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Kommentar

Kommentar zu Polizei und Protest
In Lützerath dürfen nicht die falschen Bilder entstehen

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Lesezeit 3 Minuten
Ein Polizist beobachtet Klimaschutzaktivisten, die am Rand des Tagebaus sitzen. Das Dorf Lützerath soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II abgebaggert werden.

Ein Polizist beobachtet Klimaschutzaktivisten, die am Rand des Tagebaus sitzen. Das Dorf Lützerath soll zur Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II abgebaggert werden.

Am Tagebau Garzweiler II wird der Raubbau an der Natur sichtbar. Protest ist verständlich, doch er muss zielgerichtet und friedlich bleiben.

Der Kampf um Lützerath, das Dorf auf 110 Millionen Tonnen Braunkohle im Rheinischen Revier, ist vor allem ein Kampf um Bilder und Deutungshoheiten. Längst ist der Ort von seinen Bewohnern verlassen, ein Geisterdorf nur mehr. Der Energiekonzern RWE ist rechtmäßiger Eigentümer und darf es nach eigenem Ermessen nutzen – Abbaggern eingeschlossen.

Aber schon wenn man sieht, wie sich Bagger 261 mit seinem riesigen Schaufelrad von 17 Metern Durchmesser durch die Landschaft auf Lützerath zu fräst, bekommt man eine Ahnung, warum sich mehrere Hundert Aktivistinnen und Aktivisten in einem letzten Aufbäumen gegen den Untergang Lützeraths stemmen: An kaum einem Ort wird der zerstörerische Raubbau an der Natur so sinnfällig wie hier, an der Abbruchkante des Braunkohle-Tagebaus.

Kohleausstieg 2030 ist ein Erfolg – das geht in Lützerath unter

Weil die Verfeuerung der hier lagernden Kohle unweigerlich die klimarelevante CO2-Bilanz verschlechtern würde, sagen die Aktivisten, dass die kritische Grenze von 1,5 Grad Erderwärmung mitten durch Lützerath verläuft.

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Ob die Kohle unter Lützerath wirklich vonnöten ist, um bis zum Kohleausstieg in NRW 2030 die Energiesicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, das ist umstritten. Unbestreitbar aber haben die schwarz-grüne Landesregierung und RWE Lützerath bei der Einigung auf einen vorgezogenen Kohleausstieg zur Verfügungsmasse gemacht.

Verständlicherweise nehmen Umwelt- und Klimaschützer das gerade den Grünen übel, die nun in Regierungsverantwortung das verteidigen müssen, was sie vermutlich noch vor einem oder zwei Jahren selbst vehement bekämpft hätten. Dabei ist der Kohleausstieg 2030 selbst ein Sieg für die Umwelt, ein Erfolg der Klimabewegung. Im lautstarken und symbolträchtigen Widerstand gegen das – wohl unumgängliche – Ende von Lützerath geht das allzu leicht unter.

Ja, friedlicher Protest ist vielleicht sogar notwendig

Gegen friedlichen Protest ist dennoch nichts einzuwenden. Ja, er ist vielleicht sogar notwendig, damit Politik, Energie-Erzeuger, aber auch die -Verbraucher sich nicht damit zufrieden geben, dass man in NRW doch so einen schönen Deal ausgehandelt habe.

Selbst Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach hat in einem Brief an die Besetzer Sympathie für deren Anliegen erkennen lassen. „Ich wünschte, die Räumung von Lützerath hätte sich vermeiden lassen“, schrieb der oberste Vollzugsbeamte – wohl wissend, dass seine Einsatzkräfte mit gewaltsamer Gegenwehr konfrontiert sein dürften, wenn sie in wenigen Tagen in Lützerath dem Recht Geltung verschaffen.

Die falschen Bilder entstehen: Die Polizei räumt nicht den Klimaschutz aus dem Weg

Dass Polizistinnen und Polizisten dabei um Leib und Leben fürchten müssen, ist schon an sich empörend. Es drohen aber auch die völlig falschen Bilder. Als ob der Staat mit seinen Machtmitteln den Klimaschutz aus dem Weg räumen wollte; als ob die Polizei Gegnerin des zivilgesellschaftlichen Engagements oder – wie es der Einsatzleiter der Polizei in Lützerath formuliert hat – „Büttel von RWE“ wäre.

Spätestens seit den Gewaltexzessen an Silvester mit den Angriffen auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte sollte klar sein, was auf dem Spiel steht, wenn der Respekt vor dem Rechtsstaat verloren geht. Ihn zu schützen und zu verteidigen, ist nicht in erster Linie Sache der Polizei, sondern aller Bürgerinnen und Bürger.

Wenn die Klima-Aktivisten in Lützerath sich zur Gewalt hinreißen, sich von gewaltbereiten Randalierern unterwandern lassen oder gar mit ihnen gemeinsame Sache machen, dann beschädigen sie das Fundament, auf dem ihr Engagement ruht – die freiheitliche, rechtsstaatliche Ordnung. Das können sie nicht wollen.