Das Nationale Sinfonieorchester der Ukraine gastierte in der Kölner Philharmonie und erntete stehende Ovationen für sein beherztes Spiel.
Nationales Sinfonieorchester der Ukraine in KölnBotschaften von Freiheit, Menschlichkeit und Unbeugsamkeit
Das populäre Programm hatte sicher dazu beigetragen, die Philharmonie bis auf den letzten Platz zu füllen, ebenso der beliebte Konzerttermin am Sonntagnachmittag. Aber die stärkste Zugkraft dürfte wohl in der Solidarität mit den Musikern gelegen haben: Nach 2017 und 2022 war das Nationale Sinfonieorchester der Ukraine auf Einladung der Kontrapunkt-Konzerte bereits zum dritten Mal in Köln zu Gast.
Die Arbeitsbedingungen des traditionsreichen Klangkörpers haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert, wovon der Solist des Abends, der aus Usbekistan stammende Pianist Nuron Mukumi, in einer sehr eindringlichen Ansprache berichtete. Dabei kamen nicht nur die Probleme der künstlerischen Arbeit zwischen Konzertsaal und Luftschutzkeller zu Wort, sondern natürlich auch die menschlichen Belastungen angesichts der Tatsache, dass Freunde und Kollegen der Orchestermitglieder an der Front sind - oder bereits dem Kriegsgeschehen zum Opfer fielen.
Arbeit unter kontinuierlich verschlechterten Bedingungen
Hat es viel Sinn, angesichts einer solchen Situation über Einsatzpräzision, Klangbalance und rhythmische Feinzeichnung zu befinden? Entscheidend ist im Moment, dass das Orchester spielen und reisen kann, dass es über die Musik Botschaften von Freiheit, Menschlichkeit und Unbeugsamkeit vermittelt - was in der Philharmonie auf sehr nachdrückliche Weise gelang.
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Wie schon bei ihrem letzten Besuch hatten die Ukrainer auch diesmal wieder Musik aus ihrer Heimat im Gepäck, das Orchesterstück „Langsam“ der 1962 geborenen Komponistin Victoria Poleva. Die Idee dieses zwischen neoromantischer Süffigkeit und alt-avantgardistischer Klangflächen-Komposition changierenden Werkes blieb eher dunkel; hörbar wurde allerdings, dass sich die Komponistin mit einigem Geschick in diesen unterschiedlichen Idiomen auszudrücken versteht.
Ein langsamer, aber charakterstarker Abend
„Langsam“ konnte im Grunde als Motto über dem gesamten Konzert stehen, was vor allem der ausgesprochen ruhig und bedachtsam führenden Hand des Chefdirigenten Volodymyr Sirenko zuzuschreiben ist. Schwer zu sagen, ob der 1996 in Taschkent geborene, unter anderem in London, Paris und Hamburg ausgebildete Nuron Mukumi Schumanns Klavierkonzert a-Moll nicht lieber ein bisschen schneller gespielt hätte. Insgesamt kam die ruhige Gangart seinem eher nachdenklichen, klar zeichnenden und sparsam pedalisierten Spiel sicherlich entgegen. Etwas mehr Schwung hätte das Stück aber schon vertragen - den lieferte Mukumi mit der geschmeidigen Zugabe des britischen Spätromantikers York Bowen nach.
Mit einer Spielstärke von etwa 60 Musikern kann man nur schwer in romantischen Klangwogen baden, aber genau das war auch gar nicht die Absicht des Orchesters und seines Chefs. Antonín Dvořáks neunte Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ ging hier einmal nicht in der höheren Einheit ihrer raffiniert verblendeten Orchesterfarben auf; stattdessen erlebte man eine ausgesprochen griffige, in den Registern und Solobeiträgen deutlich abgesetzte Darstellung, die vieles hörbar machte, das sonst von der luxurierenden Oberfläche bedeckt bleibt. Das Publikum bereitete diesem beherzten und charakterstarken Spiel stehende Ovationen und wurde mit zwei folkloristisch inspirierten Zugaben entlassen.