Das Signum Quartett begeistert mit vier Stücken aus vier Jahrhunderten in der Kölner Philharmonie.
„Quartetto“ der Kölner PhilharmonieDas Signum Quartett bietet Weltklasse im kleinen Zirkel
Während des Vierteljahrtausends von 1772 bis 2024 diente keine andere europäische Gattung so durchgängig als kompositorischer Denk- und Innovationsraum wie das Streichquartett. Das ist erstaunlich angesichts aller sonstigen Verwerfungen und Umbrüche in Musik- und Weltgeschichte. Was bei Boccherini und Haydn begann, erfreut sich bis heute bleibender Aktualität bei Musikschaffenden und Publikum, nicht zuletzt dank vieler herausragender Formationen wie dem exzellenten Signum Quartett.
So wünscht man sich Streichquartette musizieren! In jeder motivischen Faser gestaltet, beredt artikuliert, präzise phrasiert, agogisch strukturiert, dynamisch differenziert, sowie gestisch zu Frage, Antwort, Zustimmung, Gegenrede pointiert. Indem die vier Instrumentalisten alle Details mit genauer Werkkenntnis und spieltechnischer Brillanz vortragen, setzen sie Text- und Wirkungssinn der Musik mustergültig um. Das ist Weltklasse, auch wenn sich dafür nur kleine verständige Zirkel in den Konzerthäusern der Welt einfinden, wie etwa bei der Reihe „Quartetto“ der Kölner Philharmonie.
So wie das Signum Quartett wünscht man sich Streichquartette musizieren
Joseph Haydn bezeichnete sein op. 20,4 noch als „Divertimento a quattro“, bevor die Gattung Streichquartett dann dank ihm und Mozart, Beethoven, Schumann, Brahms e tutti quanti ihre steile Karriere machte. Das Stück ist bereits viersätzig, zeigt hinsichtlich Form, Satztechnik und Periodenbau aber noch nicht die klassischen Standardisierungen. Stattdessen experimentiert Haydn mit ungewöhnlichen Themen- und Kontrastbildungen. Die wechselnden Charaktere wollen unterhalten und ringen zugleich um Einheit in der Vielheit.
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Noch nah an Haydn ist Robert Schumanns Quartett op. 41,2. Dessen Schlusssatz changiert flatterhaft zwischen obsessiver Motorik und kantablen Zitaten aus Beethovens „Liederkreis an die ferne Geliebte“. Die Uraufführung des Abends verdankte sich einem von mehreren Kompositionsaufträgen, die das Signum Quartett mit seinem südafrikanischen Bratschisten Xandi van Dijk anlässlich des dreißigsten Jahrestags des Endes der Apartheid in Südafrika an dortige Komponisten vergab. Bei Abel Selaocoes „Umthealo“ singen und improvisieren die Musiker eine schlichte Melodie, die sie durch tänzerische Gesten auch ins Publikum tragen, das die Dauerschleife gerne mitsingt.
Den Titelzusatz „Intime Briefe“ von Leoš Janáčeks zweitem Streichquartett sollte man ernst nehmen. Statt der Indiskretion aufzusitzen, der Komponist habe hier seine Liebe für eine viel jüngere Frau in Musik verklausuliert, gilt es die existentielle Expressivität dieser wunderbaren Musik zu erleben. Die erste Geige jubelt ekstatisch in Höchstlagen und überschlägt sich vor ungezügelter Freude und Lust in wilden Tänzen. Dann wieder zittern fahle Klänge auf nur halb gedrückten Saiten. Und zwischen das Schwärmen und hektische Jagen nach Erfüllung bricht immer wieder die Verzweiflung und Melancholie angesichts der Vergänglichkeit allen Glücks. Ein Erlebnis!