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JahresrückblickDie medizinische Versorgung im Kreis Euskirchen bereitet große Sorgen

Lesezeit 8 Minuten
Das Luftbild zeigt das Krankenhaus in Schleiden.

Die drastischen Einschnitte im Krankenhaus Schleiden, verkündet zu Jahresbeginn und resultierend aus Finanznot und Personalmangel, gipfeln in der Schließung der Notaufnahme zum 1. September.   

Das dritte Quartal 2024 im Kreis Euskirchen: Im Krankenhaus Schleiden gibt es drastische Einschnitte. In Mechernich herrscht Sorge um das Trinkwasser.

Die Gerüchteküche brodelt monatelang, Ende Januar verkündet Martin Milde, der Geschäftsführer der Kreiskrankenhaus Mechernich GmbH, die dramatischen Veränderungen für das Krankenhaus in Schleiden: Die Stationen Unfallchirurgie, Innere und Geriatrie werden geschlossen. Und die bitterste Pille für die Menschen im Südkreis: Das Aus für die Notaufnahme in Schleiden, was für viele Menschen im Ernstfall deutlich weitere Wege bedeutet.

Die heftigen Einschnitte, die mit der Schließung der Notaufnahme zum 1. September abgeschlossen werden, resultieren aus den sich kontinuierlich verschlechternden finanziellen Rahmenbedingungen und dem Fachkräftemangel. Im Vergleich hat Schleiden über Jahre hinweg deutlich weniger Patienten. 2023 werden in Mechernich 19.070 Patienten behandelt, in Schleiden dagegen 3392. Gemessen daran ist der Anteil Schleidens an den tiefroten Zahlen der deutlich größere: Von dem für 2024 kalkulierten Defizit von sieben Millionen Euro werden alleine für das Schleidener Haus 3,6 Millionen geplant.

Mehr Arbeit für Rettungsdienst und Klinik in Mechernich

Auch wenn die komplette Schließung des Standorts abgewendet werden kann, passt die Bezeichnung Krankenhaus nicht mehr so recht – was sich auch daran zeigt, dass das entsprechende Hinweisschild seit Monaten nicht mehr an der Einmündung des Schleidener Hähnchens ist. Weiterhin in Schleiden angeboten werden Schmerztherapie, Hand-, Fuß- und plastische Chirurgie. Die Praxen für Radiologie, Dialyse, Psychiatrie und Psychotherapie sind weiterhin vor Ort, ebenfalls der Notarzt-Standort. Im Februar eröffnet eine Hausarzt-Praxis, die jedoch ihren Standort aus dem Schleidener Ortskern verlagert.

Am Beispiel der Notaufnahme in Schleiden zeigt sich, wie massiv sich die Herausnahme eines Rädchens auf die komplexe Mechanik des Systems der medizinischen Versorgung auswirkt: 8000 Patienten pro Jahr wurden bislang in der Notaufnahme in Schleiden versorgt, rund 75 Prozent von ihnen konnten nach einer ambulanten Behandlung nach Hause gehen. Nun müssen sich andere um sie kümmern – in erster Linie das Team der Notaufnahme in Mechernich. Dort werden ohnehin bereits mehr als 30.000 Fälle pro Jahr behandelt. Und auch dort gehören etwa 50 Prozent der Fälle eigentlich gar nicht in eine klinische Notaufnahme. Eine Ambulanz wäre für sie der richtigere Platz – doch eine solche, die rund um die Uhr geöffnet ist, gibt es im Kreis nicht.

Und wenn die Patienten nicht selbst in die Notaufnahme fahren oder gebracht werden können, benötigen sie den Rettungsdienst. Auch der stellt sich auf deutlich steigende Einsatzzahlen ein – obwohl man bei mehr als 30.000 Einsätzen pro Jahr wahrlich nicht über Langeweile klagt. Mit einem Mehr an Personal, Wachen, Fahrzeugen und Komponenten sowie neuen Gemeindenotfallsanitäter will der Kreis als Träger die Aufgaben bewältigen – jedoch ist das Gros dieser Maßnahmen nicht von heute auf morgen umsetzbar.

Krankenhausplanung bereitet Frust und Freude im Kreis Euskirchen

Wie nah Freude und Frust beieinanderliegen, hat man im Kreiskrankenhaus bei der NRW-Krankenhausplanung erfahren müssen. Für helle Aufregung sorgen die ersten Pläne aus dem Gesundheitsministerium im Sommer: Die Streichung des perinatalen Schwerpunkts in Mechernich hätte nicht nur die Klinik, sondern auch viele Familien in der Region schwer getroffen. Rund 400 der 1000 Geburten im Jahr hätten dann in einer deutlich weiter entfernten Klinik stattfinden müssen.

Ob es die Argumente und das Gutachten des Kreiskrankenhauses sind, die geharnischte Stellungnahme der Kreis-Gesundheitskonferenz, die unzähligen Gespräche oder die von knapp 4000 Menschen unterzeichnete Online-Petition, die im Hause Laumann zu einem Umdenken führten, ist am Ende wohl allen egal. Im November erteilt das Ministerium Mechernich den Zuschlag, der perinatale Schwerpunkt bleibt.

Doch eine ernüchternde Nachricht folgte nur wenige Wochen später mit der Streichung zweier von drei Angeboten in der Klinik für Kardiologie und Rhythmologie im Kreiskrankenhaus. Und das, obwohl Mechernich seit 2022 alleine in diesem Bereich 2,5 Millionen Euro in einen zweiten Herzkatheterplatz und entsprechende Software investiert hat. Ob an dieser Entscheidung etwas zu rütteln ist, ist offen – das Kreiskrankenhaus bereitet jedenfalls entsprechende Rechtsmittel vor.


Sorge in Mechernich vor Sabotage der Trinkwasserversorgung

Großalarm in Mechernich: Am 15. August, einem Donnerstag, fährt die Feuerwehr durch die Straßen und warnt die Bevölkerung mit Lautsprecherdurchsagen davor, Trinkwasser aus der Leitung zu verwenden. Betroffen sind rund 10.000 Menschen im Kernort, in Breitenbenden, Strempt, Roggendorf, Weißenbrunnen und Denrath sowie in der Kaserne.

Die Behörden können eine Wasserverunreinigung durch Sabotage nicht ausschließen, nachdem ein Zaun, der den Hochbehälter der Stadt nahe dem Bundeswehrgelände schützt, beschädigt worden ist und Spuren im Gras zu sehen sind. Sonntagnachmittags, am 18. August, wird Entwarnung gegeben: Das Wasser kann wieder bedenkenlos getrunken werden. Alle Untersuchungen der Wasserproben haben nach Angaben der Stadtverwaltung ergeben, dass es zu keiner Verunreinigung des Trinkwassers durch chemische Stoffe, Bakterien oder andere Mikroben gekommen ist.

Zwei Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr stehen in der Dunkelheit auf einem Parkplatz in Mechernich. Ein Powermoon beleuchtet die Szenerie.

Die Feuerwehr richtete ihre Einsatzleitstelle in der Bergstraße ein. Im nahe gelegenen Rathaus tagte der Krisenstab.

Die Nervosität war auch deshalb so groß, weil es zwei Tage vorher einen verdächtigen Zwischenfall am Fliegerhorst Köln-Wahn gegeben hatte. Schnellteste ergaben dort von der Norm abweichende Werte im Wasser. Samstags verbreitet die Bundeswehr beruhigende Neuigkeiten: Grenzwerte seien nicht überschritten worden. Zu dem Vorkommnis in Mechernich teilt die Kreispolizei Euskirchen mit, am und im Bereich des Hochbehälters seien keine Beschädigungen feststellbar gewesen. Innerhalb des umzäunten Geländes habe man „typische, jedoch ältere Spuren von Wild“ gefunden, ansonsten sei die Spurensuche ohne Ergebnis geblieben.

Vorher jedoch ist die Aufregung groß. Die Stadt beruft einen Krisenstab ein, das Kreisgesundheitsamt wird einbezogen, die Feuerwehr ist mit 90 Leuten im Einsatz, und im Kreiskrankenhaus Mechernich tritt ein Alarmplan in Kraft. Dort wird unter anderem zum Trinken nur noch abgepacktes Wasser ausgegeben.


Das Erftstadion in Euskirchen heißt nun Heinz-Flohe-Stadion

Die Stadt Euskirchen benennt das Erftstadion nach dem ehemaligen Fußballnationalspieler Heinz Flohe. Der Festakt am 19. Juli wird von einer Partie des 1. FC Köln flankiert, jenes Vereins, für den der gebürtige Euskirchener Flohe (1948-2013) 329 Spiele bestritt. Die Kölner, mittlerweile wieder einmal in die 2. Liga abgestiegen, besiegen vor 3500 Zuschauerinnen und Zuschauern die belgische Erstligamannschaft VV St. Truiden mit 3:0.

Die Stadt hat sich jahrelang schwergetan mit der Entscheidung, wie sie den Weltmeister von 1974 ehren soll, der 39 Länderspiele bestritt, mit dem FC 1978 deutscher Meister wurde und dreimal den DFB-Pokal gewann.

Anfangs hatten Rat und Verwaltung es abgelehnt, das Erftstadion in Erinnerung an Flohe umzubenennen. Später ging es um eine Straße, dann um die Sportanlage Im Auel, in der Heinz Flohe als Trainer beachtliche Erfolge mit den Fußballern des Euskirchener TSC (ETSC) feierte.

Zwei Fußballmannschaften in gelben und weißen Trikots stehen gemeinsam vor einem Tor. Sie halten ein großes Transparent mit zwei Fotos von Heinz Flohe und der Aufschrift „Heinz - wir werden dich nie vergessen“.

Das Erftstadion heißt nun Heinz-Flohe-Stadion. Im Rahmen der Umbenennungsfeier spielten die Freunde von Nino Flohe und die Landrat-Ramers-Elf (Foto) und der 1. FC Köln gegen den VV St. Truiden.

Schließlich fällt die Wahl doch auf das Erftstadion. „Heute verneigt sich die Stadt vor einem ihrer größten Söhne: Heinz Flohe. Kein anderer Euskirchener konnte national und international so eine Popularität aufweisen. Er ist ein absolutes Euskirchener Idol“, sagt Bürgermeister Sacha Reichelt.

An der Zeremonie nimmt auch Flohes Sohn Nino teil. Er sagt: „Er hätte es wahrscheinlich nicht so zugegeben, weil er sehr introvertiert, sehr bescheiden, sehr demütig war. Aber es hätte ihn schon sehr gefreut, das muss ich ganz ehrlich sagen. Und er wird von da oben zusehen.“

Der frühere Torhüter und Trainer hat auch ein Team aus ehemaligen ETSC-Kickern und Freunden zusammengestellt, die im Vorprogramm gegen die Landrat-Ramers-Elf antritt und 1:0 gewinnt.


Aus dem dritten Quartal: Stress im Kreishaus und ein Abschied

Freitag, 5. Juli Die Stadt Euskirchen stellt die Sieger eines Wettbewerbs für die Planung der Veranstaltungshalle vor, die in der City Süd das durch die Flut zerstörte City-Forum ersetzen soll. Geplanter Kostenrahmen: 40 Millionen Euro. Platz eins belegen das Architekturbüro Riehle Koeth und das Büro Levin Monsigny Landschaftsarchitekten.

Zahlreiche Menschen sitzen auf grauen Stühlen vor der Zulassungsstelle im Kreishaus in Euskirchen und warten.

Die Aktionstage, ohne Termin ein Fahrzeug in der Zulassungsstelle an- oder abzumelden, nutzen viele.

Mittwoch, 10. Juli Immer wieder werden im Laufe der ersten Jahreshälfte Beschwerden laut über die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Euskirchen. Wer einen Termin in der Zulassungsstelle will, etwa um ein Fahrzeug an- oder abzumelden, muss lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Die Kreisverwaltung gibt als Gründe ein hohes Zulassungsaufkommen und nicht vorhersehbare Personalausfälle an. Im Juli veranstaltet die Behörde vier Aktionstage, der erste findet am 10. Juli statt. Bürgerinnen und Bürger können ohne Termin in die Zulassungsstelle kommen. 1100 Menschen nutzen das Angebot. Anschließend erklärt der Kreis, die Lage habe sich etwas entspannt.

Sonntag, 14. JuliAm dritten Jahrestag der Flutkatastrophe gedenken die Menschen im Kreis Euskirchen der Opfer, unter anderem mit Gottesdiensten. Im Schleidener Stadtgebiet werden Stelen eingeweiht, Bad Münstereifeler treffen sich an der Erft, Landrat Markus Ramers und weitere Führungskräfte legen am Kreishaus einen Kranz nieder.

In der Stadt Schleiden erinnern Stelen an die Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021.

Drei Jahre nach der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 gedenken die Menschen im Kreis Euskirchen der Opfer.

Montag, 5. August Das Landesumweltamt bestätigt die Existenz eines Wolfsrudels im Bereich des Nationalparks Eifel. Es besteht aus mindestens zwölf Tieren, wie Videoaufnahmen zeigen. Prompt flammt die Diskussion über den Umgang mit dem Wolf neu auf. Zu einer Infoveranstaltung in Tondorf kommen 120 Interessierte.

Freitag, 30. August Eine 19 Jahre alte Frau aus dem Rhein-Erft-Kreis kommt ums Leben, als ein Doppeldecker bei Engelgau gegen ein Windrad prallt und abstürzt. Der Pilot (47) wird mit schwersten Verletzungen in ein Krankenhaus geflogen. Zum Unfallzeitpunkt herrschte starker Nebel. Die Maschine war auf dem Weg von Aachen nach Speyer.

Freitag, 6. SeptemberDer Kreis Euskirchen veranstaltet zum ersten Mal ein Einbürgerungsfest. 82 neue Staatsbürgerinnen und Staatsbürger legen ihren Eid ab, singen die Nationalhymne und erhalten ihre Urkunde. Landrat Markus Ramers fordert sie auf, als Brückenbauer eine Vorbildfunktion für andere Zugewanderte zu übernehmen.

Freitag, 27. September Die Weilerswister Bürgermeisterin Anne Horst (parteilos) erklärt, dass sie 2025 nicht für eine dritte Amtszeit kandidiert. Sie war 2015 als Bewerberin der CDU ins Amt gewählt worden. 2016 verließ sie die Partei im Streit und überstand ein Abwahlverfahren. In ihrem Rückblick sticht die Flutkatastrophe hervor.