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Pianist Gavyrlyuk in der Kölner PhilharmonieStark, wo er technisch gefordert ist

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Pianist Alexander Gavrylyuk.

Köln – Es ist nicht ganz ungefährlich, einen Klavierabend mit Beethovens „Mondscheinsonate“ zu beginnen: Man braucht schon perfekte Kontrolle über das Instrument und die eigenen Anschlags-Nuancen, damit das berühmte Adagio sostenuto einen schlüssigen Spannungsbogen entfalten kann. Alexander Gavrylyuk fing in der Philharmonie durchaus überzeugend an: mit starken Bässen und dezidierter Artikulation in der Rechten, als wolle er dem Satz die fatale Mondschein-Assoziation bewusst entziehen. Aber dann verlor sich die Sache irgendwie in Einzelheiten, die Triolen wurden beiläufig und uneben - keine Frage: Der Hit aus der Klavierstunde ist alles andere als leicht zu gestalten.

Besser gelang dem aus der Ukraine stammenden Australier das Presto-Finale, wie er überhaupt überall da in seinem Element schien, wo er technisch stärker gefordert war. Das mag ihn auch bewogen haben, Schumanns „Kinderszenen“ aus ihrem häuslichen Idyll zu lösen und gewissermaßen podiumsreif zu machen: In den rascheren Sätzen zog er das Tempo extrem an, zumal beim „Ritter vom Steckenpferd“ ließ er die gesamte Kavallerie aufmarschieren. Auch den lyrischen Stücken („Träumerei“, „Kind im Einschlummern“) wäre ein wenig mehr Schlichtheit und Zurücknahme durchaus bekommen - immerhin werden hier verlorene Paradiese beschworen.

Alexander Gabrylyuk mit fabelhaftem Auftritt in Köln

Von den kürzeren Piècen aus dem zweiten Teil überzeugte vor allem die federnd, nicht dröhnend gespielte Chopin-Polonaise op. 40/1; in silbrige Chopin-Nähe rückte Gavrylyuk auch das späte Brahms-Intermezzo op. 119/1, was dem versponnenen Stück unerwartet gut bekam. Die große Stunde des Pianisten schlug allerdings mit den Bravour-Nummern, die er mit berechtigtem Kalkül jeweils ans Ende der Konzerthälften gestellt hatte: Liszts Tarantella aus „Venezia e Napoli“ war in jeder Hinsicht souverän in Szene gesetzt, mit perfektem Timing, gestochenen Repetitionen und anmutig fallendem Diskant-Lametta.

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Diesen fabelhaften Eindruck konnte Gavrylyuk mit der Liszt/Horowitz-Bearbeitung von Camille Saint-Saëns’ „Danse macabre“ nochmals steigern: Das ist von der Substanz her zwar bestenfalls höherer Tinnef, aber der aufgepeitschten Rasanz, der kichernden Dämonie, die Gavrylyuk in diesem effektvollen Arrangement hören ließ, kann sich kein echter Klavierfreund entziehen. Nach dem tosenden Beifall ließ der Pianist den Abend gleichwohl verhalten und nachdenklich ausklingen: mit Chopins es-Moll-Etüde op. 10/6.