Am Dienstagabend haben sich die NRW-Spitzenkandidaten und die NRW-Spitzenkandidatin in der WDR-Wahlarena präsentiert.
Vom Verkehr über Energie bis zu Geflüchteten machten die Landespolitiker ihre Positionen klar.
Die Äußerungen deuten auf Annäherungsversuche für Koalitionen hin. Die Analyse.
Düsseldorf/Köln – Es sind vor allem die Schnellfrage-Runden in der Wahlarena des WDR-Fernsehens, an denen sich mögliche Koalitionen nach der Landtagswahl am 15. Mai ablesen könnten. Tempo 30 in den Innenstädten? Weg mit der Abstandsregelung bei Windrädern? Braucht NRW mehr Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft? Hat NRW zu viele Flughäfen? Bei den Spitzenkandidaten von SPD und Grünen, Thomas Kutschaty und Mona Neubaur, gehen da die Daumen hoch.
Und selbst bei der heiklen Frage, ob in Ballungsgebieten der Bau von Einfamilienhäusern eingeschränkt werden sollte, ist Rot-Grün sich einig. Allerdings zeigt der Daumen hier nicht nach oben, sondern verharrt auf der Jein-Position.
Feuer in der Runde: Stamp streitet mit Wagner
Die Fünfer-Runde in der Wahlarena in Bocklemünd knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl fördert ansonsten wenig Überraschendes zutage. Einzig der FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp bringt etwas Feuer in die Debatte, weil er mehrmals versucht, die Politik des AfD-Fraktionschefs Markus Wagner zu entlarven. Beim Thema Kohleausstieg und Klimawandel wirft er Wagner vor, seine Fraktion stelle die „Notwendigkeit der Energiewende“ grundsätzlich in Frage. „Das haben wir uns fünf Jahre lang angehört. Das muss ich jetzt nicht mehr tun.“
Im Prinzip sind sich die vier Spitzenpolitiker einig. Der Kohleausstieg 2030 bleibt trotz der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise das Ziel. Die Unterschiede liegen eher im Detail. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty wiederholt den mehrfach im Wahlkampf vorgetragenen Satz, er werden in NRW nicht das letzte Kohlekraftwerk abschalten, wenn als Folge die Chemieindustrie keine Medikamente mehr produzieren können.
Mona Neubaur prägt für die Grünen immerhin mal einen neuen Begriff in der Energiewende-Debatte. Um das 1,5 Grad-Ziel bis 2030 nicht aus dem Blick zu verlieren, müsse NRW beim Ausbau der Erneuerbaren den „Überproduktionspfad“ einschlagen – auch mit Blick auf den Industriestandort NRW. Neue Technologien schaffen eben auch neue Arbeitsplätze.
Spitzenkandidaten diskutiere über Energiewende
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) übt sich lange Zeit in der Rolle des Ausgleichens, als wolle er schon erste Brücken zu einem möglichen grünen Koalitionspartner bauen, wenn es für ein Weiterregieren mit der FDP nach dem 15. Mai nicht mehr reichen sollte.
Man müsse „raus aus der Abhängigkeit von russischen Energieimporten durch den Bau von LNG-Terminals und strategische Energiepartnerschaften des Landes mit Belgien und den Niederlanden. „Wir müssen müssen unterscheiden zwischen kurzfristigen und langfristigen Problemen“, sagt er. „Die sechs Kraftwerke, die dieses Jahr vom Netz gehen, müssen in die Reserve überführt und nicht stillgelegt werden.“
Joachim Stamp kann beim Thema Energiewende dann für die FDP noch ein Alleinstellungsmerkmal herausstellen. Sieht man einmal von der AfD ab, ist er der einzige in der Runde, der für eine Verlängerung der Laufzeiten der drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland plädiert. Auch wenn kein einziges davon in NRW steht.
Viel Übereinstimmung beim Thema Verkehr
Beim Thema Verkehr werden es vor allem die Menschen auf dem Land und in den kleineren Gemeinden schwer haben, wenn es um das Kreuzchen am 15. Mai geht. Alle sind dafür, dass die Anbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr besser werden muss. Sei es durch Schnellbusse im Stundentakt, wie die grüne Kandidatin Mona Neubaur es fordert. Ein Zug, auf den Thomas Kutschaty („Ich komme aus einer Eisenbahnerfamilie und fahre gern Zug“) aufspringt.
Die FDP will auch mehr tun, setzt aber mehr auf die digitale Vernetzung und On-Demand-Angebote. Hendrik Wüst (CDU), der ja mehr als vier Jahre Verkehrsminister war und sich bei der Eröffnung aller Bauprojekte als eifriger Spatensammler betätigte, wird auf den Bau von Ortsumgehungen für Dörfer, die vom Durchgangsverkehr hoch belastet sind, keineswegs verzichten.
In dem Punkt gibt es tatsächlich einen kleinen Verkehrskrach mit Mona Neubaur. Der Fahrplan der Grünen sieht vor, dass Straßen vor allem saniert und keine neuen mehr gebaut werden. Und der ÖPNV Vorfahrt bei den Investitionen hat. Er habe nichts dagegen, jeden Ort ab 20.000 Einwohner an ein Schnellbusnetz anzuschließen, sagt Wüst. Und das Sanierungen von Brücken und Autobahnen weiterhin dringlich sind, sei doch selbstverständlich. Aber: „Die kaputte Rahmede-Talbrücke wird auch nicht schneller fertig, wenn in der Eifel eine Ortsumgehung nicht gebaut wird.