2024 wird ein Jahr, in dem viele Weichen gestellt werden. Auch NRW steht vor historischen Entscheidungen und Ereignissen.
Leverkusener Brücke, Olympia und WahlHier werden 2024 in NRW die Weichen für die Zukunft gestellt
2024 werden in Nordrhein-Westfalen die Weichen für die Zukunft gestellt. Ein Ausblick auf die wichtigsten politischen Entscheidungen im kommenden Jahr.
Verkehr
Sie ist das Sinnbild der maroden Verkehrsinfrastruktur von NRW: Fast zehn Jahre war die A1-Rheinbrücke bei Leverkusen für Lkw über 3,5 Tonnen gesperrt. Lange Staus auf dem Kölner Autobahnring waren die Folge, das Tempolimit von 40 Kilometern pro Stunde in den Sperranlagen zerrte an den Nerven der Autofahrer. Damit ist 2024 Schluss. Am 4. Februar wird Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) an der Rheinquerung erwartet, um das Flatterband des Neubaus zu durchschneiden. Der ADAC geht davon aus, dass die Freigabe der neuen Brücke die Staulage rund um Köln erheblich entspannt. Die langen Lkw-Staus vor dem Leverkusener Kreuz aus Richtung Burscheid, die durch das Abbiegen des Schwerverkehrs auf die A 3 Richtung Frankfurt verursacht wurden, gehören dann wohl der Vergangenheit an.
Damit ist der erste Teil des Mammut-Projekts geschafft. Die neue Brücke besteht aus zwei Teilbauwerken, der Neubau der Geschwisterbrücke soll Ende 2027 abgeschlossen sein. Vor der Freigabe wird die A 1 zwischen Köln-Nord und dem Kreuz-Leverkusen vom 19. Januar bis zum 4. Februar voll gesperrt. Die Schranken werden abgebaut und die Verkehrsführung neu eingerichtet. Seit 2016 verhinderte eine Ampelanlage, dass Fahrzeuge über 3,5 Tonnen über die Rheinbrücke fahren konnten. Die alte Leverkusener Brücke war der Belastung durch das immer größer werdende Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen.
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Umwelt
Bekommt NRW einen zweiten Nationalpark? Bis zum Ende des ersten Quartals sollen die interessierten Regionen ihre Bewerbungen abgeben. Danach will die Landesregierung eine Entscheidung treffen und eine Nationalpark-Verordnung erlassen. Als mögliche Standorte gelten unter anderen der Arnsberger Wald, das Ebbegebirge, Reichwald, Hürtgenwald und der Rothaarkamm. Und es gibt schon einen Kandidaten: Der Großraum „Südliche Heideterrasse“ ist im Rennen. Dazu gehört auch die Wahner Heide, die auch auf Kölner Stadtgebiet liegt. Das Gebiet habe besondere naturschutzfachliche Bedeutung. Nachgewiesen sind hier 900 besondere Arten von der Heidelerche bis zum Kiemenfußkrebs.
Vorbild für neue Nationalparke ist der Nationalpark Eifel, wo mehr als 2800 bedrohte Arten Zuflucht gefunden haben. „Nationalparke sind Schatzkammern der Natur und Impulsgeber für eine nachhaltige Regionalentwicklung“, sagte NRW-Umweltminister Oliver Krischer unserer Zeitung.
Die 20-jährige Erfolgsgeschichte des Nationalparks Eifel zeige „eindrucksvoll“, wie aktiver Naturschutz, sanfter Naturtourismus und die Stärkung der regionalen Wirtschaft gemeinsam profitieren könnten. „Diese Erfolgsgeschichte möchten wir fortschreiben und auch anderen Regionen ermöglichen“, so der Grüne. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich in der Koalitionsvereinbarung zum Ziel gesetzt, nach der Gründung des Nationalparks Eifel im Jahr 2004 einen zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen auszuweisen.
Olympische Spiele 2036
Mit hoher Energie hatten das Land und der Sportmanager Michael Mronz die Bewerbung von NRW für nachhaltige Olympische Spiele 2032 in der Rhein-Ruhr-City betrieben. Doch der Aufwand wurde erneut nicht belohnt. Schon 2003 war die Bewerbung von Düsseldorf für 2012 gescheitert. Auch diesmal hatten andere die Nase vorn. Am Ende entschied sich das IOC für Brisbane – ohne Rhein-Ruhr überhaupt in die engere Wahl gezogen zu haben.
Doch NRW gibt die Hoffnung nicht auf. In der Staatskanzlei setzt man darauf, den Zuschlag für die Ausrichtung der Spiele in den Jahren 2036 oder 2040 zu erhalten. Für 2036 hat allerdings auch bereits Berlin sein Interesse angemeldet – die Spiele würden dort genau 100 Jahren nach dem von den Nationalsozialisten instrumentalisierten Wettbewerb im Jahr 1936 stattfinden.
NRW müsste sich die Ausrichtung mit der Bundeshauptstadt teilen. Eine Sprecherin der Staatskanzlei sagte unserer Zeitung, die an der ursprünglichen Olympiainitiative „Rhein Ruhr City 2032“ beteiligten Kommunen und das entsprechende Konzept seien „weiterhin Bestandteil der nordrhein-westfälischen Kandidatur“. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) soll nun ein Konzept für eine Bewerbung ausarbeiten. „Dieses soll voraussichtlich im Sommer 2024 durch den DOSB vorgestellt werden und Grundlage für eine deutsche Bewerbung um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele 2036 und gegebenenfalls 2040 sein“, so die Sprecherin.
Der Kölner Michael Mronz mischt wieder mit, diesmal jedoch in anderer Funktion. Er wurde im Oktober als Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt. Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprach er sich kurz danach nicht für Olympia in Rhein-Ruhr aus. Diplomatisch erklärte er: „Es gibt verschiedene Olympia-Interessenten in Deutschland, das sind Berlin, Hamburg, München, Leipzig und Nordrhein-Westfalen. Ich kenne den aktuellen Planungsstand des DOSB nicht, deshalb kann ich dazu heute nicht mehr sagen.“
Europawahl
Am 9. Juni 2024 finden Europawahlen statt. Die Abstimmung gilt auch in NRW als spannender Testlauf für die Bundestagswahl, die ein Jahr später stattfindet. Bei dem Urnengang wird voraussichtlich erstmals das Bündnis Wagenknecht antreten. Wahlforscher rechnen damit, dass es durch die neue Partei zu einer Verschiebung des Parteienspektrums kommen könnte.
Neben dem Abschneiden der Ampel-Parteien könnte das Ergebnis der CDU Rückwirkungen auf NRW entfalten. Im Landesvorstand wundern sich mache darüber, warum die CDU nicht stärker von der Schwäche der Regierungskoalition profitiert. Sollte die CDU unter die derzeitigen Umfragewerte fallen und unter 30 Prozent bleiben, wären Diskussionen über die künftige Strategie programmiert. Sollte die AfD hohe Zustimmungswerte erhalten, wäre CDU-Chef Friedrich Merz mit seinem Anspruch, die AfD durch einen konservativeren Kurs der Union zu halbieren, gescheitert. Der Ruf nach einem Führungswechsel in der CDU vor der Bundestagswahl würde Fahrt aufnehmen. Merz-Kritiker halten NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst für den aussichtsreicheren Kanzlerkandidaten.
K-Frage entscheidet sich
Um Personaldebatten aus dem Weg zu gehen, hatten sich Spitzenvertreter der CDU auf die Sprachregelung verständigt, die Frage nach der Kanzlerkandidatur werde im Jahr vor der Bundestagswahl beantwortet. 2024 ist es also nun so weit. Die CDU muss Farbe bekennen. Wer tritt 2025 für die Union an, um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abzulösen? Auf dem Papier ist die Sache klar. Friedrich Merz hat als Partei- und Fraktionschef den ersten Zugriff und damit alle Trümpfe in der Hand.
Dennoch ist die Kandidatur kein Selbstläufer. In der CDU wirft man den Chef eine mangelnde Impulskontrolle vor. Es sei nicht auszuschließen, dass Merz einen dummen Fehler begehe und sich damit selbst aus dem Rennen nehme. Erst, wenn ein solcher Fall eingetreten sei, könne die Stunde von Wüst schlagen. „Hendrik hat kein Interesse an einem Showdown zum jetzigen Zeitpunkt“, heißt es. Er wolle nicht für eine interne Spaltung verantwortlich gemacht werden, die die Union insgesamt nur schwächen würde, heißt es. Wüst sei mit 48 noch jung genug, um abzuwarten, bis seine Zeit gekommen sei, sagt ein Mitglied des Landesvorstands. „Früher oder später“ komme die Bundespartei nicht an ihm vorbei.
Weil die Wüst-Nachfolge die NRW-CDU derzeit vor Probleme stellen würde, hofft man in Düsseldorf, dass die Kanzlerkandidatur vorerst kein Thema ist.