an den Gesten, am Sprachcharakter der Musik. Ein Beispiel: Der Beginn des Finales greift den ersten Satz wieder auf, reichert ihn aber mit einem im dritten Takt in der Klarinette erklingenden und dann immer wieder markant exponierten Oktavmotiv an. Die Wirksamkeit dieses „Surplus“ herauszustellen, ist Janowski in jeder Hinsicht der richtige Mann, diesbezüglich entgeht ihm nichts.

Die gewaltigen Crescendi über lange Strecken hinweg, die Dramaturgie der formalen Nahtstellen, auch die Triumphgebärden – sie alle entwickeln sich aus dieser nüchternen Innendarstellung der Partitur, nicht aus der Suche nach dem aufgesetzten Effekt. Das ist auch dann überzeugend und sympathisch, wenn es dem Hörer schwergemacht wird, Bruckner zu lieben.

Eine gewisse Sprödigkeit der Gesamtwirkung ging allerdings auch auf das Konto des Orchesters, in dessen Performance es neben vielen schönen und großartigen Stellen auch ein paar Flecken gab: etwas druckvoll-quäkende Blechbläser sowie überdrückte und auch nicht ganz homogene Passagen in den Violinen.