Düsseldorf – Kaum stand das Wahlergebnis fest, da begann schon das Werben um die Grünen. CDU und Grüne seien die klaren Gewinner des Wahlabends, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja im „Morgenmagazin“ am Montag. „Und in diese Richtung wird jetzt auch die Koalitionsbildung laufen.“
Die Grünen, die bei der letzten Landtagswahl noch um ihren Wiedereinzug bangen mussten, gehen nun als Königsmacherin in die Koalitionsgespräche. Manche Mitglieder des traditionell eher linken Parteiflügels in NRW tun sich aber schwer mit der so vielen selbstverständlich scheinenden schwarz-grünen Option.
Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur hält sich mit Blick auf mögliche Koalitionen noch bedeckt. Es gehe um die Menschen in NRW „und nicht um Befindlichkeiten“, so Neubaur nach der Wahl. Die Grünen seien sich ihrer Verantwortung bewusst und daher auch bereit für „Konstellationen, wo es weite Wege zu gehen gäbe“. Gleichzeitig betont sie: „Für uns gibt es auch mit diesem Wahlergebnis keine Automatismen und keine Ausschlüsse von Koalitionen unter demokratischen Parteien.“
Einige Knackpunkte liegen zwischen CDU und Grünen
Fast neun Prozent liegen zwischen den Christdemokraten und der SPD. Den reinen Zahlen nach wirkt schwarz-grün wahrscheinlich, doch zwischen den Parteien liegen viele Knackpunkte: Die Grünen lehnen flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung, Erkennungs-Software und Taser ab, die CDU schrieb diese Punkte in ihr Wahlprogramm. Im Gegensatz zu den Grünen möchten die Christdemokraten an dem pauschalen Mindestabstand von Windrädern und Wohngebieten festhalten und das Wahlalter bei 18 Jahren belassen.
Die Grünen wollen Photovoltaik auf jedem Dach, die Mietpreisbremse ausweiten und den Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromversorgung bis 2030 auf 80 Prozent steigern – Forderungen, mit denen sich die CDU mindestens schwertun wird. Nicht ohne Grund musste sich Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der NRW-Grünen, kurz nach der Wahl die Frage gefallen lassen, ob die Grünen bald mit Herbert Reul den Hambacher Forst räumen.
Grüner Jugend würde schwarz-grün „sehr, sehr schwerfallen“
Es sei kein Geheimnis, „dass gerade wir für eine linke Mehrheit gekämpft haben“, betont Nicola Dichant, Sprecherin der Grünen Jugend in Nordrhein-Westfalen gegenüber dieser Zeitung. Bei den jungen Wählerinnen und Wählern unter 30 Jahren wurden die Grünen mit 25 Prozent stärkste Partei – ein Erfolg, den Dichant auch der Arbeit der Grünen Jugend zuschreibt. Da es nun für eine linke Mehrheit nicht reiche, müsse „jetzt mit allen demokratischen Parteien sehr ernsthaft verhandelt werden.“ Vorschnelle Entscheidungen seien unangebracht.
Eine schwarz-grüne Koalition würde dem Jugendverband „sehr, sehr schwerfallen.“ Mit der CDU gebe es in vielen Bereichen „grundsätzlich verschiedene Positionen“, beispielsweise in der Innenpolitik, wo die Christdemokraten mit dem neuen Versammlungsgesetz NRW dafür gesorgt hätten, dass auch die Versammlungsfreiheit von Klimaaktivistinnen „sehr schwer eingeschränkt“ werde. „Das geht so nicht“, sagt Dichant.
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Eindeutige Koalitionsaussagen will Arndt Klocke noch nicht treffen, für den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen steht jedoch fest: „Wir werden Teil der nächsten Landesregierung sein.“ Die Reihenfolge bei den Sondierungen folge jedoch einer klaren Vorgabe - Hendrik Wüst sei klarer Wahlsieger.
Ähnlich äußert sich die Kölner Abgeordnete Eileen Woestmann: „Es sollte nicht um Farben gehen, sondern darum, wo wir die meisten grünen Inhalte platzieren können“, so Woestmann. „Auf Bundesebene arbeiten wir mit der Ampel zusammen, in Köln mit der CDU. Man sieht ja, dass es funktioniert.“
Remmel hält Ampel für abwegig
Auch Johannes Remmel, früherer NRW-Umweltminister der Grünen, sieht Schwarz-Grün noch lange nicht in trockenen Tüchern. „Schon vor der Wahl hatte ich eine dunkle Ahnung im Hinterkopf, dass am Ende eine Große Koalition des Stillstands in NRW herauskommen könnte. Inhaltlich wäre die SPD jedenfalls auf die kurze Sicht für die CDU einfacher und würde auch für die Berliner SPD strategisch sinnvoll erscheinen“, sagte Remmel dem „Kölner Stadt-Anzeiger. „Schwarz-Grün ist kein Selbstläufer und müsste sich deutlich als Koalition für Veränderung, Klimaschutz und gesellschaftlichen Zusammenhalt positionieren. Hier gibt es hohe Erwartungen, gerade im Bereich Energiewende und Mobilitätspolitik.“
Der langjährige Spitzenpolitiker der Grünen hält eine Ampel für abwegig. „Eine Ampel in NRW hätte im Gegensatz zum Bund das Startproblem, dass die Grünen mit zwei „Wahlverlierern“ koalieren würden. Klar ist: alle demokratischen Parteien müssen miteinander gesprächsfähig sein, aber bei den NRW-Liberalen gibt es immer noch den langen Schatten der Neoliberalen aus der Möllemann-Zeit“, sagt Remmel. (mit dpa)