Von Greta Thunberg sei sie sehr enttäuscht, sagt Luisa Neubauer in einem ausführlichen Interview mit dem „Zeitmagazin“.
„Es ist offensichtlich, dass gerade einiges zerbricht“Luisa Neubauer äußert sich schockiert über Antisemitismus bei FFF
Einst brachten sie Millionen Menschen auf die Straße, nun stehen sie vor ihrer bisher größten Zerreißprobe: Der Gaza-Krieg droht die internationale Klimabewegung Fridays for Future (FFF) zu spalten – und zwingt die deutsche Sektion zu einer drastischen Entscheidung. „Das ist ein großer Schritt, der so vorher noch nie passiert ist“, teilte Fridays for Future Deutschland am Montag der mit. Weil die deutsche Gruppe auf Distanz zum weltweiten Netzwerk geht, müssten gemeinsame Kampagnen pausiert werden.
Luisa Neubauer von Greta Thunberg und Fridays For Future International enttäscuht
Inzwischen hat auch die wohl bekannteste deutsche Klimaaktivistin, Luisa Neubauer, die Haltung von „Fridays for Future International“ zum Nahost-Krieg kritisiert. Mit Blick auf umstrittene Postings von Gründerin Greta Thunberg (20) sagte Neubauer dem „Zeitmagazin“ am Montag: „Dass Greta Thunberg bisher nichts Konkretes zu den jüdischen Opfern des Massakers vom 7. Oktober gesagt hat, enttäuscht mich.“
In der Vergangenheit habe sie die Schwedin „als außerordentlich reflektiert und weitsichtig“ erlebt. Umso schmerzhafter seien die Erfahrungen der vergangenen Tage. Hintergrund der Kritik sind jüngste Beiträge auf dem Instagram-Account der internationalen Fridays-for-Future-Bewegung. Darin war etwa von einem „Völkermord“ gegen Palästinenser die Rede und von einem „Apartheidsystem“ Israels.
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Luisa Neubauer sieht antisemitische Narrative in FFF-Post
Überdies wurde westlichen Medien „Gehirnwäsche“ vorgeworfen, um zu erreichen, dass Menschen an der Seite Israels stünden. „Wenn jemand darüber schreibt, dass die Medien Menschen manipulieren, damit sie auf der Seite von Israel stehen, dann brauche ich auch keinen Experten, um die antisemitischen Narrative darin zu sehen“, kommentiert Neubauer diesen Post im Interview mit dem „Zeitmagazin“.
Thunberg hatte zudem auf Instagram ein Foto auf ihrem Profil geteilt, das sie mit einem Schild mit der Aufschrift „Stand with Gaza“ zeigte. Mehrere Stimmen warfen Thunberg und ihrer Bewegung Antisemitismus vor. Der deutsche Ableger von Fridays for Future distanzierte sich.
„Es ist offensichtlich, dass gerade einiges zerbricht“, so Neubauer, die Haltung von FFF International sei „auch persönlich schmerzhaft“. Sie betonte: „Hätte ich absehen können, dass auf dem internationalen Account von Fridays for Future solche Statements geteilt werden, ohne Absprache, ohne Faktencheck, dann hätten wir uns schon im Vorfeld klarer verortet.“
Luisa Neubauer kämpft gegen Antisemitismus und Desinformation
Es sei offensichtlich, dass es unterschiedliche Meinungen gebe, wenn es um Israel und Palästina gehe. „Das rechtfertigt aber weder Antisemitismus noch Desinformation. Und dass es das eben doch gibt, hat mich überrascht. Das habe ich nicht kommen sehen“, räumte die prominente Klimaschützerin ein.
Für Neubauer sei es befremdlich, „dass manche das Leid der palästinensischen Menschen selbstverständlich in seinem historischen Kontext sehen, während der historische Kontext des jüdischen Leids immer wieder ausgeblendet“ werde. Bei vielen Menschen sehe sie in Bezug auf die Historie im Nahen Osten und den Antisemitismus in Deutschland „krasses Unwissen“.
Die deutschen Fridays-for-Future-Aktivisten müssten nun klären, „mit wem wir noch eine Arbeitsgrundlage auf Basis gemeinsamer Werte finden, und wo die sein könnte“.
Keine Namensänderung bei Fridays for Future Deutschland vorgesehen
Eine Namensänderung ist nach Auffassung Neubauers keine geeignete Lösung für das Problem. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte mit Blick auf den Anti-Israel-Post unter anderem genau das gefordert. „Ich erwarte von Luisa Neubauer und Fridays for Future Deutschland eine wirkliche Abkoppelung, eine Namensänderung der Organisation und den Abbruch jeglicher Kontakte zu Fridays for Future International“, sagte Ratspräsident Josef Schuster vor einigen Tagen der „Bild“. Luisa Neubauer aber hält es für falsch, sich jetzt nur noch auf Deutschland zu fokussieren. Die Klimakrise sei schließlich global.
Die Aussagen zum Gaza-Krieg auf Instagram hatten scharfe Kritik an Fridays for Future ausgelöst. Der Sturm der Empörung entzündete sich unter anderem an einem Beitrag auf dem internationalen Instagram-Konto der Bewegung. „Wie westliche Medien Sie durch Gehirnwäsche dazu bringen, sich auf die Seite Israels zu stellen“, hieß es zu Beginn des Posts. Medien würden unter anderem verheimlichen, dass die islamistische Hamas und ihre Attacken auf Israel verwurzelt seien „in 75 Jahren Unterdrückung und ethnischen Säuberungen der Palästinenser“. Der Beitrag ist mittlerweile nicht mehr online einsehbar.
Zuvor hatte sich auch Thunberg als prominentestes Gesicht der Bewegung mehrmals mit den Palästinensern solidarisiert. „Gerechtigkeit für Palästina“, stand auf einem Schild, das sie bei ihrem jüngsten freitäglichen Klimaprotest vor dem Parlament in Stockholm in den Händen hielt.
Greta Thunberg initiierte Fridays for Future 2018
Fridays for Future (FFF) war 2018 von Thunberg in Stockholm initiiert worden. Schnell wurde daraus eine Weltbewegung, die besonders in Deutschland viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter gefunden hat. Die Bewegung versteht sich nicht nur als Klimaschutzbewegung. „Wir kämpfen für Gerechtigkeit und haben ein Selbstverständnis, in dem wir uns gegen jede Diskriminierung stellen. Es ist wichtig, dass wir dort, wo Ungerechtigkeit passiert, aufstehen und uns dagegenstellen“, hieß es von der deutschen Fridays-for-Future-Sektion. (pst mit kna/dpa)