AboAbonnieren

Debatte um Leverkusener BrückeDie Planer wollen nichts mehr verschweigen

Lesezeit 3 Minuten

Die alte Rheinbrücke soll halten, bis es eine neue gibt. Bei Straßen NRW ist man sich da „recht sicher“.

Leverkusen – Der Stahl war okay. Doch was China Railway draus gemacht hat, ging so nicht. Dieses und weitere Details des Rheinbrückendesasters beschäftigten am Montagnachmittag den Hauptausschuss. Auf Antrag der Bürgerliste sollte die Angelegenheit aufgearbeitet werden.

Dazu begab sich allerdings nicht, wie gefordert, Landesverkehrsminister Hendrik Wüst in den Terrassensaal des Forums, in dem wiederum getagt wurde, um die Hygiene- und Abstandsregeln einhalten zu können. Stattdessen sahen die Leverkusener neben Thomas Raithel von Straßen NRW einen Bekannten wieder: Christoph Jansen, während der ersten Jahre Leiter des Leverkusener Autobahn-Ausbauprojekts bei der Landesbehörde.

Viel Stoff geboten

Der Minister hatte nur ein 18-seitiges Dossier geschickt. Vorigen Mittwoch war es schon Grundlage der Debatte im Verkehrsausschuss des Landtags gewesen. Auch im Forum bot es den Politikern viel Stoff.

Nach Darstellung Wüsts war sein Haus immer ganz nah dran: „Aufgrund der herausragenden Bedeutung des Projekts“ habe es von Beginn an alle vier Wochen Besprechungen gegeben, an denen die Verkehrsministerien von Bund und Land sowie Straßen NRW teilnahmen. Bei diesen Gesprächen war Porr nicht dabei. Die Baufirma hatte nur engen Kontakt mit Straßen NRW.

Schon anfangs Probleme

In Wüsts Dossier wird auch an die Probleme zu Beginn erinnert: Anfang 2018 konnte man auf Kölner Seite nicht nach Kampfmitteln suchen, weil der Rhein zu hoch stand, Mitte 2018 machte das Niedrigwasser die Sondierung unmöglich. Das Ergebnis: Es würde ein Jahr länger dauern, bis die Brücke fertig ist. Das hieß damals: 2021.

leverkusen-bruecke-ALF_1254 (2)

Die Leverkusener Rheinbrücke

Wäre es nur dabei geblieben. Stattdessen kamen die Probleme mit Porr und China Railway. Dort seien die Prüfer von Straßen NRW nicht zum Zuge gekommen. Diese Darstellung kam am Montag auch von Thomas Raithel: Mal durften die Ingenieure nicht aufs Gelände, mal fehlten standsichere Gerüste, um die zentralen Brückenbauteile prüfen zu können. Porr sollte diese Probleme beseitigen – es passierte nichts. Als das nicht half, habe sich der Staatssekretär im Verkehrsministerium an den chinesischen Generalkonsul gewandt.

Späte Befunde

Auch das half nichts. Die fehlerhaften Schweißnähte, der mangelhafte Rostschutz, der eigentlich 25 Jahre halten muss. Die von Porr beauftragten Prüfer vom Tüv Rheinland dagegen hatten keine wesentlichen Mängel gefunden, aber ein dritter Gutachter habe im vorigen Oktober die alarmierenden Befunde der von Straßen NRW beauftragten Prüfer bestätigt.

Im März, Mai und Juli vorigen Jahres versuchten Straßen-NRW-Chefin Elfriede Sauerwein-Braksiek und Porr-Chef Karl-Heinz Strauss, die Kuh vom Eis zu holen. Erfolglos, wie sich am 24. April endgültig zeigte. Straßen NRW hat den Vertrag mit Porr gekündigt, der Bau der Rheinbrücke muss neu ausgeschrieben werden. „Neustart“ nennt Hendrik Wüst das in einem persönlichen Brief an Oberbürgermeister Uwe Richrath.

Gremien und Bürger belogen

Von alldem erfuhr in Leverkusen niemand etwas. Sämtliche Informationen kamen vom „Leverkusener Anzeiger“, in der eigens aufgelegten Schrift „Dialog“ von Straßen NRW stand noch vor dreieinhalb Wochen kein Wort – alle Gremien und die Bürger „wurden belogen“, sagte Erhard Schoofs. Der Fraktionschef der Bürgerliste hat kein Vertrauen mehr in Straßen NRW. Doch sein Antrag, das Autobahn-Projekt an die neue Bundesbehörde zu übergeben, fand keine Mehrheit.

Der Oberbürgermeister sieht die Malaise weniger grundsätzlich. Aber auch Uwe Richrath machte sehr deutlich, dass Straßen NRW „enger mit uns zusammenarbeiten muss“. Jansen sagte das zu und räumte mit Blick auf die Genese des Brückendesasters ein: „Es war ein Fehler, nichts gesagt zu haben“.

Das könnte Sie auch interessieren:

Allerdings hat Straßen NRW bis jetzt auch über das Asbest- und das PCB-Problem geschwiegen, was auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Roswitha Arnold sehr schlecht findet. Aber im Moment sei die Lage unter Kontrolle, versicherte Jansen.

Das gelte auch für die Brücke insgesamt: Sie soll halten, bis die neue Brücke endlich fertig ist. Das soll nun Ende 2023 sein. Sehr sportlich, hieß es.