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Archäologischer LandschaftsparkIn Nettersheim will man das römische Erbe lebendig halten

Lesezeit 4 Minuten
Eine Gruppe von Menschen steht zwischen weißen Zelten auf einer Wiese, einige tragen historische Kostüme.

Zehn Jahre nach der Gründung des Archäologischen Landschaftsparks ließen die Verantwortlichen wie Bürgermeister Norbert Crump (4.v.l.), sein Vorgänger Wilfried Pracht (2.v.l.) und vom LVR Dr. Erich Claßen (3.v.r.) und Dr. Petra Tutlies (3.v.l.) sowie der damalige Grabungsleiter Prof. Salvatore Ortisi (2.v.r.) mit Darstellern der römischen Reenactment-Truppe das Projekt Revue passieren.

Im Archäologischen Landschaftspark in Nettersheim könnten demnächst weitere Forschungen anstehen, etwa mittels Georadar.

Seit zehn Jahren besteht der Archäologische Landschaftspark Nettersheim. Grund genug für die Gemeinde und die Archäologen des Landschaftsverbands Rheinland (LVR), zurückzuschauen und einen Ausblick zu geben. Das zweitägige Römerlager mit Infoständen von Fachinstitutionen und Initiativen sowie einem Kinderprogramm im Park am Urftufer sollte dem Jubiläum gerecht werden.

Das wohl größte Lob kam vom Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege in Bonn, Dr. Erich Claßen: „Viele meinen, Archäologie machen zu können. Das hält dann bei Fördergeldern für die Dauer der Zweckbindung, danach passiert oft nichts mehr. Das, was hier im Archäologischen Landschaftspark bis heute an Wissenschaft erarbeitet und verständlich vermittelt wird, ist tatsächlich selten. Und es funktioniert.“

In Nettersheim gibt es eine seltene Dichte römischer Fundstellen

Dr. Petra Tutlies, Leiterin der Außenstelle Nideggen des LVR-Amtes, aber auch Prof. Salvatore Ortisi von der Ludwig-Maximilians-Universität München, Nettersheims Alt-Bürgermeister Wilfried Pracht und sein Amtsnachfolger Norbert Crump hörten die Worte gerne. Sie sitzen ja im Prinzip im gleichen Boot: Ihnen allen geht es nicht nur um die Sicherung der Funde, deren Dokumentation und Bewertung, sondern immer auch um die Vermittlung der wissenschaftlichen Ergebnisse. Und das nicht nur aus touristischen Gründen.

Zwischen 2009 und 2015 wurde mit Mitteln des damaligen Regionale-Förderprogramms eine Fundstrecke nahe den schon lange vorher freigelegten Resten des gallo-römischen Umgangstempels Görresburg ausgegraben. Die Kulisse des Siedlungsbezirks Vicus Marcomagus samt Kleinkastell sei entlang der einstigen römischen Fernstraße Via Agrippa einzigartig, meinen die Archäologen. Es sei ein Park, der in einem Gebiet mit seltener Dichte an römischen und fränkischen Fundstellen liege, so Crump.

Jubiläum soll kein Ende sein

„Wir standen damals an der Görresburg und blickten ins Urfttal hinab. Wir glaubten, dass dort ein Vicus gewesen sein könnte“, so Norbert Crump im Rückblick. Kurze Zeit später habe man die ersten antiken Tonscherben gefunden. „Und dann konnten wir 15 Hektar von den Landwirten kaufen“, so Wilfried Pracht, in dessen Amtszeit die 2009 startende Ausgrabungskampagne fiel. Sie wurde 2014 beendet.

Das Schönste, was bei diesem Jubiläum passieren konnte, aber war, dass es keinen Endpunkt bezeichnet. Zum einen, so Claßen, seien weitere archäologische Sondagen mittels Georadar denkbar. Verschiedene Fragestellungen in dem Areal skizzierte Tutlies: Was war vor der Gründung des Vicus an der Stelle? Wie entstand die dort nachgewiesene antike Eisenerzverarbeitung? Wie sah die Fauna zur Römerzeit und davor aus?

Harald Musal an einer Vitrine, in der sich ein Nachbau einer römischen Kalkbrennerei befindet.

Den maßstabgerechten Nachbau der römischen Kalkbrennerei in Iversheim zeigte Harald Musal vom Dorfverschönerungsverein.

Zudem sollen schon nachgewiesene Fundamentreste von Streifenhäusern etwa durch eine Bepflanzung markiert und ein archäologischer Führer zum „Park“ erstellt werde, so Claßen. Eine 3D-Modellierung des Areals sei digital sinnvoll. Die Gemeinde wolle auch deshalb über den Heimatzeugnis-Fördertopf des Landes eine Nachfolgeförderung für die weitere Erschließung und Vermittlung beantragen, so Norbert Crump.

Die Arbeit wird Linda Lorbach, Archäologin der Gemeinde, nicht ausgehen. Ihre die Fundstellen begleitende Ausstellung dürfte weiter aktualisiert werden müssen. Unterstützt wird sie dabei vom vor drei Jahren gegründeten Fachbeirat des Parks, dem unter anderem der damalige Grabungsleiter Prof. Ortisi angehört.

Zahlreiche Aussteller bei Jubiläumsfeier in Nettersheim dabei

Umrahmt wurde die Jubiläumsfeier am Urftufer von einer ungewöhnlich hohen Zahl an Informationsständen hochkarätiger Fachinstitutionen zur Regionalarchäologie der Römerzeit. Unter anderem war das Tourismusprojekt Via Belgica vertreten, das vergleichbar dem Erlebnisraum Römerstraße zur Via Agrippa, die Fernstraße zwischen der Normandie und Köln vorstellt.

Anja Neskens trägt eine römische Tunika und hält ein Buch mit dem Titel: „Via Belgica Gids“ in den Händen.

Zur Via Belgica stellte Anja Neskens das touristische Konzept vor.

Der Förderverein Historischer Park Köln-Deutz, die entstehende MiQua (das Jüdische Museum im Archäologischen Quartier Köln) und die Römische Kalkbrennerei Iversheim etwa vertreten drei Welterbestätten. In der vom römischen Militär betriebenen Kalkbrennerei, deren Präsentation der Dorfverschönerungsverein Iversheim übernommen hat, wurden Baumaterialien für einige Kastelle und Garnisonsstädte des Welterbes„Niedergermanischer Limes“ gewonnen.

Das LVR-Museum Bonn stellte sich ebenfalls vor: „Wir zeigen 400.000 Jahre Geschichte des Rheinlands“, so Volontärin Anna Zens. Auch die originalen Knochen des Neandertalers lagern dort – und nicht etwa im Neanderthal-Museum in Mettmann.

Und wer einmal authentisch nacherleben wollte, wovon die Archäologen durch Spuren und Artefakte nur Indizien ausgraben können, war zum Jubiläum bei der 14-köpfigen Reenactment-Truppe Truncensimani um „Centenarius“ Tristan Koehn im einstigen Kleinkastell gut aufgehoben – zumindest bezogen auf den Zeitraum der Spätantike des vierten Jahrhunderts. Rund um ihr dort aufgebautes antikes Feldlager wurde römisches Soldatenleben gezeigt, so authentisch wie möglich.

„Wir machen alles andere, als uns nur zu kostümieren“, so Koehn zum Anspruch. Römische Waffen etwa fertigen eigens Metallhandwerker, die zum Team gehören, form- und maßstabsgetreu an.