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CDU und Grüne sondierenSchon ziemlich beste Freunde?

Lesezeit 4 Minuten
Sondierung

Mona Neubaur und Hendrik Wüst stehen vor dem Beginn von Sondierungsgesprächen vor der Presse.

Düsseldorf – „Ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“ Im Kino-Klassiker „Casablanca“ wird der Satz von Humphrey Bogart ausgesprochen. Am Mittwoch, kurz nach 14.30 Uhr, wird er von einem hochrangigen CDU-Mann vor dem Düsseldorfer Malkasten zitiert. Natürlich scherzhaft. Denn niemand weiß, ob und was das wird mit dieser neuen Beziehung.

CDU und Grüne treffen sich in den Räumlichkeiten des Künstlervereins, um Sondierungsgespräche zu führen. Die Stimmung ist gut. Beim Shake-Hands wird gescherzt. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, oder?“, sagt eine Grüne und lacht. Hermann Hesse. Der muss immer für alles herhalten.

Ergebnis-Papier am Freitag

Drei Tage nehmen sich CDU und Grüne nun Zeit, um auszuloten ob es klappt mit der „wunderbaren Freundschaft“. Am Freitag wollen die Teams ein Ergebnis-Papier vorlegen, über das die Parteien am Sonntag dann in ihren Gremien abstimmen. Sollten die Eckpunkte durchgewunken werden, kommt es zu Koalitionsverhandlungen. Der schwarz-grüne Zug wäre dann unterwegs Richtung Regierungsbildung.

Trotz der auffällig guten Stimmung zwischen den Delegationen ist die Sache natürlich längst noch nicht geritzt. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gibt sich beim Eröffnungsstatement im Garten des Kunstvereins betont optimistisch. Jeder wisse, dass die Parteien unterschiedliche Schwerpunkte bei den Zukunftsthemen hätten. Jetzt gehe es darum, gemeinsame Antworten zu geben und „von einem Oder zu einem Und zu kommen“, sagt der Regierungschef.

Neubaurs Zurückhaltung

Neubaur klingt etwas zurückhaltender. Ziel sei es, zu einem „belastbaren Papier“ zu kommen, sagt die Parteichefin der Grünen. Man sei nicht „pro forma hier oder zum Spaß“, sondern „gut vorbereitet und voller Ernsthaftigkeit.“ Die Grünen seien durch ihr gutes Abschneiden bei der Landtagswahl vom Wähler beauftragt worden, Verantwortung zu übernehmen. Es gehe darum, in einer künftigen Landesregierung Zuversicht auszustrahlen. „Die Menschen in NRW brauchen eine Regierung auf der Höhe der Zeit. Wir sind dazu bereit“, sagt Neubaur.

Dann geht es in den großen Sitzungssaal. Dort sind die Tische in einem Viereck angeordnet. Die Grünen sitzen rechts nebeneinander, die CDU links gegenüber. Die jeweils elfköpfigen Teams sind zusammen platziert, damit sie sich besser austauschen können. Vor Kopf nehmen Wüst und Neubaur Platz, Seite an Seite. Direkt neben Wüst sitzt Nathanael Liminski, der Chef der Staatskanzlei. An der Seite von Neubaur sortiert der Co-Vorsitzenden Felix Banszak seine Unterlagen.

Die CDU hatte die Wahl am 15. Mai mit 35,7 Prozent klar gewonnen. Die SPD rutschte mit 26,7 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis bei einer NRW-Landtagswahl ab. Die Grünen konnten ihren Stimmenanteil im Vergleich zu 2017 auf 18,2 Prozent fast verdreifachen und landeten auf dem dritten Platz. CDU und Grüne haben danach eine bequeme Mehrheit im neuen Landtag, der nächste Woche erstmals zusammenkommt. Rechnerisch möglich wäre aber auch eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP oder eine Große Koalition. Diese Varianten gelten aber als eher unwahrscheinlich.

Kritik an Teambesetzung

Zweierbündnisse aus CDU und Grünen regieren derzeit bereits in Hessen unter Führung des CDU-Manns Volker Bouffier und in Baden-Württemberg unter Führung des Grünen Winfried Kretschmann. Auch im Bund werden schon seit Jahren Aussichten eines solchen Bündnisses gedanklich durchgespielt. Falls es zu einem Koalitionsvertrag käme, wäre es die erste schwarz-grüne Regierung in NRW. Diese historische Dimension ist den Parteien bewusst.

Zum Sondierungsteam zu gehören ist ein Prestigegewinn. Klar, dass die Zusammensetzung bei CDU und Grünen auch intern Fragen aufwirft.

In der Sitzung der Grünen-Fraktion wurde am Dienstagvormittag offenbar bemängelt, dass Neubaur zu wenig Fachpolitiker aus den eigenen Reihen in die Sondierungsgespräche eingebunden hat. So wurden zum Beispiel die Energieexpertin Wibke Brems, Gesundheitsexperte Mehrdad Mostofizadeh und der verkehrspolitische Sprecher Arndt Klocke nicht in den Malkasten eingeladen. Dafür nahmen überraschend der Bürgermeister von Emsdetten, Olivier Kellner und die EU-Abgeordnete Terry Reintke teil.

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Auch bei der CDU gab es eine Überraschung. So fand sich die frühere Integrationsstaatssekretärin Serap Güler nicht auf der Teilnehmerliste wieder. Die Politikerin aus Köln hatte zu einer kleinen Spitzenrunde gezählt, die Wüst zum allerersten Schnuppertreffen mit den Grünen in der vergangenen Woche mitgenommen hatte. Güler könne nicht teilnehmen, weil sie zu einer Gedenkfeier in die Türkei gereist sei, sagte ein CDU-Sprecher. Vor einem Jahr war der Vater der Politikerin in seiner Heimat beigesetzt worden. Möglicherweise werde Güler später an den Koalitionsverhandlungen teilnehmen, falls es dazu kommen sollte, hieß es.

Nächste Woche kommt der Landtag zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die CDU nominierte den bisherigen Landtagspräsidenten André Kuper für eine weitere Amtszeit. Die Besetzung der Stellvertreterposten ist noch unklar. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass die Grünen die Kölner Integrationsexpertin Berivan Aymaz für das Spitzenamt vorschlagen werden.