Präsesbericht bei der Landessynode„EKD muss sich fragen, wie anpassungsfähig sie ist"
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Düsseldorf – In seinem ersten Jahresbericht, den Präses Thorsten Latzel vor der rein digital tagenden Rheinischen Landessynode in Düsseldorf abgab, spielte die Flutkatastrophe im vergangenen Sommer eine zentrale Rolle. „Da ist etwas zerrissen.“ Auch ihn selbst und seinen Glauben hätten die Geschehnisse verändert: „Das Leiden, die Zerstörung ganzer Orte, aber auch die faszinierende Nähe und Hilfsbereitschaft.“ Da habe es „viel Zuspruch im Kleinen“ gegeben, sagte der promovierte Theologe, leitender Geistlicher der mit 2,4 Millionen Mitgliedern zweitgrößten evangelischen Landeskirche.
Latzel, der als besonnen und zugleich eloquent gilt, benutzt gern anschauliche Bilder. Mit Blick auf seine zahlreichen Begegnungen mit Flutopfern im Ahrtal sagte er, er habe versucht, von dem Vertrauen zu Gott „buchstäblich im Schlamm“ zu sprechen. „Wir brauchen eine Theologie der schmutzigen Schuhe.“
„Digitalisierungsschub" in den Gemeinden
Latzel, seit März 2021 im Amt und für acht Jahre gewählt, zeigte sich überzeugt, „dass wir trotzig und getrost auf Gottes Hilfe bauen können“. Auch die Pandemie habe ihm erneut verdeutlicht, wie wichtig „nachgehende Seelsorge“ sei und was an „Begegnungskultur“ fehle.
Dennoch beobachte er in vielen Gemeinden der Landeskirche, die sich vom Niederrhein bis ins Saarland erstreckt, „viel Bewegung und viele Aufbrüche“, einen „Digitalisierungsschub“ eingeschlossen.
Hoffnung statt „billiger Optimismus"
Insgesamt fällt der Bericht des Präses im Grundton positiv aus, wobei Latzel lieber von Hoffnung redet als von „billigem Optimismus“. Zu den großen Herausforderungen gehöre, dass die EKD in den vergangenen 50 Jahren um 15 Millionen Mitglieder geschrumpft ist. 1972 habe die Frage einer soziologischen Untersuchung „Wie stabil ist die Kirche?“ gelautet. Heute müsse sie sich fragen, wie „agil, anpassungs- und zukunftsfähig“ sie ist.
Bei einer ebenfalls digitalen Pressekonferenz auf das Verhältnis zur katholischen Kirche angesprochen, betonte Latzel, die Vorgänge im Erzbistum Köln irritierten auch viele evangelische Christen. Er wolle die ökumenischen Kontakte, etwa zu den Bistümern Trier und Essen, aber weiter intensivieren. Er plädierte für einen Kurs der „versöhnten Verschiedenheit in Wahrung der eigenen Traditionen“. Dass es „Pluralismus im Glauben“ gebe, zeige sich schon daran, „dass wir vier Evangelien“ mit unterschiedlicher Akzentuierung haben. In der Abendmahlsfrage müsse „noch etwas passieren“.
Schwieriger Dialog mit Querdenkern
Die Frage, ob er sich auf die Rückkehr von Kardinal Woelki freue, überhörte der Präses diplomatisch.
Was ihn sorge, sei der schwierige Dialog mit „Querdenkern“, deren Sorgen er ernst nehme, auch wenn sie die Voten von Wissenschaftlern ignorierten. Sich impfen zu lassen, halte er für einen „Ausdruck der Nächstenliebe“. Für eine Impfpflicht, die nicht mit Impfzwang verwechselt werden dürfe, zeigte sich Latzel aufgeschlossen, aber es gebe noch viele ungeklärte Fragen.